Münchner Sagen & Geschichten

Die Methschenke beim Thumberger


In München sind die gebräuchlichen Ziele zum Austreten der Dienstboten aus einem Dienste Lichtmessen, Georgi, Jakobi und Michaeli; und der Tag, an dem sie ihre Dienstplätze wechseln, heißt der Schlenkeltag. Ein großer Theil der Dienstboten pflegt aber mit seinem Eintritte in den neuen Dienst sich eben nicht sehr zu beeilen, sondern erlaubt sich wohl ein paar Tage Freizeit, theils zum Vergnügen, theils zur Besorgung nöthiger Geschäfte. Diese Freizeit zwischen dem Austritte aus einem Dienste und dem Wiedereintritt in einen neuen nennt man die Schlenkelweil welche dem Dienstboten nach der Landund Polizei-Ordnung vom Jahre 1616, Buch 4, Tit. 12 sogar gesetzlich gestattet ist, um „etwa sein Gewand zu bessern oder sonsten anders zu seiner Nothdurft zu verrichten", und die höchstens nicht mehr als vier Tage dauern darf. Früher war es sogar Sitte, daß dem abtretenden Dienstboten ein Brod, — der Schlenkellaib, — mitgegeben wurde.

Besonders aber war es gebrauchlich, daß die Dienstmädchen, feiertäglich geputzt, mit reichen Schnürmiedern und Riegelhäubchen, am Schlenkeltage von ihren „Liebhabern" zum Lebzelter Thumberger in der Neuhausergasse zum „Meth" geführt wurden, woselbst in den dortigen Gartenlauben, „Beichtstühlen" genannt, dem füßen und stark gewürzten Getränke und kleinen Lebkuchen in der Größe von etwa einem Quadratzoll, „Schifferln, Schifflein" benamset, wacker zugesprochen wurde. Doch die Zeiten haben sich geändert! Der berühmte Lebzelter Thumberger mit seinen „Beichtstühlen" eristirt nicht mehr und die Dienstmädchen ziehen es nun vor, an diesem Tage in eitlem modernen Flitterstaate, mit langen Kleidern und Hüten, mit ihren Liebhabern oder auch ohne solche zur „Westendhalle" oder in die „Centralhalle" zum Tanze zu gehen.

Der früher so sehr beliebte Meth, dieses berühmte Getränke der alten Deutschen, den sogar ihre Götter und abgestorbenen Helden in Walhalla aus Trinkhörnern schlürften, ist gegenwärtig so ziemlich aus der Mode gekommen. Nur an einem Tage im Jahre behauptet er noch sein altes Recht. Am ersten Sonntage nach Ostern, — der weiße Sonntag genannt, — gehen die jungen Leute beiderlei Geschlechtes zwar nicht mehr zum alten Thumberger, aber nun in den Methgarten, woselbst sie „Schön und Stärk", das heißt Schönheit und Starke trinken, wobei wirklich noch immer die alten „Schifferln" floriren.


Münchner Friedhofsportal