Münchner Sagen & Geschichten

Rings in der Altstadt

Herzog Ferdinand und Maria Pettenbeck

Raff - So lang der alte Peter... (Seite 85)


Wiederholt ist es geschehen, daß ein Herzog von Bayern ein einfaches Bürgerkind geliebt hat. Albrecht III. hatte die Ehe mit der schönen Bernauerin gewagt, aber eben dadurch ihren frühen, gewaltsamen Tod verschuldet. Herzog Sigmund, sein Sohn, hat schöne Jahre in der Stille seines Schlosses zu Menzing mit seiner Margarete Pfattendorferin verlebt, sich auch der Kinder, die sie ihm schenkte, freudig und väterlich angenommen. Aber den Ehering von ihm gewann sie nicht. Ein „Glück ohne Reu'" war dagegen dem Herzog Ferdinand von Bayern, dem Bruder Herzog Wilhelm V., verliehen, der, von Liebe zu der kindjungen schönen Rentschreiberstochter Maria Pettenbeck erfüllt, es wirklich durchsetzte, sie als sein rechtmäßiges Weib heimführen und behalten zu dürfen.

Es kostete keinen leichten Kampf, bis dies Ziel erreicht war. Wilhelm V. war als Christ demütig genug, sich zu Bettlern und Aussätzigen herabzulassen, ja sie zu bedienen; als Fürst aber war er zu sehr vom Geiste seiner Zeit erfüllt, um seine Untertanen sich gleichzustellen. Seine Gemahlin Renata und überhaupt die ganze herzogliche Familie dachte wie er. Aber Herzog Ferdinand, der im Kölnischen Krieg so tapfer gefochten und seinem Bruder Ernst das geistliche Kurfürstentum gesichert hatte, zeigte sich standhaft, auch als es fein Glück galt. Er erlangte die Zustimmung des regierenden Bruders, an die sein vom Vater ihm vermachtes Jahrgeld geknüpft war, und für seine künftigen Kinder den Rang als Titulargrafen von Wartenberg, den der Kaiser bestätigte. Darnach zog Ferdinand mit seiner Angetrauten in das prächtige „Palatium", das er sich am Rindermarkt in München geschaffen, ein Heim, wie es dem Sohne Albrechts V. entsprach, mit Sälen, Grotten, Wasserwerken, Lustgärten und Bädern, erfüllt von künstlerisch prunkendem Hausrat. Auch einen stattlichen RöhrenBrunnen mit neun großen und vielen kleinen Bildfiguren, zahlreichen Röhren und Wasserspeiern ließ er vor seiner Behausung, zu jedermanns Bewunderung, errichten.

Daß ihm bei alledem das Geld nie reichte, ist um so begreiflicher, als auch ein Überfluß an lebendigem Ehesegen sich einstellte: sechzehn Kinder hat Maria ihrem Gatten geboren. Sechs davon starben und wurden zur Ruhe gebettet in der Hauskapelle, die zu dem Ansitz gehörte und dem hl. Sebastian sowie dem hl. Nikolas von Tolentino geweiht war. Dort hatte Ferdinand die Gruft der Seinigen bereitet; er selbst erlag, 58 Jahre alt, dem Nieren- und Griesleiden, das ihn in den letzten Jahren seines Lebens geplagt hatte und ward bei seinen Vorfahren in dem Fürstenbegräbnis in der Frauenkirche bestattet. Aber sein Herz wurde seiner Bestimmung gemäß in der Hauskapelle am Rindermarkt beigesetzt — eine letzte Bestätigung des Glückes, das er bei Gattin und Kindern gefunden.

Maria Pettenbeck wollte nach dem Tode des geliebten Mannes sich zuerst in ein Kloster zurückziehen. Aber wohl die Rücksicht auf ihre noch unmündigen Kinder hielt sie in der Welt, bis ein vorzeitiger Tod auch sie hinwegnahm. Die Krankheit, an der sie starb, wurde nach dem unsinnigen Aberglauben der Zeit als Verhexung gedeutet, ganz ähnlich wie beim Tode der ebenso schönen und glücklichen Philippine Welser von Mord geraunt ward. Marias Grabschrift rühmt von ihr: daß sie beiderlei Geschicke gekostet habe und über beide erhaben gewesen sei; „die trüben nahm sie standhaft, die glücklichen demütig hin, würdig des Himmels, nach dem sie immer verlangte."

Die fünf Söhne und fünf Töchter, die sie zurückließ, folgten ihr nach und nach im Tode. Von der Decke der Hauskapelle hing später ein Kardinalshut herab, die Stelle bezeichnend, wo das Herz ihres ältesten Sohnes, des geistig hervorragenden Kirchenfürsten Franz Wilhelm zu Wartenberg beigesetzt war. Auch wurde hier „bei der Frau Mutter zur Erde bestätigt" der neunzehnjährige Graf Albrecht, „dessen Faust im böhmischen Kriege ritterlich gefochten". Das Geschlecht der Übrigen pflanzte sich fort und blühte bis 1756. Die letzte Abkömmlingin, eine vermählte Freifrau von Haslang, verkaufte das Haus samt der Kapelle; der Grundbesitz ward zerrissen, das von Hausrat noch Vorhandene verschleudert. Als der Tändler und „Oberhofstabsamtsschätzer" Haslinger das Sebastianskirchlein auf den Abbruch kaufte, um es in ein Wohnhaus zu verwandeln, wurden die in der Gruft ruhenden Gebeine auf Befehl des Kurfürsten, nachmaligen Königs Max Joseph, in die Frauenkirche überführt; das Bronzedenkmal Herzog Ferdinands, vermutlich von Hubert Gerhard, das ihn in ganzer Figur, als Feldhauptmann, zeigte, wollte der betriebsame Tändler als altes Metall zerschlagen lassen. Aber dem Bierbrauer Rest vom Dürnbräu ging diese Mißachtung des biedern und großmütigen Herzogs, der einst ein siegreicher Kriegsheld gewesen, widern Strich; er kaufte um ein Geringes das Standbild samt den Grabtafeln des Herzogs und Maria Pettenbecks sowie der Widmungstafel vom Kapellenportal und schenkte sie der Hl. Geistkirche.

Abgesehen davon, daß Stücke des von Herzog Ferdinand errichteten ZierBrunnens dem Wittelsbacher Brunnen im Residenzhofe eingefügt sein sollen, ist dies Grabdenkmal somit das einzige, das von der „gräflich Wartenbergischen Behausung" und ihrer einstigen Pracht erhalten geblieben. Nur der Torbogen im Rosental am Hause Nr. 16, wo sich der Eingang zum Garten befand, erinnert daran, daß hier einmal eine stille Glücksinsel gewesen ist.


 Brunnen

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Denkmal an Gerd Müller