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Raff - So lang der alte Peter... (Seite 13)
Ein Offizier, dessen Name unbekannt geblieben, hat im 18. Jahrhundert der Liebfrauenkirche ein altes handgroßes Kruzifix vermacht, mit dem es folgende Bewandtnis hatte.
Als er in den Krieg gezogen war, nahm er dies Kruzifix, trotzdem es seinen Eltern etwas groß für den Zweck erschien, mit sich und trug es stets auf der Brust. Eine Kugel, die gegen seine Brust flog, zerschmetterte dem Kruzifix beide Füße, hatte aber damit ihre Kraft verloren, sodaß der Offizier dem Kruzifix sein Leben verdankte. Als er in späteren Jahren einer Krankheit erlag, vermachte er, wie schon gesagt, drei Tage vor seinem Tode das heilige Bild der Domkirche. Das alte schwarze Kruzifix aus unbekanntem Stoffe — es scheint aus Glockenspeise bestanden zu haben, nur die Füße hatte sein Besitzer aus Silber ergänzen lassen - erregte großes Zutrauen beim Volke und galt als wundertätig. In der St. Sebastianskapelle war es aufgestellt, anfänglich auf ein einfaches hölzernes Kreuz befestigt; später jedoch erhielt es ein Kreuz aus lauterem Silber mit einem schönen Postament. Dies reizte die Habsucht zweier Diebe, die das Silberkreuz zu stehlen beschlossen. Als einst die Kirche leer und alles ruhig war, gingen sie an die Ausführung ihres Planes. Sie bemühten sich, das Kreuz mit dem schwarzen Herrgott durch das Altargitter zu zerren, allein das Postament ging nicht hindurch und machte weit mehr Arbeit, als sie gedacht hatten. Plötzlich löste sich der Herrgott vom Kreuz und stürzte zu Boden. Halb erschrocken, halb erzürnt nahmen die Diebe Reißaus, nachdem sie das Kruzifix in die Kapelle zurückgeworfen hatten. Bei dieser Gelegenheit verlor es einen Arm. Im neunzehnten Jahrhundert soll nochmals ein Versuch, es zu entwenden, unternommen worden und mißlungen sein.
Während der letzten Restauration der Frauenkirche wurde das schwarze Kruzifix in der Sakristei aufbewahrt, kam dann in die Kapelle zurück, auf den inzwischen dort aufgestellten Altar der Auferstehung Christi. —
Gegenüber der Kanzel der Frauenkirche hängt an einem Pfeiler eine Fahne, die Kurfürst Mar Emanuel, der Türkensieger, der Kirche, in der er getauft worden, zum Geschenk gemacht hat. Die Fahne, eine von den fünfundfünfzig Türkenfahnen, die Max Emanuel bei Weißenburg 1688 erbeutete, ist von schwerer Seide, deren ursprünglich grüne Farbe die Zeit freilich gebleicht hat; Schriftzeichen und Verzierungen (größere und kleinere Halbmonde nebst Sternen) sind mit Gold hineingewirkt, ebenso das in der Mitte prangende zweischneidige Schwert „Dhul Fakar", Mohammeds Siegschwert. Die Schriftzeichen enthalten Sprüche zum Lobe Gottes, zum Lobe der Tapferkeit, Verheißungen des Sieges usw. —
Als eine Art Herausforderung der Geschicklichkeit und des Scharfsinnes der Nachgeborenen steht in der Ecke des Nordturmes die sogenannte „kunstreiche Uhr". Sie „steht" tatsächlich und wartet Dessen, der ihren künstlichen Mechanismus wieder zum Gehen bringt. Ehemals, so oft die zwei Löwen daran, die jede Viertelstunde anzeigten, die Stunde ausschlugen, zückte Gott Vater das Strafschwert über der sündigen Welt, aber die bittend erhobenen Hände des Heilands und Marias bewegten ihn, es wieder sinken zu lassen. Auch die Verleugnung Petri ward von der Uhr vorgeführt, und der Hahn krähte dazu, und vier Bußprediger sah man predigen — nun ist es leider mit alle dem vorbei. Schon einmal war es so weit: im 18. Jahrhundert; aber die Geschicklichkeit eines Autodiktaten, Joseph Gallmayr, der seines Zeichens ein Schuhflicker, nebenbei aber ein bewundernswürdiger Mechaniker und Uhrmacher war, brachte eines Tages den stummen Gockelhahn zu neuem Leben, daß er wieder durch Krähen und Flügelschlagen pünktlich die Zeit anzeigte. Vom Lebens- und Entwicklungsgang Gallmayr's, der Verfolgung, die er von seinen zünftigen Kollegen dulden mußte, von den Arbeiten, die er für Kurfürst Max III. Joseph gefertigt, hat Karl Trautmann uns ergreifend erzählt.
Die Uhr aber, seit langem verstummt und auch äußerlich verunstaltet, steht im Winkel der Frauenkirche. Bei ihrem hohen Alter wird ihr schwerlich mehr zu helfen sein.