Veranstaltungen - Geschichte - Kunst & Denkmal
Straße | von | Grund | bis | Grund |
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Hugo-Wolf-Straße | 21.11.1939 | Erstnennung | Kein Grund angegeben |
Abschrift.
Josef Stolzing-Cerny
Fernruf: 371 452
München,25.November 1939
Georgenstraße 99
Herrn Karl Fiehler,
Oberbürgermeister der
Hauptstadt der Bewegung,
Rathaus
Sehr geehrter Herr Parteigenosse !
Heute las ich zu meiner Freude,daß eine Straße Münchens auf den Namen Hugo Wolf getauft wurde. Ich war mit diesem großen Tondichter persönlich gut bekannt und sollte ihm einen Operntext schreiben nach dem spanischen Roman "Manuel Venegas'*. Als ich eben damit begonnen hatte, ereilte mich in Dresden, wo ich damals Schriftleiter bei der antisemitischen "Deutschen Wacht" war, die traurige Kunde von der geistigen Umnachtung Hugo Wolfs.
Aus diesem Anlaß gebe ich aber auch der Hoffnung Ausdruck, daß zu Ehren des am 2.Juni d.J.im 78.Lebensjahre verstorbenen nicht minder großen Komponisten Josef Reiter eine Straße in München nach dessen Namen genannt werde. Josef Reiter, der sein letztes großes Werk die "Goethe-Symphonie" bekanntlich dem Führer widmete, wurde in Braunau a.Inn, also in derselben Stadt wie Hitler, geboren.Es hat mich von jeher gewundert, daß München Reiter eigentlich herzlich wenig beachtete, obschon seine "Goethe-Symphonie" von unseren Philharmonikern unter Generalmusikdirektor Franz Mikerey am 30. Oktober 1931 auch in München aufgeführt wurde. Vergeblich bemühte ich mich, eine Wiederholung durchzusetzen, fand aber bei Professor Ehrenberg leider kein Gehör. Von den zahlreichen Werken Reiters nenne ich sein herrliches "Requiem", 1904 in Wien im Großen Musikvereinssaale unter Ferdinand Löwe uraufgeführt und zwar mit solch großem Erfolge, daß es bis 1918 viermal wiederholt werden mußte. Im Altreich brachte es E. Lindtner Ende April 1914 zum ersten Male in Dresden zur Aufführung, der eine Wiederholung folgte. Weiter mehrere Messen, sonstige Chorwerke, eine Menge von Liedern und die Opern "Der Bundschuh", "Totentanz", "Klopstock in Zürich" und "Der Teil". Die beiden erstgenannten Opern - Uraufführung des "Bundschuh" 1900 in der Wiener Hofoper - wurden zu Anfang 1937 mit großem Erfolge im Deutschen Opernhause zu Berlin gegeben. Direkt bahnbrechend war Josef Reiter auf dem Gebiete des Männerchores, wobei er nicht nur lauter ernste Texte wählte, sondern diese auch fünf- und siebenstimmig vertonte. Als der Wiener Männergesangverein 1922 in München konzertierte und zwei Chöre von Reiter brachte "Ewigkeit" und "Sündflut", da war die ganze hiesige Presse einstimmig des Lobes voll.
Bemerken möchte ich noch hierzu,daß mein verewigter großer Freund, dessen irdische Überreste von der Stadt Wien auf dem Ehrenfriedhof neben den anderen großen österreichischen Tondichtern bestattet wurden, gleich mir ein alter Antisemit war,sich also demzufolge sofort der Bewegung anschloß, und daß ihm vom Führer das Goldene Ehrenzeichen verliehen wurde.
Weiß man davon im Rathaus wirklich nichts ?
Heil Hitler !
Ihr getreuer
gez. Josef Stolzing-Cerny.