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Nymphenburg und seine Bewohner

Titel Nymphenburg und seine Bewohner
Autor:in Adalbert Prinz von Bayern
Verlag Oldenbourg
Erscheinung 1949
Seiten 160
ISBN/B3Kat B0000BG7MA
Kategorie Spaziergänge 
Suchbegriff Nymphenburg 
Regierungsbezirk Oberbayern

Weißt Du noch — es war in den friedlichen Jahren vor dem ersten Weltkrieg, bei einer Vorstellung von „Orpheus in der Unterwelt", inszeniert von Max Reinhard im Kiinstlertheater des Ausstellungsparkes —, wie der große Komiker Pallenberg als Menelaus, von Nymphen umgeben, plötzlich in Deine Loge hineinrief: „Da ist er ja, der alte Nymphenburger!" Und wie sich das Publikum arglos mit Dir über diesen Scherz freute? Alt warst Du damals nicht, aber Nympbenburger warst Du immer bis auf den heutigen Tag. Fast jeder Gegenstand im Schloß, jeder Platz im Park trägt irgend eine Erinnerung aus Deinen fast ununterbrochen hier verbrachten neunzig Jahren, erzählt von Dir selbst erlebte oder vom Vater oder Großvater überkommene Begebenheiten. Uns sind die früheren Generationen vertrauter als den vielen ortsfremden Besuchern. Für uns leben die Geister längst Verstorbener in diesen Räumen. Mögen draußen die Bilder auch noch so oft wechseln, die dicken Mauern scheinen die Vergangenheit für uns lebendig zu erhalten, vielleicht hilft uns dabei das gemeinsame Blut, da unsere Familiengeschichte sich doch zu einem guten Teil in Nymphenburg abgespielt hat. Fast jeder Gegenstand ruft sie uns wach.

Das Namenszeichen Adelheids von Savoyen auf den Türen oben im nördlichen Pavillon oder eine Decke in ,D'einen" Zimmern im ersten Stock des Mittelbaues versetzen uns sogleich in die Zeit der Entstehung von Nymphenburg. Die Amalienburg oder ein Porzellan-figürchen von Busteüi und vieles andere spricht die Sprache des Rokoko. Ein Blick aus dem Fenster genügt, und mit etwas Phantasie bevölkern sich die Kanäle mit Canalettos Gondeln und das Parterre wird lebendig mit zierlichen gepuderten Gestalten. In Deinem Zimmer lebt Karl Theodor. Auch Empire und Biedermeier haben, wie jede vergangene Epoche, mehr oder weniger ihre Spuren hinterlassen.

Ich will versuchen, zeitlich zu ordnen und festzuhalten, was Du gehört oder selbst erlebt hast und was auf uns, Deine Kinder, gekommen ist. Dazu will ich fügen, was mir in alten Briefen und Aufzeichnungen von der Zeit an, da unsere Zweibrückener Linie nach Bayern übersiedelte, über Nymphenburg unter die Augen gekommen ist. Was vor dieser Zeit geschah, muß ich Gedrucktem entnehmen. Es wird also eine für Dich zusammengestellte, ganz persönliche Familiengeschichte sein, und zum Teil eine Ergänzung der verschiedenen geschichtlichen Arbeiten über Nymphenburg.