Münchner Sagen & Geschichten

Von der diebischen Elster, von den gesunkenen Händen, vom St. Lorenzer- Kaiserstein, vom Barth Heinrich, vom Gustav - Adolphstein und der Mariensäule u . A.

Trautmann - Die Alt-Münchner Wahr- und Denkzeichen (Seite 124)


Es geht jetzt immer tiefer in die Wahr und Denkzeichen der Stadt München hin ein, und ich will Euch hier wieder einiges Merksame andeuten.
So vormerkt die Elster auf dem Haus vom Theaterplatz auf die Dienersgasse zu, daß dort eine Dienstmaid lebte, welche in Verdacht kam, sie habe Geschmeide entwendet. Sie wurde dann verurtheilt und mußte den Tod erleiden, weil alles gegen sie sprach. Später zeigte sich dann, daß eine Elster das Gold entführt und im Gebälke des Daches eines Nachbarhauses verborgen habe. Da ward freilich großes Bedauern wach, aber die Maid blieb todt, und zum Andenken ließ man den Vogel im Conterfei auf die Dachspiße über dem Stüblein derselben setzen.

Auf den L. Frauen Dom komme ich später in's Weitere. Doch hier Eines: Nemlich es wird dort ein Bild bewahrt, worauf eine Menge Leute beten und die Hände gefaltet und erhoben haben; eine Frauensperson ausgenommen.
Von diesem Bilde gehen verschiedene Sagen, doch laufen sie fast alle auf Eines hinaus – nemlich auf ein Testament, mit dem es nicht richtig beschaffen war, und wobei die fragliche Frau im Spiel gewesen sei. Da hieß es nun einerseits: Die Verwandten hätten gemeinschaftlich gebetet, und mit einem Male habe es der Frau die Hände mit überirdischer Gewalt niedergedrückt eine andere Kunde aber sagt: Es sei zuerst wohl der Verdacht vorhanden gewesen, darauf hätte sich die Frau kühn unter die für den Verstorbenen Betenden gemischt, und da sei weiter nichts begegnet.
Man habe sich deshalb vom Verdacht abgewendet, und als das Bild zum Gedächtniß der Todtenfeier gemalt ward, auch die Frau mitaufnehmen lassen, welche die Hände gleich allen Anderen gefaltet hielt.
Wie man nun das gemeinte Bild aufhängte und sich alle Dargestellten einfanden unter ihnen auch die Frau, um es zu besehen - soll sie gesagt haben: „ Ich weiß wohl, daß Ihr mich schwerer Schuld gezeiht habt, aber ich will Euch vergeben, daß Ihr logt, und das habt Ihr, so wahr mir Gott die Hände niedergeschlagen hätte, wenn dem so wäre, wie Ihr meintet.“ Kaum hatte sie, geht die Sage, diese Worte gesprochen, als die Anderen, welche verlegen zum Bilde schauten, urplötzlich eine Verwandlung sahen, und die war, heißt es, keine andere, als daß die gefalteten Hände der Frau, statt aufwärts, abwärts gerichtet waren.
Ueber dieß Wunder sei sie dermassen erschrocken, daß sie zuerst sprachlos wurde, dann schwer erkrankte und vor ihrem Tode bekannte, daß sie ihren großen Erbtheil erschlichen habe.
Nun mag Jeder glauben, was von Beiden ihm richtig scheint.

Wieder ein anderes Wahrzeichen ist das Kaiser-Steinbild, welches vor Zeiten in der St. Lorenzkirche am alten Hof und, nachdem es lange dem Blick entzogen war, in den Pfarrhof u . l. Frau kam, da wieder wenig beachtet wurde, bis es in das bayerische Nationalmuseum verbracht wurde. Dieß Steinbild stellt die zweite Gemahlin Kaiser Ludwige des Bayern, Margaretha, vor, wie sie die Kirche von St. Lorenz hält, nächst daran die heil . Jungfrau Maria mit dem Jeſsukinde sitzt, während gegen diese Beiden zu der Kaiser kniet, die Hände im Gebet gar demuthsvoll erhoben.

Das Grabmal, vielmehr das Haupt des alten Patriziers Heinrid Barth im Glockenhaus der St. Peterskirche ist uns Münchnern auch zu einer Art Wahrzeichen geworden, sonderlich der sagenhaften, überaus großen Frömmigkeit seiner und seiner vier Söhne, welche Alle zusammen den hl. drei Königs- Altar stifteten.

Mehrere andere Bilder an den Häusern der, früher reich bemalten, Stadt waren oft eindringliche Familien - Mahnzeichen der Vorzeit an die Nachwelt, wurden aber leider auch fast alle übertüncht, zumal etliche, welche sich am alten Schrannenplatz befanden.
Was die noch heute zu Tage angemalten drei Kronen betrifft, so ist ihr Sinn und Grund noch nicht genau her gestellt. Die Einen halten sie für das Zeichen einer großen Fremden-Herberge, die Anderen sagen, es hätten da verschiedene Gesandte einen Aufenthalt gehabt. Auf dem Schrannenplatz ist übrigens eine Gedenktafel, die verkündet, es habe Anno 1632 Gustaph Adolph von Schweden eine Nacht im treffenden Hause zugebracht.

Außerdem wird vom Marktplatz vorerst nichts mehr in Betracht gezogen, ausgenommen das prächtige Denkmal welches Churfürst Max I. Anno 1638 errichten ließ, zum Dank, daß München von Einäscherung und zu großem, anderem Mißgeschick durch die Schweden im damaligen, schrecklichen Krieg frei blieb.
Das Denkmal ist die Mariensäule.
Wenn der Max dabei nur an das nicht geschehene Böse dachte, übte er fromme Pflicht. Aber es gab noch viele Prüfungen, und es kam noch gar viel schauerliches Unheil. Zwar über München nicht das stand unter Gottes ganz besonderem Schutz aber über Land Bayern im Ganzen.

Wie dem auch sei, wenn der Gustavus jeßt wieder käme, sähe, daß sich die eine und die andere Religionsparthei ganz wohl verträgt, aber Die doch noch da ist, welche er nicht wollte, und wenn er da so aus dem Fenster schaute, wie wohl dazu mal, so möchte er sich beim Anblid ber Mariensäule doch einige deusame Gebanken machen.
Ein recht merkenswerthes Bild war bis Anfangs dieses Jahrhunderts das am früheren Kloster-Ettaler Haus, an der Ede der Fürstenfelder Gasse.
Selbes bezog sich auf die Sage: Daß Kaiser Ludwig der Bayer, als er sich in Italien in großen Geldverlegenheiten befand, in einer Kirche von einem Engel, andere meinen vom hl. Benedict, angesprochen und mit gutem Trost in seinem Anliegen begabt wurde, wenn er einen sicheren Herren, der zu ihm kommen werde, Freiheit für sich und sein Gebiet verleihe, vor Allem aber verspreche, an einem gewissen Ort in Bayern, zur Ehre Gottes und der Jungfrau Maria, Kloster und Kirche zu bauen.
Da der Kaiser dieß versprochen, habe ihn Jener ein alabasternes Mutter Gottesbild verehrt und sei dann verschwunden. Der Herr aber sei gekommen und habe dem Kaiser eine große Summe Geldes gegeben, durch die der Kaiser von aller Sorge frei ward und Italien verlassen konnte. Besagtes Kloster stiftete er dann nach mancher Schwierigkeit, weil ihm der bestimmte Ort nicht bekannt werden wollte, bis ihm ein unbekannter Jäger denselben - der Ort lautete Ampferang - wies. Dieß Ampferang war ein großer Bergwald im Ettiko Thal, und dieß Thal hatte seinen Namen von einem stolzen Welfenfürsten Ethito, welcher über seinen Sohn zürnte, weil dieser ſsämmtliche Erbgüter an die Herrschaft der Carolinger gab, um sie als Lehen, ob auch vergrößert, zurückzunehmen; in diesem Groll verließ der alte Herr die laute Welt und zog sich in die Oede der Berge zurück. Das ist die Ueberlieferung. Die aus vielen Gründen sehr sinnreiche und noch manches Andere von Ettal betreffende Meinung eines Gelehrten ist die, der Kaiser habe das E-tal als das Thal des Gelöbnisses , der Verheißung und des neuen Bundes benannt.
Dem sei nun, wie da wolle, Kloster Ettal ward erbaut, der Kaiſser hielt weiters Hof in seiner Ludwigsburg; als die durch Brand theilweise verwüstet wurde, zog er in das ihm gehörige Haus an der Ede der Fürstenfeldergasse, blieb da bis die Burg wieder hergestellt war, zog dann wieder in dieselbe und schenkte jenes Haus dem Kloster, wovon es seinen Namen bekam – der damalige Abt aber ließ, zu Erinnerung und Dank, ein Gemälde auf demselben anbringen, welches darstellte, wie der Kaiser das, seiner Zeit der Klosterkirche geschenkte Mutter Gottesbild von dem ihm ersſchienenen hl. Benedict empfing.
So war es mit dem Ettaler Haus und Bild. Schade, daß Lezteres zu Anfangs dieses Jahrhunderts auch verschwinden mußte nun sind nur noch etliche zu München, wenn sie die nur nicht auch noch vertünden!


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