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München in guter alter Zeit

Drittes Kapitel - Im Graggenauer-Viertel.

äußeren Bach und ein Thor vor die Stadt; letzteres ungefähr an der Stelle der Einfahrt in den heutigen Hofgarten. Das Thor aber zum Aus- und Einreiten von und zur alten Hofburg hat sich heute als Schlichtingerbogen zwischen Burg- und Lederergasse erhalten.. Vordem hieß es das Thürmleinsthor.

Albrecht IV. wohnte vor Erlangung der Alleinherrschaft einige Zeit in der ursprünglich wohn ziemlich engen Neuen Veste und dann im Alten Hof. Es schein ihm aber weder dort noch hier behaglich gewesen zu sein, denn er erweiterte jene namhaft und vollendete den Bau 1476.

Eine Abbildung der Stadt in Hartmann Schedels Buch der Chroniken und Geschichten (Nürnberg 1493) zeigt, daß der keineswegs symetrisch zu denkende Hauptbau durch einen viereckigen und einen runden Thurm flankiert war. Der erstere ist verschwunden und mag da gestanden sein, wo jetzt die k. Hofapotheke; der andere soll den streitlustigen Herzog Christof als Gefangenen seines Bruders Albrecht beherbergt haben und ist im Ostende des Fewstsaalbaus erhalten, wo durch ihn der Zugang zur kgl. Kabinetskassa führt.

Die von Lukas Kranach gemalte Ansicht der Stadt aus dem XVI. Jahrhundert gibt ebensowenig genaueren Auffschluß über die äußere Erscheinung der Neuen Veste; und nicht viel besser ist es mit unseren Wissen über die innere Eintheilung deselben bestellt. Ohne Zweifel aber schlossen sich an den Hauptbau Nebengebäude an, während dem heutigen Hofgarten gegenüber die Katharienkapelle und auf der anderen Seite des heutigen Küchenhofes die St. Georgenkapelle waren, welche beide der große Residenbrand von 1750 zerstörte. Auf dem Thurme der letzteren stellte 1584 Elias Hurlebein eine zweimal schlagende Uhr auf.

Von den vorhandenen Gemächern nennen gleichzeitige Urkunden eine Rund- und mehrere Langstuben und die Kapellen als „Kirchenstübeln.“

In den stattlichen Räumen der Neuen Veste ging es manches Mal hoch her. So zeigt uns ein Kupferstich von M. Zasinger aus dem Jahre 1500 einen Hofball in der oben erwähnten Rundstube der Neuen Veste, wobei Herzog Albrecht IV. mit seiner Gemahlin Kunigunde in einer Fensternische beim Kartenspiel sitzt, während sich im Vordergrunde verschiedene Paare, dazwischen ein paar Hunde durch den Saal bewegen. Ein zweiter läßt uns die fürstliche Brauttafel Herzog Wilhelm mit Renata von Lothringen am 22. Februar 1568 im großen langen Saale derselben Veste, ein dritter das Rößeltunier im nämlichen Saale am selben Tage, und ein vierter den Mummenschanz ebenda bei demselben Anlasse sehen. Die letzten drei Stiche fertigte Nik. Solis im Jahre 1568. In der mittleren Rundstube ward fünf Jahre später der neugeborene Herzog Maximilian getauft und 1579 ging in der Langstube Herzog Albrecht V. mit Tod ab. Leider ward die Neue Veste durch den großen Schloßbrand von 1580 stark beschädigt.

An dieser Stelle mag auch des kaiserliche Gastes gedacht sein, den die Neue Veste am 10. Juni des Jahres 1530 beherbergte. Es war Karl V., der von Innsbruck kommend zum Reichstag nach Augsburg ritt und von den herzoglichen Brüdern Wilhelm und Ludwig mit großem Pomp eingeholt wurde. Dabei gab es allerlei Schauspiele, als die Erstürmung einer Burg, ein Fischerstechen, eine Vorstellung der Geschichte der Esther und der Königin Comvris und eine Szene aus dem Leben des Cambyses. Und während des viertägigen Aufenthaltes des Kaiser im Schlosse folgte Fest auf Fest.

Der Volkmerische Stadtplan vom Jahre 1613 verzeichnet auf der Ostseite der Residenz  jenseits des nun eingedeckten Stadtgrabens einen Ziergarten mit einem Lusthaus in der Mitte. es ist das der  von dem prachtliebenden Herzog Albrecht V.  im italienischen Syle angelegte Hofgarten, dessen Areal heute der Marstallplatz einnimmt. Da gab es künstliche Terassen, Grotten und Hügel und nach symetrischen Linien gezogene Rasenflecke mit Marmorstatuen und Vasen. Das Hauptwerk aber war ein figurenreicher Neptuns. oder Venusbrunnen von Hans Reisinger aus Augsburg 1576 gar künstlich ausgeführt. Auch an anderen Bildwerken fehlte es nicht; so trug ein Hügel einen ehernen Pegasus, unter dessen Huf ein Quell entsprang. Um den Hügel reihten sich die neun Musen und in einer Grotte im Inneren desselben stand eine Bavaria, wohl dieselbe, die jetzt den

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