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Münchener Stadtbuch

XLVIII. Die Beterin an der Mariensäule.

Gegen Ende des vorigen Jahrhundertes lebte in einem Dörfchen des Rotthales, jenes gesegneten und reizenden Landstriches, welcher sich in Niederbayern von Neumarkt bis an den mächtigen Innstrom hinzieht, eine Söldnerfamilie, bestehend aus den beiden Aeltern und einer Tochter, Adelheid. Das kleine Gütchen lieferte nur geringen und spärlichen Ertrag, kaum hinreichend, ungeachtet des emsigsten Fleißes der Familie deren Leben zu fristen und ihre dringendsten Auslagen zu bestreiten. Dabei waren sie aber von acht altbayerischer Biederkeit und Rechtschaffenheit, und die junge Adelheid galt zudem als das bravste und schönste Mädchen des Rotthales, das ohnedieß wegen der schönen und kräftigen Gestalten seiner Bewohner nicht kleinen Ruf genießt.

Da schlich sich leider die Liebe in das Herz der jungen Adelheid; sie sollte aber nicht die Bringerin reicher Freuden, sondern vielmehr herben Schmerzes werden. Ihr Geliebter, Martin Fellner, der einzige Sohn einer eben so braven aber auch eben so armen Söldnersfamilie

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