Veranstaltungen - Geschichte - Kunst & Denkmal
Datum | 16.10.1940 | Signatur | DE-1992-STRA-40-65-1 |
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Absender | Stadtarchiv München | Empfänger | Dezernat 7 |
Art | Brief | Status | Namensfindung |
Suchen | Personen |
Abschrift
Gegenstand: Straßenbenennungen
München
Hauptstadt d.Bewegung 1
6.0kt.1940
Einlaufamt I
Zum Dezernat 7
mit dem Ersuchen, im Benehmen mit dem Stadtarchiv die Geschichte Münchens dahin zu überprüfen, ob nicht bedeutende Persönlichkeiten, die für München etwas geleistet haben, festzustellen sind, nach denen noch Straßenbenennungen in Frage kommen.
Am 14.Oktober 1940
Der Oberbürgermeister:
gez.Fiehler
Dezernat VII
18.Okt 1940
gez.U.u.
Dez.VII/40.
Ggstd.: w.o.
Am 24.Okt 1940
Gesehen:. I.V.Dr.Neff
Hauptverwaltungsamt
Über das Hauptverwaltungsamt zum Stadtarchiv
mit dem Ersuchen um geeignete Veranlassung und entsprechende Vorschläge unter Wiedervorlage möglichst bis zum 1.1.41
Am 23.Oktober 1940
Dezernat VII:
gez.Harbers
Stadtrat
Stadtarchiv München
29.Okt.1940
Einlauf Nr. 1144/Homsch.
gez. Sch.
Durch das Hauptverwaltung samt zum Dezernat VII zurück
Die Mehrzahl der um Milnehen unmittelbar verdienten Persönlichkeiten ist bereits durch eine Straßenbenennung geehrt worden.
Von den 128 auf dem Piloty-Bild im Festsaal des Rathauses dargestellten Personen haben nur 24 nicht Pate bei einem Straßennamen gestanden. Es sind dies:
Albertinus, Ägidius
Amalia, Kaiserin
van der Biest,Hans
Chédeville,Josef
v.Destouches,Franz
Seraph
v.Flurl, Matthias
Grünwalder, Johann
Grünewald,Hans
v.Haßlang, Frhr.,Alexander
Heiß
Hund von Sulzemoos»liguläus
Kerl, Johann Kaspar * *
Kratzer,Nikolaus
Maria Anna, Herzogin v.Bayern
Müller,Wolfgang
Ein Münchner Tuchmacher
Nußbaum, Christoph
Otto, Bischof v.Freising
Rapoto
v.Schneeweiß, Katharina
Sentlinger, Konrad
Syssel d'Aix, Gräfin
Wadlerin, die, Hailwig
v.Winter, Peter
Von diesen scheiden 8 aus, da entweder ihr Name zu schwierig für die Aussprache (Chécdeville, Syssel d'Aiax) ist, oder weil gleichlautende. Jedoch von Anderen sich herleitende Straßennamen schon bestehen (Amalien-, Destouches-, Kratzer-, Grünwalder-, Hüller«, Nußbaum-, Otto-, Sentlinger- Winter-Straße). Die Gefahr der Verwechslung mit ähnlich klingenden Namen besteht bei Flurl (Flur-Straße) und bei Grünewald (Grünwalder-Straße). Durch Beifügung des Vornamens kann sie umgangen werden: Matthias-von-Flurl-Straße, Hans-Grunewald-Straße. Die Bedeutung des Komponisten Peter von Winter würde eine Peter-von-Winter-Straße rechtfertigen, obgleich eine nach der Jahreszeit benannte Winter-Straße bereits besteht. Für eine Straßenbenennung kommen demnach in Frage:
Agidius Albertlnu8. Hofratssekretär und Hofbibliothekar, einer der fruchtbarsten, die gesamte populäre Bildung seiner Zeit beherrschender Schriftsteller. Geboren zu Deventer (Holland), gestorben 9*3*1620 zu München (?).
Hang van der Biest, Leiter der ersten Münchener Haute-lisse-Fabrik; seine Wandteppiche, gefertigt nach Entwürfen Peter Candids, wurden den schönsten Brabanter Stücken gleichgeachtet. In München tätig von 1604-1615. Geboren zu Enghien i.Hennegau (im heutigen Belgien), gestorben vor 24.2.1618 zu Engbien.
Matthias von Flurl. Naturwissenschaftler, Mitglied der Akademie der Wissenschaften, Bayerns erster Geognost, Vorstand der General-Bergwerks- Salinen- und Münzadministration, Verfasser des Werkes "Beschreibung der Gebirge von Bayern". Geboren 5.2.1756 zu Straubing, gestorben 27.7.1823 zu Kissingen.
Hans Grünewald. Musiker und Komponist des 16. Jahrhunderts, seiner Zeit auch bekannt als Zechbruder, der zu vielen Schnurren den Stoff abgab, am Hofe Herzog Wilhelms V. lebend.
Alexander Freiherr von Haßlang. Generalwachtmeister, Direktor des bayerischen Landesdefensionswesens, verdient um die Schlagfertigkeit der bayerischen Armee, 1609 bis zu seinem Tode im Jahre 1620 im Dienste Herzog Maximilian I. Geboren: unbekannt, gestorben 3.11.1620 zu Rakoniz (Böhmen).
Floßmeister Johann (Chrysostomus) Heiß, aus Altmünchener Flößerfamilie, Vertreter des Münchner Flössereigewerbes, das vor Aufkommen moderner Transportmittel einen Großteil des Fernfrachtverkehrs besorgte. Nach dem Leben gemalt. Geboren 26.1.1797 zu München gestorben 2.3.1868 zu München.
Wiguläus Hund von Sulzemoos, herzoglicher Kanzler und Ratgeber Albrechts V., Geschichtsschreiber, bekannt besonders durch sein Buch über die Geschichte der bayerischen Edelgeschlechter, das "Bayerische Stammenbuch". Geboren 26.7.1514 zu Kaltenberg bei Landsberg am Lech, gestorben 28.2.1368 zu München.
Johann Kaspar Kerl(1). Kapellmeister der kurfürstlichen Hofkapelle in München, späterhin kaiserlicher Hoforganist in Wien, berühmter Orgelspieler, Komponist und Musiktheoretiker. Geboren 9.4.1623 zu Atorf i. Vogtland, gestorben 13.2.1693 zu München.
Maria Anna, Herzogin ln Bayern, Schwägerin des regierenden Kurfürsten Karl Theodor, Haupt der bayerischen .Patriotenpartei, verhindert mit Hilfe Friedrichs des Großen im Jahre 1778 die Aufteilung und Annexion Bayerns durch Österreich; sichert dem mit Auflösung bedrohten Kadettencorps den Fortbestand. Geboren 22.6.1722 zu Schwetzingen, gestorben 25.4.1790 zu München.
Ein Münchner Tuchmacher in kriegerischer Rüstung, als Vertreter der Münchener Zünfte, zur Erinnerung ah deren Beteiligung an der Schlacht bei Alling, die 1422 zwischen den Münchner Herzögen und ihrem Ingolstädter Vetter, Ludwig dem Gebarteten, ausgefochten wurde.
Rapoto. Münchner Bürger, bedenkt vor seiner Reise als Kreuzfahrer im Jahre 1274 das Heilliggeistspital mit einem Vermächtnis.
Katharina von Schneeweiß, Vertreterin der gelehrten Damenwelt um die Wende des 18./19.Jahrhunderts; betreibt mit Erfolg auf der ersten Münchner Sternwarte auf dam Gasteig Forschungen. Geboren 21.12.1765 in München, gestorben 1.11.1836 zu München.
Hallwig die Wadlerin. Ehefrau des Burghart Wadler aus dem Münchner Geschlecht der reichen Handelsherren Wadler, gleich ihrem Gemahl Begründerin einer Stiftung an das Heiliggei stspital, aus der bis zum Jahre 1801 alljährlich eine Brezel-Spende zur Verteilung gelangte, die sog. Wadler-Brezen (1318).
Peter von Winter, kurfürstlicher Kapellmeister und Komponist von europäischem Ruf, u.a.von Napoleon I. beauftragt, eine Oper für die große Oper in Paris zu komponieren. Geboren 1754 zu Mannheim, gestorben 17.10.1825 zu München.
Im zeitlichen Anschluß an die im Pilotybild gefeierten Persönlichkeiten wurden die während des 19.Jahrhunderts und im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts im öffentlichen Leben der Landeshauptstadt führenden Persönlichkeiten, soweit sie verstorben sind, zum größten Teil bereits durch eine Straßenbenennung ausgezeichnet.
Die um den Ruf Münchens als Kunststadt vorzüglich verdienten Meister wurden z.T. schon zu ihren Lebzeiten durch die Benennung einer Straße geehrt und im Gedächtnis der Allgemeinheit festgehalten. Daneben lassen sich jedoch noch zahlreiche Künstler nachweisen, die in München geboren, hier ausgebildet oder in München schaffend den Namen der Stadt auch in Kreise trugen, denen die Werke der Großen nicht zugänglich waren. Die mitfolgende Liste ist auf Grund des bekannten "Allgemeine Lexikons der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart" von Thieme-Becker, Leipzig 1908 ff. aufgestellt. Die Aufnahme in dieses Werk ist zugleich eine Gewähr für die Qualität des Künstlers.
Ein Verzeichnis verdienter Gelehrter wurde schon vor längerer Zeit dem Dezernat 7 zur Verfügung gestellt, ebenso eine Zusammenstellung der ältesten Münchner Handwerkeraamen aus der Zeit den 1310 - 1313. Beide Aufstellungen sind noch nicht völlig ausgeschöpft.
Eine Fundgrube für klangvolle altdeutsche Namen des 8. - 13.Jahrhunderts aus der unmittelbaren Umgebung der Stadt München bilden die sog. "Traditionen des Hochstifts Freising" (744 - 1283),« Die in Frage kommenden Namen sind bereits verkartet. Ehe Zusammenstellung geht dem Dezernat in Bälde zu.
München, den 31. Dezember 1940 Stadtarchiv:
gez. Dr. Schaffer
Archivdirektor.