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Entwürfe von Franz (von) Seitz
Kgl. Hofsattler und Hof-Wagenfabrikant Johann Michael Mayer, d.h. hier Joseph u. Julius Mayer, mit
Peter Meurer (Wagner), Michael Regner (Schmied), August Frisch (Lackierer), Oskar Obermayr {Sattler)
Verzeichnet auf Inschriftplatte des Sitzkastens
Bildhauer: Syrius Eberle; Ornamentschnitzer: Peter Karg; Gemälde: Heinrich Frh. von Pechmann
Stickerei: Heinrich Alckens; Metallarbeiten: Johann Stroblberger. Verzeichnet auf zwei Inschriftplatten in
den Kastenschwellen
München, 1872, ergänzt 1873, Elektrifizierung 1879 (?), 1885
Im Winter 1871/72 befaßte sich König Ludwig II. mit Entwurf und Herstellung eines zweisitzigen Renais- sance-Schlittens mit figürlicher und ornamentaler Bild- hauerarbeit, Malerei und Goldstickerei. Er sollte stilistisch zum „Neuen Gala-Wagen“ (Kat. Nr. 42) passen. Eine for- male Anregung boten zweifellos auch einige barocke Renn-Schlitten der Kgl. Wagenburg (vgl. etwa Kat.Nrn. 6-9, nach denen sich Franz von Seitz orientieren konnte. Sein letzter Entwurf (s. Kat.Nr. 41, Abb. 257) sowie ein in vergoldeter Bronze gefertigtes Modell' (s. Bd. 2, Abb. 289) kommen der Ausführung sehr nahe. Außer dem Schlitten, dessen Rang dem Gala- Wagen Kat.Nr. 42 in nichts nachstand, ent- warf Hoftheaterdirektor von Seitz auch dazu passende „reiche Geschirre“ (s. auch Kat.Nm. 45, 46) sowie mehrere Gala-Livreen des Begleitpersonals?
Von den Entwürfen, die Franz von Seitz zum Putten- schlitten lieferte, fand sich im Nachlaß des Wagenfabri- kanten Joh. Mich. Mayer eine farbig reizvolle Stickerei-Vorlage? Sie zeigt deutlich erkennbare Arbeitsspuren und hat demnach in Alckens Stickerei-Atelier der langwierigen Übertragung auf den Überhang der Schlittendecke gedient (Abb. 271).
Von sensationeller Wirkung muß die frühe elektrische Beleuchtung gewesen sein. Damit besaß König Ludwig II. wohl eines der ersten Fahrzeuge Münchens, das mit Batterie-Elementen - betrieben mit Chromschwefelsäure - ausgestattet war. Die heute sichtbaren Spuren von Installation und Verkabelung stammen wohl von 1885.8 Die bedeutende Neuerung war für „Fahrten auf schlechten Wegen bei stockfinsterer Nacht“ bestimmt, die sich ein Wiener Ingenieur namens Friedländer allerdings schon 1883 an einem modernen Stadtwagen leistete. Nach einer Münchner Pressemeldung besaßen dessen „Laternen ... Glühlampen von 5 Lichtstärken“, deren 18 kg schwerer Accumulator sich unter dem Sitz des Kutschers befand.’ Im hier beschriebenen Puttenschlitten wurde der rund 17 cm tiefe Batterie-Kasten mit den Abmessungen 65,9 x 45 cm unter dem gestickten Samtkissen versteckt; sein mit Bleiblech ausgeschlagenes Inneres ist seit langem leergeräumt. Dafür blieb als einziges die eingangs erwähnte Ersatz-Glühbirne erhalten (Abb. 250).
Die besondere Wertschätzung des Gala-Schlittens mit Putten wird durch ein beeindruckendes Gemälde von Peter J.R. Wenig (1849-1888) dokumentiert (um 1885/86.
Es zeigt König Ludwig II. in einer sternenhellen Winternacht während einer Ausfahrt durch das verschneite Ammergebirge mit einem 4-er Schimmel-Gespann - eine märchenhafte Szenerie, überstrahlt vom magischen Glanz der elektrisch beleuchteten Königskrone.
E. D.S.
Quelle: Staats- und Galawagen der Wittelsbacher (Hrsg. Rudolf H. Wackernagel)