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München in guter alter Zeit

Neuntes Kapitel - Vom peinlichen Gericht.

Im alten München gab es drei Strafgewalten: die des Landesfürsten, die er Stadt und die des Militärs, und jede derselben hielt mit Eifersucht ihre Rechte im Auge.

Aber nicht blos darum war die Justizpflege eine vielfach verschiedene, sondern auch weil das Recht in jenen Tagen keineswegs für alle gleich war, wie heute.

So wurden Standespersonen, welche sich eines Criminalverbrechens verdächtig gemacht entweder in ihrer eigenen Behausung, oder auf der Hauptwache oder sonst in einem anständigen Lokale, z. B.  dem Grafenstübchen, bewacht. In späterer Zeit diente dazu, insbesondere wenn die Verdächtigen von etwas geringeren Range waren, der neue Thurm vor dem Kostthor.

Siegelmäßige hatten in einem solchen Falle Anspruch darauf, im Schottenstübchen im alten Hofe oder im neuen Thurm einquartiert zu werden. Was das Schottenstübel anlangt, so hat es seinen Namen von einem gewissen Lucas Schott erhalten, der 1641 darin saß.

Für Hof- und geringere Stattsbedienste diente er längst abgebrochene Müllerthurm als Untersuchungsgefängnis, während bürgerliche Verbrecher in der Stadtfronfest im Stadtoberrichter-Haus oder in der Schergenstube im Rathhaus und militärische in der Hauptwache, in den Kasernen oder bei schwereren Fällen im Tachenthurm gefangen gehalten wurden.

Aus all diesen Haftlokalen wurden die in Untesuchung Gezogenen entweder al nicht schuldig entlassen oder abe bei dringenderem Verdachte eines peinlichen Verbrechens regelmäßig in den Falkenthurm gebracht.

In Bayern bestand bis zur Einführung der Feucherbach'schen humanen Strafgesetzgebung vom Jahre 1813 wie in anderen deutschen Ländern noch die Tortur als ein gesetzlich zu Recht bestehendes Mittel, den eines Verbrchens Angeschuldigten zum Geständnisse seiner Schuld zu bringen.

Im Falkenthurm nun haben wir den Hauptsitz der Tortur zu suchen. Daß nach damaliger Rechtsanschauung die Belastung eines in Untersuchungshaft Befindlichen mit einer oder nach Umständen mit mehreren Ketten die Regel bildete, mag nur beiläufig erwähnt  werden. Daß der Verhaftete oft Wochen, ja Monate hindurch auf sein erstes Verhör warten mußte, und bis dahin häufig gar nicht wußte, welches Verbrechen man ihn zur Last legte, ist durch viele Beispiele nachgewiesen.

War Jemand „peinlich“ eingezogen worden und nicht in seinem ersten Verhöre geständig, so schritt der Untersuchungsrichter sofort zur Tortur, denn diese bildete im Strafprozese jener Zeit das Hauptüberführungsmittel. Wohl waren die schrecklichsten Maßregeln, denen der Torquirte nach

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