Alte Bücher

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Münchener Stadtbuch

L. Alte Gebräuche und Sitten

19. Das Fest aller Seelen.

Eine reiche und stete Quelle der tiefsten und innigsten Empfindungen ist die Erinnerung an unsere vorangegangenen Lieben. Mag auch der erste Eindruck beim Hintritte derselben ein noch so gewaltiger sein, und die entsetzliche Schwere des eben erlittenen Verlustes uns noch so sehr das Herz durchbohren, uns fast erdrücken und selbst der Verzweiflung nahe bringen, — die Zeit, diese mächtige Zauberin, lindert allmählig mit ihrem versöhnenden Hauche unser, herbes Weh, legt sich wie ein Balsam auf unser wundes Herz, so daß endlich ein milder stiller Schmerz in unsere Brust sich niedersenkt, mit dem sich der erhebende Trost verbindet, daß wir unsere verlorenen Lieben dereinst jenseits wiedersehen und mit ihnen werden vereinigt werden.

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