Veranstaltungen - Geschichte - Kunst & Denkmal
Straße | von | Grund | bis | Grund |
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Königlicher Platz | Erstnennung | Kein Grund angegeben | ||
Königsplatz | 1808 | Erstnennung | Kein Grund angegeben |
Münohen, den 2.Dezember 1946.
SPD-Fraktion des Stadtrates München
An den Stadtrat
der Landeshauptstadt München
z.Hd. des Herrn Oberbürgermeisters
Dr. Karl Scharnal
Rathaus .
Dringlichkeitsantrag Nr. 64
Betrifft:
Ehrung der Opfer des Nationalsozialismus; hier: Umbenennung des "Königlichen Platzes” und Errichtung einer Gedächtnisstätte für die Opfer des Dritten Reiches auf diesem Platz,
Die platzartige Erweiterung, welche vor dem Schillerdenkmal infolge der Gabelung der Brienner Str. und des Maximiliansplatzes besteht, wurde, mit Besohluß vom 4.3.1946 als ”Platz der Opfer des Nationalsozialismus” benannt. Diese Örtlichkeit, welche bis dahin — wie jede platzartige Straßenverbreiterung vor einer Straßengabelung — keinen Namen führte, stellt.einen Verkehrschnittpunkt dar, der zwar Fahrer wie Fußgänger zur Vorsicht mahnt, aber nicht geeignet ist, Passanten zur inneren Einkehr oder Selbstbesinnung anzuregen.
Die Benennung der platzartigen Straßenverbreiterung vor dem Schillerdenkmal als "Platz der Opfer des Nationalsozialismus” kann nur als Augenblickslösung angesprechen werden, die umgehend einer Berichtigung bedarf. Denn als Platz der Opfer des Dritten Reiches” muß eine Örtlichkeit gewählt werden, die jeden Passanten an die grauenvollen Schandtaten der Naziverbrecher erinnert und das Gedenken an die unglücklichen Opfer dieser Verbrecher wachruft; es muß ein Ort sein, der auch Muse zu solchen Gedanken läßt und sohon durch seinen Rahmen auf das Gemüt des Besuohers wirkt.
Nicht eine bisher unbenannte, durch Straßengabelung bedingte Straßenverbreiterung, die zügleioh Verkehrsschnittpunkt ist, kann geeignet sein, die Opfer des Nationalsozialismus würdig zu ehren und ihr Andenken als ständige Mahnung wachzuhalten, nein, der repräsentativste Platz der Stadt München, d. i. der ehemalige Königsplatz, der im Dritten Reich "Königlicher Platz" genannt wurde, muß hierzu ausersehen werden. Und gerade die Tatsache, daß dieser Platz stets Mittelpunkt nationalsozialistischer Ehrungen war, eignet ihn besonders hierfür, weil er und seine Umgebung jeden, der sich darauf bewegt, zwangsläufig an die Sohreokenszeit des Naziregimes und dessen unglückliche Opfer erinnern, die für Freiheit.und Menschenrechte kämpften und unter unbeschreiblichen Folterqualen für diese Ideale ihr leben gaben.
Auch bietet der "Königliche Platz"alle Möglichkeiten zur Errichtung einer Gedäohtnisstätte, die der Größe der Opfer würdig ist, welche die Verfolgten des Nationalsozialismus für das deutsche Volk gebracht haben. Die Errichtung einer solchen Gedächtnisstätte ist eine Ehrenpflicht, die der Stadt Münohen umsomehr obliegt, als auf ihr das Odium "der Geburtsstätte und Hauptstadt der nationalsozialistischen Bewegung" lastet.
Die Fraktion stellt daher folgenden
Dringlichkeits - Antrag.
Der Stadtrat wolle beschließen:
l. Die Benennung der platzartigen Straßenverbreiterüng vor dem Sohillerdenkmal. als "Platz der Opfer des Nationalsozialismus" wird mit sofortiger Wirksamkeit aufgehoben und gleichzeitig der ehemalige Königsplatz in "Platz der Opfer des Nationalsozialismus" unbenannt.
2. Auf diesem Platz wird eine Gedäohtnisstätte für die Opfer des Dritten Reiches errichtet und zu diesem Zweck des Stadtbauamt beauftragt,
a) sofort die notwendigen Vorarbeiten (Ausschreibung eines Wettbewerbes) einzuleiten und
b) dem Stadtrat, alsbald entsprechende Pläne zu unterbreiten.
Fraktionsvorsitzender
gez .G. Schiefer
Wiederaufbaureferat
Referat 12 E 3
München, den 7. Januar 1947
I. An Herrn Oberbürgermeister Dr. Karl Scharnagl
II. Herrn Bürgermeister Wimmer
III. An Herrn Stadtrat Dr. Walther von Miller.
Betrifft:
Ehrung der Opfer des Nationalsozialismus; hier: Umbenennung des Königsplatzes in "Platz der Opfer des Nationalsozialismus"
(Dringlichkeitsantrag der SPD-Praktion Nr. 64).
Die Betreuungsstelle für Politisch Verfolgte hat im Dezember 1945 und Januar 1946 schriftlich und mündlich den Antrag gestellt, eine Anzahl von Strassen und Plätze nach Opfern der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zu benennen, wobei paritätisch alle antinationalsozialistischen Parteien zu bedenken wären. Dabei wurde in Vorschlag gebracht, die Brienner Strasse, in der die ehemalige Gestapo ihren Sitz hatte, in "Strasse der Opfer des Faschismus" und den von den Nationalsozialisten so sehr missbrauchten Königsplatz in "Platz der Opfer des Faschismus" umzubenennen.
Bei den mündlichen Verhandlungen wurde der Vorsitzende der Betreuungsstelle, Herr Stadler, darauf hingewiesen, dass bereits mit Stadtratsbeschluss vom 5.2.1946 für die Opfer der einheimischen Bevölkerung, die im Kampf gegen das 3. Reich ihr Leben einbüssten, eine Ehrung durch Umbenennung des Hinderiburgplatzes in "Platz der Freiheit" votrgenommen wurde.
Vor Beschlussfassung wurde der schriftliche Antrag mit den Unterlagen der Gutachterkommission für Strassentenennung, bestehend aud den Herren Stadtschulrat Dr. Fingerle, Bibliotheksdirektor, Prof. Dr. Hans Ludwig Held und Archivdirektor Er. Schaffer, zur gutachtlichen Stellungnahme vorgelegt.
Die Gunchterkommission war einhellig der Ansicht, dass alte eingewurzelte Strassennamen, dije auf die historische Entwicklung der Stadt zurückgehen, nicht umbenannt werden sollen. Eie Erfahrung hat bisher gezeigt, dass in der Regel Umbenennungen von alten, bebauten Strassen und Plätzen niemals populär geworden sind, sondern meist in der breiten Oeffentlichkeit zu Widerstand herausgefordert haben.
Bibliotheksdirektor, Prof. Dr. Held hat u.a. angeregt, kommende Strassenzüge und Plätze mit den Namen der Opfer des Nationalsozialismus auszuzeichnen, damit diese als sichtbare Zeugen dieser schweren Zeit gleichsam in das Bewusstsein und in das wirkliche Gedächtnis der Bevölkerung hineinwachsen. Dabei wäre es allerdings notwendig, jetzt schon auf die zahlreichen Opfer des 3. Reiches hinzuweisen durch Aufstellung von künstlerischen Gedenksäulen oder Pyramiden an viel begangenen Punkten der Stadt.
Das Referat hat seinerzeit den Antragsteller persönlich auf die allgemeinen Schwierigkeiten, die nach der Durchführung von Umbenennungen entstehen, hijsgewiesen. Von meinem Vorgänger wurde die Neubenennung in Entstehung befindlicher Strassen vorgeschlagen, doch wurde dieses Angebot nicht als gerlügender Ausgleich erachtet. Da eine Einigung bis zu dem "Tag der Opfer des Faschismus" nicht erreicht werden konnte und auch die Möglichkeit einer Beschlussfassung durch den Stadtrat bis zu diesem Tage (10.3.1946) nicht mehr gegeben war, wurde in Anwendung des § 4 der Geschäftsanweisung für di© Stadtverwaltung München im Wege der Büroverfügung vom 4.3.1946 durch den Herrn Oberbürgermeister die Umbenennung des Rondells beim Schillerdenkmal an der Brienner Strasse in "Platz der Opfer des Nationalsozialismus " verfügt. In dieser Verfügung wurde auch zum Ausdruck gebracht, dass das Stadtbauamt beauftragt ist zu prüfen, än welchen verkehrsmassig geeigneten und vielbegangenen Punkten der Stadt künstlerische Gedenksäulen oder Pyramiden aufgestellt werden können, welche die Namen der im Kampf gegen den Nationalsozialismus Gefallenen der einzelnen Stadtteile tragen.
Ein Schreiben mit der Umbenennungsverfügung wurde dem Vorsitzenden der Betreuungsstelle für politisch Verfolgte, Herrn Stadler, am "Tage der Opfer des Faschismus" am Rondell beim Schillerdenkmal durch einen Beamten des Referates 12 übergeben (Durchschlag an das Büro des Herrn Oberbürgermeisters).
Während der Herrschaft des 3. Reiches hat die Stadtverwaltung München insgesamt 8 Vorortsbezirke, die in den Stadtbezirken 33 - 40 zusammengefasst wurden, eingemeindet. Die in diesen Gemsinden vorhandenen Strassen und Plätze tragen zu einem grossen Teil Namen, die in München bereits vorhanden sind oder Anass zu Verwechslungen geben können. Für die Umbenennung dieser zahlreichen Strassen und Plätze sind u.a. Namen von Opfern des 3. Reiohes wie Gerlich, Kahr, Siegmann, Caraciola, Stenzer , Zott, Ballerste, Sperr vorgesehen.
An Stelle vor. Strassennamen die nach Personen und Geschehnissen des Militarismus benannt worden sind, habe ich ebenfalls einige Namen von Opfern des 3. Reiches: von Harnier, Willi Graf, Christian Probst vorgesehen.
Die Stadtratsfraktion der SPD hat unterm 2.12.1946 den Dringlichkeitsantrag eingebracht, den Königsplatz in "Platz der Opfer des Nationalsozialismus" umzubenennen und die Büroentscheidung des Herrn Oberbürgermeisters vom 4.3.1946 wieder aufzuheben. In dem Antrag wurde zum Ausdruck gebracht, dass die Benennung des Platzes an der Brienner Strasse nur als Augenblickslösung angesprochen werden kann, jedoch nicht geeignet ist, die grauenvollen Schandtaten der Nationalsozialisten und das Gedenken an die unglücklichen Opfer dieser Verbrecher wach zu halten. Auch biete der Königsplatz alle Möglichkeiten zur Errichtung einer Gedächtnisstatte die der Grösse der Opfer würdig ist welche die Verfolgten des Nationalsozialismus für das deutsche Volk gebracht hat.
Ich bitte um gefl. Stellungnahme und um geneigte Mitteilung, ob die beantragte Umbenennung vorgenommen werden soll.
Referat 12
Unterschrift
(Fischer)
berufsm. Stadtrat
Abschrift !
München, den 13. Januar 1947
Direktorium A
Zu Nr. 263/1/47
Betrifft:
Umbenennung des Königsplatzes
An das Referat 12.
Die Stellungnahme des Referates zur Frage der Umbenennung des Königsplatzes und den Bericht der Gutachterkommission für Straßenbenennung habe ich zur Kenntnis genommen. Ich teile die Stellungnahme der Gutachterkommission vollständig. Wir haben es in früheren Zeiten abgelehnt, bebaute Straßen umzubenennen. Die Regelung der Grundbucheintragungen, aller Angaben bei den Behörden und die Vorrichtungen bei allen Stellen der Wirtschaft lassen eine solche Änderung nicht zweckmässig erscheinen, sie ist mit großen Nachteilen für diese Einrichtungen verbunden. Es wäre an der Zeit zur alten Übung wieder zurückzukehren und Straßenbenennungen nur für neu errichtete Straßen und Plätze vorzunehmen. Eine Ausnahme könnte nur soweit für berechtigt erachtet werden, als noch Straßenbenennungen vorliegen, die der Ehrung von Personen des 3. Reiches dienen. Solche Notwendigkeiten dürften aber nur mehr in einigen Vorstädten gegeben sein.
Von einer Umbenennung des Königsplatzes soll abgesehen werden. Er ist zur Erinnerung an den für die bauliche Gestaltung Münchens so bedeutsamen König Ludwig so genannt. Seine Benennung ist so eingewurzelt, daß sie nicht nur einen Platznamen darstellt, sondern daß sie im Zusammenhang mit der architektonischen Gestaltung ein Begriff geworden ist und örtlich gesehen ein Zentralpunkt für das der Kunst und der Wissenschaft dienende Stadtviertel ist. Der Name wurde zudem vom Natlonalsoziallsmus abgeändert. Seine Wiedereinführung ist also eine Abkehr von der nationalsozialistischen Namensgebung. Der Gedanke, an dem Platz eine Gedächtnisstätte zu errichten, ist im Hinblick auf Stil und Charakter des Platzes unverständlich. Er soll das unangetastete und unantastbare städtebauliche Kernstück: der so überaus bedeutungsvollen Stadtschöpfung König Ludwig I. sein und bleiben. Ich ersuche, durch Verhandlung mit den Antragstellern deren Verständnis für diese meine Auffassung zu gewinnen und zu erreichen, daß von einer weiteren Verfolgung des Antrages abgesehen werden kann.
Die Benennung des Platzes der Straßenkreuzungen beim Schiller-Monument halte ich nach wie vor für sehr glücklich. Sicht die Größe des Platzes ist ausschlaggebend für die Zweckmässigkeit der Benennung und für den Ehrungscharakter, sondern die Verkehrslage des Platzes und seine Bedeutung im Stadtbild. Nach beiden Richtungen ist aber der Platz beim Schillerdenkmal außerordentlich wichtig. Durch das Schillerdenkmal erhält er tatsächlich eine Beziehung zu diesem Dichter der Freiheit, dem Kämpfer gegen die Tyrannei, der selbst ein Verfolgter war, der für seine Freiheitsideen inhaftiert war.
Direktorium A:
gez. Dr. Scharnagl
Oberbürgermeister.
Samstag, 25. Januar 1947
Süddeutsche Zeitung Nr. 11
Die beiden „Ehrentempel“ sind gesprengt: zwei nazistische Denkmäler sind verschwunden; München ist. um zwei schauderhafte „Monumentalbauten" ärmer geworden. Da ein Kontrollratsbeschluß möglichst sofortige Äbräumung der Trümmer und eine Neugestaltung des Baugrundes zwischen den beiden „Parteibauten“ verlangt, drängt die Frage, was nun an die Stelle jener Tempel treten soll, zur Entscheidung. Sollen auch die Fundamente gesprengt wurden, damit über der Stelle der einstigen „Ehrentempel" Gras wachse und Bäume grünen, oder sollen sie überbaut werden,, und wenn, was soll dann an dieser Stelle errichtet, werden? Das ist das Problem, das ohne Rücksicht auf die städtebauliche Situation, d. h. eine spätere Umgestaltung, bzw. Restituierung des Königsplatzes nicht befriedigend zu lösen ist.
Die bei den Bombardements verschont gebliebenen prätentiösen Monumentalbauten von Hitlers Hofarchitekten, P. L. Troost (mit die scheußlichste Architektur, die seit Jahrhunderten ln deutschen Landen errichtet wurde) werden für länge Zeit, ja, es ist zu fürchten für ewig eine schwere Belastung für das ludovizlsch-Klenzesche Münchner Stadtbild bleiben. Man wird in späteren Jahren das Granitpflaster, und die darunter liegende mächtige Betonschicht, des hohen Kostenaufwandes ungeachtet, entfernen, müssen, um dem Königsplatz wieder das Gesicht eines Platzes des romantischen- • Klassizismus mit ins Grün von Rasenparterres und Rändbepflanzungen gebetteten antikischen Bauten zu geben. München wird dann wieder einen seiner schönsten und charakteristischsten Plätze erhalten: Glyptothek, Staatsgalerie und Propyläen werden sich dann wieder bescheiden, - doch würdig über dem Boden erheben, während sie jetzt wie nach einer Sintflut, deren Wasser sich noch nicht völlig verlaufen haben, halte und gewichtlos am Rande eines maßstablos gewordenen Platzes herumschwimmen.
Aber die Monumentalklötze der beiden „Parteibauten“ werden das Bild im Osten auch dann noch stören. Man wird also etwas unternehmen müssen, um sie vom Platz aus möglichst unsichtbar zu machen. (Es ,wurde bereits die Errichtung von zwei langgestreckten höheren Bauten an der Arcisstraße erwogen, die dem Königsplatz einen Abschluß am Ostrand geben sollen. Dieser Vorschlag ist aber darum nicht diskutabel,; weil ein derart massiver Abschluß dem Charakter des Platzes nicht entspräche; auch nähmen solche abschließenden Bauten, die doch keine bloßen, schmalbrüstigen Kulissen sein könnten, von der quadratischen Fläche des Platzes zu viel weg. Dagegen wird eine dichte, hohe Randbepflanzung, die die „Parteibauten“ mindestens größtenteils, vor allem im Sommer, verdeckte, einem derart massiven Abschluß vorzuziehen sein, da ihre Lockerheit sehr viel mehr dem romantischen Parkcharakter des Platzes entspricht; denn eben durch dies Gartenstadtartige unterscheidet sich die klassizistische Platzidee wesentlich von der geschlossenen Platzbebauung des Barock. Dem einstigen, der klassizistischen Intention entsprechenden zwanglosen Übergang des begrünten Platzes, in das Grün einer locker bebauten Gartenstadt wird freilich auch eine Baumkulisse nicht ganz gerecht. Aber die „Parteibauten“ haben nun einmal eine.veränderte und wohl nie mehr zu ändernde Situation geschaffen, die zu einem Kompromiß zwingt. Jedenfalls wird die Arclsstraße samt den „Parteiklötzen“ nicht mehr, in das Platzbild einzubeziehen sein. So hat also die Planung an der Arcis-Brienner-Straßen-Ecke kaum auf den baulichen Bestand des Königsplatzes selbst Rücksicht zu nehmen.
Nun hat Dieter Sattler, der als Architekt für den in dem einen Parteibau stationierten Collecting-Point tätig ist, noch ehe die Sprengung der Tempel beschlossen war, deren Umbau in zwei Kunstausstellungsbauten vorgeschlagen; ein in doppelter Hinsicht nicht sehr glückliches Projekt. Ein Umbau kommt nun nicht mehr in Frage, sondern nur noch eine Überbauung der Fundamente oder, was günstiger wäre, der beiden Eckplätze . .nach Sprengung der Fundamente. Bei » dem Problem- drängt sich die Erinnerung an die beiden Eckbauten Karl Fischers, des Hofarchitekten unter Max-Joseph und Vorgänger Klenzes, auf: es waren dreigeschossige schlichte Kuben mit Zeltdach, schmucklose Bauten, die lediglich durch ihre schönen Proportionen wirkten. Von dieser Erinnerung ließ sich auch Sattler von Anfang an leiten. Nun ist die Situation aber durch die „Parteibauten“ doch so weitgehend verändert, daß man schon etwas robustere Gebilde an die Ecken setzen müßte, damit sie zwischen den über alle Maßen brutalen Parteibauten nicht völlig an Gewicht verlieren. Sie müßten die absoluten Maße der Fischerschen wohl noch übertreffen nnd nicht allzusehr der Feingliedrigkeit des romantischen Klassizismus nachstreben, überhaupt nicht zu eklektizistisch. sein, sondern mehr die kubische Masse betonen (natürlich ohne der Troostschen Brutalität nachzustreben). Es ist jedenfalls eine, äußerst diffizile Aufgabe. Hohe Baumpflanzungen könnten dazu dienen, die Schmalseiten, der Parteibauten etwas zu verdecken, wenn auch die scheußlichen Gesimse immer sichtbar bleiben werden.
Der Gedanke, hier Kunstansstellungsbauen zu errichten, scheint auf den ersten Blick einleuchtend, da es ja zur Zeit, in München an Räumen für Kunstausstellungszwecke sehr fehlt. Jedoch kann die Frage nicht so sehr von einem augenblicklich dringenden Bedürfnis her entschieden werden, sondern nur aus weiterer Sicht auf die Zukunft. Da beide Bauten mehrgeschossig sein müssen, werden sie den Anforderungen, die an wirklich gute, zweckgerechte Kunstausstellungsbauten zu stellen wären, nicht entsprechen können. Sie enthielten in der Hauptsache Räume mit Seitenlicht, die bewegliche Wäqde nicht zuließen. Wir erhielten also, von wenigen Oberlichträumen in den obersten Geschossen abgesehen, schlechte, mindestens nicht ideale Ausstellungsräume, eine Architektur, die doch allzusehr von außen nach innen gebaut wäre. Im übrigen wird in späteren Jahren den temporären modernen Kunstausstellungen doch einmal wieder das ehemalige „Haus der deutschen Kunst", daneben vielleicht noch der Staatsgalerieban und die Städtische Galerie, für den staatlichen Gemäldebesitz ein Galerieneubau zur Verfügung stehen Wir hätten also in ein, zwei Jahrzehnten eine mit Wertvollem nicht zu füllende Fülle von Kunstausstellungsbauten!
Dem augenblicklichen dringenden Bedürfnis wäre mit einem schlichten Barackenbau mit seitlichem Oberlicht (Laternen), mit beweglichen Wänden in großen Sälen zweifellos sehr viel besser abzuhelfen, wobei dieses Provisorium weniger eine fante de mieux wäre als die Eckbauten an der Arcisstraße. Diesem Gedanken hat sich auch Dieter Sattler in einer Diskussion des Problems nicht verschlossen.
Welchen Zwecken sollen nun aber diese Bauten dienen? Da das Bedürfnis an Verwaltungsbauten wahrlich, nicht gering ist, dürfte sich unschwer eine wirtschaftlich vertretbare Verwendung finden. Zn denken wäre aber auch daran, in dem einen Bau die staatliche Graphische Sammlung zu installieren. Ihren Bedürfnissen genügte ein großer, unterteilbarer Oberlichtraum für Ausstellungen; die unteren Räume, könnten als Studien-, Bibliotheks-, Magazin-, Verwaltungs-, Werkstatträume Verwendung finden. In den anderen Bau könnte man eventuell das künsthistorische und archäologische Seminar mit ihren Sammlungen (vielleicht sogar andi der Abgußsammlung), der Universität mit den dazugehörigen Hörsälen uuterbringen, die Nähe der Glyptothek, anderer Kunstinstitute nnd der Technischen Hochschule, die nicht allzn große Entfernung von der Universität, die ein Kommen und Gehen während der Pausen zwischen den Kollegs gerade ermöglichte, wäre solcher Verwendung des Baues durchaus günstig Aber welchen Zwecken man die künftigen? Eckbauten an Arcis- Brienner Straße auch zuzuführen gedenkt, der in mehrfacher Hinsicht verfehlte ursprüngliche Plan, dort zwei Kunstausstellungsbauten zu errichten, ist inzwischen hoffentlich endgültig fallen gelassen.
Hans Eckstein
EILT SEHR!
Der Referent für den Wiederaufbau der Stadt München
30. Januar 1947
Berufsm. Stadtrat
Helmut Fischer
I. Herrn
Stadtrat Gottlieb Branz
München
Vollmarstraße 12.
Betrifft:
Ehrung der Opfer des Nationalsozialismus;
hier: Umbenennung des Königsplatzes in
"Platz der Opfer des Nationalsozialismus".
Sehr geehrter Herr Kollege!
Hater Bezugnahme auf unsere persönliche Rücksprache vom heutigen Tage übermittle ich Ihnen anbei Abdruck der Stellungnahme des Direktoriums A vom 13.1.1947 mit der Bitte um Kenntnisnahme.
Ober die Vorgeschichte der Angelegenheit habe ich aus den Akten - die Dinge lagen sämtlich vor meiner Zelt - folgendes festgestellt:
Die Betreuungsstelle für politisch Verfolgte hat im Dezember 1943 und Januar 1946 schriftlich und mündlich den Antrag gestellt, eine Anzahl von Straßen und Plätzen nach Opfern der Naziherrschaft zu benennen, wobei paritätisch alle antinationalsozialistischen Parteien bedacht werden sollten. Dabei wurde in Vorschlag gebracht, die Brienner Straße in "Straße der Opfer des Faschismus" und den Königsplatz in "Platz der Opfer des Faschismus" umzubenennen. In längeren mündlichen Verhandlungen wurde der Vorstand der Betreuungsstelle darauf hingewiesen, daß bereits mit Stadtratsbeschluß vom 5.2.1946 für die Opfer der einheimischen Bevölkerung, die im Kampf gegen da Dritte Reich ihr Leben einbüßten, eine Ehrung durch Umbenennung des Hlndenburgplatees in "Platz der Freiheit'* vergenomaen wurde.
Vor der Beschlußfassung wurde der schriftliche Antrag mit den Unterlagen der Gutachterkonunisslon für Straßenbenennungen, bestehend aus den Herren Stadtschulrat Dr. Fingerie, Bibliotheksdirektor Dr. Held und Arohivdirektor Dr. Schaffer, zur gutachtlichen Stellungnahme vorgelegt« Die Gutachterkommission war einstimmig der.Ansicht, daß eingewurzelte Straßennamen, die auf die historische Entwicklung der Stadt zurüokgehen, nicht umbenannt werden sollten. Die Erfahrung hat bisher geneigt, daß in der Regel Umbenennungen von alten bebauten Straßen und Plätzen sehr schwer populär werden, wem es nicht sogar Widerstand in der breiten Öffentlichkeit herausfordert. kein Amtsvorgänger hat seinerzeit den Antragsteller Stadler auf diese Gesichtspunkte hingewiesen» Da eine Einigung bis zum "Tag der Opfer des Faschismus" offenbar nioht erreicht werden konnte und auch die Möglichkeit einer Beschlußfassung durch den Stadtrat bis zu diesem Tage (10.5.1946) nicht mehr gegeben war, (Herr Stadtrat Preis war zu dieser Zeit schon krank, ein Teil der Verhandlungen spielte sich daher aas Krankenbett ab) hat der Herr Oberbürgermeister in Anwendung des § 4 der Geschäftsanweisung für die Stadtverwaltung München im Tage der Büroverfügung vom 4.3.1946 die Umbenennung des Rondells beim Schiller-Denkmal an der Brienner Straße in "Platz der Opfer des Nationalsozialismus" verfügt. Ein Schreiben mit der Umbenennungsverfügung wurde dem Vorsitzenden der Betreuungsstelle für politisch Verfolgte, Stadler, am 10.3.1946 durch einen Beamten des Referats 12 übergeben. Herr Stadtler hat dann in der Angelegenheit nichts mehr hören lassen, sodaß angenommen werden konnte, daß die Angelegenheit damit erledigt wäre„
Ich habe, wie ich bereits erwähnte, die Angelegenheit auch mit dem Korreferenten für die Straßenumbenennungen, Herrn Stadtrat Br. von Miller, besprochen, der die seinerzeitige Entscheidung des Herrn Oberbürgermeister, der auch der Korreferent des Heferats 12, Herr Stadtrat Schwarzer, seinerzeit zustimmte, auch heute in vollem Umfange billigt und mir mitteilte, daß seine Fraktion geschlossen gegen die Umbenennung stimmen werde.
Schließlich ist zu bedenken, daß derartig lange Platznamen gewisse Gefahren der Abschleifung im Sprachgebrauch mit sich bringen und daß unter Umständen aus einem "Platz der Opfer des Nationalsozialismus " ein "Opferplatz" oder ein "Naziplatz" oder ein ähnlicher Platz im Volkamund entstehen kannte, was zweifellos ebenso nicht erwünscht wäre.
Ich bitte deshalb unter Bezugnahme auf die heutige Besprechung, die Angelegenheit bei der nächsten Fraktionssltzung zu klären. Es wäre meines Erachtens erwünscht, wenn in dieser Angelegenheit nicht eine Abstimmung des Hauses in aller Öffentlichkeit herbeigeführt werden müßte. Vielleicht haben Sie die Liebenswürdigkeit, mich am Montag abend fernmündlich über das Ergebnis der Fraktionssitzung in meiner Wohnung (Ruf-Nr. 31 101), zu verständigen, damit die Sache gegebenenfalls in der Stadtratssitzung vom Dienstag, den 4.2,1947, behandelt werden könnte.
II. W.V.m.E.o.a. 3.II.1947.
Mit besten Grüßen!
Ihr
Unterschrift
(Fischer)
Berufsm, Stadtrat