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Münchener Stadtbuch

XXXV. Die Brände in der Residenz zu München.

1. Der Der große Residenzbrand im Jahre 1674.

zu Bette begeben, und wollte nur noch einige Gebete beim Lichte einer Wachskerze, welche sie vor sich hingestellt hatte, verrichten, als sie währenddem vom Schlafe überrascht wurde, ohne das Licht auszulöschen. Vermuthlich mag die brennende Kerze umgefallen sein, denn plötzlich fing das Kopfkissen Feuer, welches sich der Bettdecke und dem Bettvorhange so rasch mittheilte, daß das Fräulein wahrscheinlich verbrannt wäre, hätte nicht eine im anstoßenden Zimmer befindliche Kammerfrau, welche in Folge eines Fiebers noch wach im Bette lag, das Feuer erblickt und schnell das Fräulein aus ihrem Schlafe erweckt. Beide Damen glaubten nun unglücklicherweise, das Feuer ohne weitere Beihilfe löschen zu können, um allen Lärm zu vermeiden; allein trotz dem griff die Flamme rasch um sich, ergriff die Tapeten, die Zimmerdecke und die Möbel, so daß die beiden Frauen, in Gefahr vom Rauche erstickt zu werden, gezwungen waren, aus dem Zimmer zu flüchten und um Hilfe zu rufen. Allein währenddem hatte sich das Feuer schon einen Weg in die nächst gelegenen Gemächer der Hofdamen gebahnt, und zwar so schnell, daß sie nicht mehr Zeit fanden, auch nur ein Ueberkleid umzuwerfen. Fräulein de Créange, die besonnenste von den Damen, lief sogleich im Hemde und mit bloßen Füßen, die Kurfürstin aufzuwecken, deren Gemächer unterhalb jener ihrer Damen sich befanden. Die Kurfürstin, eine Frau von seltener Geistesstärke und Entschlossenheit, hatte nach Empfang der Schreckensbotschaft sogleich ihre volle Fassung wieder erlangt, und es war nun die Rettung ihrer Kinder ihre nächste Sorge, da deren Zimmer zunächst der Brandstätte lagen. Zuerst lief sie, im Hemde und mit

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