Veranstaltungen - Geschichte - Kunst & Denkmal
Datum | 25.05.1939 | Signatur | DE-1992-STRA-40-62d |
---|---|---|---|
Absender | Dezernat 7 | Empfänger | |
Art | Brief | Status | Einwände |
Suchen | Personen | ||
Kategorie | Juden |
Dezernat VIl/13.
Ggstd.
Strassenbenennungen.
Beratungssache für die Beiräte für Verwaltungs-, Finanz- und Baufragen (ohne Presse).
Vortrag des Sachdezernenten:
1.) Die in München nach Juden benannten Strassen wurden schon vor längerer Zeit auf Anregung des Herrn Oberbürgermeisters umbenannt. Die Paul-Heyse-Strasse war jedoch noch belassen worden, da der Stellvertreter des Führers aufgrund einer Anfrage die Umbenennung dieser Strasse nicht für notwendig hielt. Inzwischen wurde aber durch Erlaß des Reichsministers des Innern vom 27.7.1938 die Umbenennung aller nach Juden und jüdischen Mischlingen 1.Grades benannten Strassen und Plätze angeordnet. Aufgrund eines entsprechenden Berichtes über die Paul-Heyse-Strasse hat nun das Bayer. Staatsministerium des Innern mitgeteilt, daß der Stellvertreter des Führers zum Ausdruck gebracht habe, daß keinerlei Interesse bestehe, den Namen "Paul-Heyse-Strasse" - in München weiter zu erhalten. Das Bayer. Staatsministerium des Innern hat daher die Umbenennung der Paul-Heyse-Strasse angeordnet; Paul Heyse war bekanntlich Halbjude.
Ich schlage vor, die Paul-Heyse-Strasse in "Treitschkestrasse" umzubenennen. Heinrich von Treitschke war führender deutscher Geschichtsschreiber und der wichtigste publizistische Mitarbeiter Bismarcks im Kampfe um die Deutsche Einheit, Vorkämpfer für den Machtstaat mit einer von den Parteien unabhängigen Führung und scharfer Gegner des Judentums. Von ihm stammt das Wort: "Die Juden sind unser Unglück". Die Gutachterkommission und der Herr Verwaltungsrat sind mit diesem Vorschlag einverstanden.
Eine amtliche Benennung der sog. Paul-Heyse-Unterführung konnte bisher, nicht festgestellt werden. Sie ist zum Teil auch unter der Bezeichnung Seidl-Unterführung bekannt. Die Bezeichnung hat sich im Volksmund von selbst herausgebildet. Ich halte eine besondere Umbenennung nicht für notwendig, da sich der neue Name der Treitschkestrasse von selbst auf die Unterführung übertragen wird. Sollte eine besondere Beschlußfassung darüber für notwendig gehalten werden, so ersuche ich, die Umbenennung der Unterführung vorerst zurückzusteilen, da erst Verhandlungen mit der Reichsbahndirektion notwendig wären.
2. ) Durch einen Hinweis des Herrn Verwaltungsrates, Ratsherrn Neumaier, wurde festgestellt, daß die Heckscherstrasse in Schwabing nach einem jüdischen Mischling 1.Grades benannt ist und zwar nach August Heckscher, der zum Gedächtnis seines Vaters in München eine Stiftung, die Heckscher Nervenheil- und Forschungsanstalt errichtete. Heckscher lebt noch in Amerika. Seine jüdische Abstammung ist durch eine Feststellung der Reichsstelle für Sippenforschung einwandfrei nachgewiesen. Die Heckscherstrasse fällt daher unter die umzubenennenden Strassen.
Ich schlage dafür den Namen "Kareolstrasse" vor. Es ist dies die Heimatburg Tristans. Die Gutachterkommission und der Herr Verwaltungsrat sind mit diesem Vorschlag einverstanden. Ratsherr Reinhard hält den Namen nicht für glücklich, da der Name der weiteren Öffentlichkeit unbekannt ist und aus deutschen Sagen Namen gewählt werden sollen. Die Strasse liegt aber in einem Viertel, dessen Strassen nach Gestalten aus Richard Wagners Tristan und Isolde benannt sind und in diese Gegend ein Name aus der deutschen Sagenwelt nicht paßt. Sollte der Name Kareolstrasse trotzdem nicht gewünscht werden (s. Äusserung des Kulturamts vom 6.V. 1939), so käme als Ersatz der Name "Artusstrasse", nach dem König der Tafelrunde aus der Parzivalsage in Frage. Strassen aus diesem Sagenkreis befinden sich ebenfalls in unmittelbarer Nähe.
3. ) In einer der letzten Sitzungen der Beiräte wurde angeregt, die Kruppstrasse in Freimann in Ungererstrasse umzubenennen, da die Kruppstrasse in Zukunft die Fortsetzung der Ungererstrasse bis zur Einmündung in die Reichsautobahn bildet. Die Umbenennung liegt im Interesse der einheitlichen Strassenbezeichnung. Ich schlage daher vor auch diese Umbenennung durchzuführen. Die Gutachterkommission und der Herr Verwaltungsrat sind damit einverstanden.
Nach einer inzwischen erschienenen Verordnung vom 1.April 1939 bedarf die Benennung der Strassen in Zukunft der Zustimmung des Beauftragten der Partei. Die Entscheidung kann daher nur vorbehaltlich dieser Zustimmung erfolgen.
Antrag des Sachdezernenten:
Die Zustimmung des Führers als Beauftragten der NSDAP, ist einzuholen.
III. Entscheidung des Oberbürgermeisters:
IV. Wv. beim Dezernat VII mit 1 Akt.
Am 25.Mai 1939.
Der Oberbürgermeister:
Unterschrift
Sachdezernent:
Unterschrift