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München in guter alter Zeit

Achtes Kapitel - Von der Stadt Verfassung

Ehepaare aus der Zahl der Beisitzer hatten bei einem Vermögen von mehr als 500 Gulden (857 M 14) 36 Gulden (61 M 71), bei geringerm Vermögen nur die Hälfte zu entrichten, Toleranzler aber 10 bis 18 Gulden (17 M14 bis 30 M 86).

Aber auch damit war noch nicht Alles abgethan. Eine besondere Instruktion setzte fest, was ein jeder Meister oder Zunftgenose an die Kammer der Stadt zu erlegen schuldig war. Dabei war ein Unterschied gemacht, ob sie eine „Gerechtigkeit“ hatten oder nicht, d. h. ob die Gewerbebefgugniß durch Heirat, Uebergabe oder Erbschaft erworben oder aber erst durch Kauf eingethan oder neu verliehen worden war. Danach schwankten die Gebühren zwischen 1 Gulden 8 Kreuzer 2 Pfennige (1 M 95) und 28 Gulden (48 M).

Protestanten waren in alter Zeit in München nur geduldet; der Weinwirth Michel aber war der erste Protestant, der in München Bürgerrechte erhielt, nachdem der wohlwollende Kurfürst Max Joseph IV. den widerwilligen Magistrat unter Androhung ergiebiger Srafe dazu angehalten hatte.

Was die Juden anlangt, so hatten sie sich in den meisten Städten des Bayerlandes, in einigen sogar zahlreich angesiedelt, doch war ihr Aufenthalt überall nur von kurzer Dauer oder wenigstens nicht ungestört. So auch in München. Im XIII. Jahrhundert müssen deren daselbst schon ein paar Hundert gelebt haben, wie wir  denn bereits früher gesehen haben, daß im Jahre 1285 iher 180 mit der Synagoge verbrannt wurden, weil sie ein Christenkind sollen ermordet haben.Sechzig Jahre später fand man auf einem Krautacker einen, gleichfalls durch Ahlen- und Nadelstiche getödteten Knaben, Namens Heinrich, und sofort wurden die Juden auch dieses Mordes beschuldigt und auf die entsetzlichte Weise verfolgt. Als 1349 in der Stadt die Pest wüthete, wurden sie wegen Brunnenvergiftung und 1413 wegen Hostienraubes blutig verfolgt und 1442 aus der Stadte getrieben. Aber trotzdem kehrten die Juden immer wieder nach München zurück und unterwarfen sich den härtsten Vorschriften. So durfte auch nach der Polizeiordnung von 1370 kein Metzger den Juden Fleisch verkaufen, kein Bader für sie ein Bad zurichten und kein Fischer sie einen Fisch anrühren lassen, sie hätten ihn dann gekauft. Und doch hatten sich Juden erboten bei Strafe von „zehn Guldinn“ nichts Anderes zu treiben, „dann Gelt um wuecher (Zins) leihen, als Juden von  Recht thun sulln.“

Die letze Judenverfolgung fand im Jahre 1715 statt: sie mußten binnen 25 Stunden München und kurz darauf ganz Bayern verlassen. Erst unter Maximilian III. wurde ihre Lage etwas günstiger, doch mußte noch 1795 von jedem Juden in München ein Leibzoll von täglich 20 Kreuzern (57) entrichtet werden, und durften sie das LLaubhüttenfest nicht feiern und keine Jüdin dahier entbinden. Erst 1799 wurde der Leibzoll und auch da nur stillschweigend aufgehoben und das bekannt Tolleranz-Edikt gestattete Juden nur ausnahmsweise die Ansässigmachung. Eine eigene Begräbnisstätte hatten sie nur 1416 bis 1442 und zwar in der Gegend des sogenannten Wiesenfeldes. Nachher mußten sie ihre Todten nach Kriegshaber bei Augsburg bringen.

Seit jenen Tagen hat sich gar Manches verändert. Im Geiste er Zeiten aber lag es, wenn in den lertzten Jahrhunderten die Sitteneinfalt der früheren verschwand, und die Geschäftsaufgabe des Magistrats wuchs, dessen Mitglieder noch im Jahre 1426 bei den Sitzungen auf hölzernen Bänken gesessen und im Jahre 1424 auf dem Rathhause und in der Kammer nur sieben Buch Schreibpapier verbraucht hatten.

München - Vor der Verfassung der Stadt

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