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Münchener Stadtbuch

XLII. Die Stiftung des Waisenhauses in der Au durch Michael Poppel.

1742.

Derselbe war ein Faßbinderssohn von der Au, hatte einige Schulen studiert, dann in den Waisenhäusern zu Freising und Erding als Gehilfe gedient, und er ernährte sich beim Ausbruche obigen Krieges als Privatlehrer in der Au. Er sah ein, daß solchem Trübsale seines Vaterortes nur durch Errichtung eines Waisenhauses abzuhelfen sei, und es reifte in ihm der fromme Entschluß, ein solches Unternehmen selbst zu versuchen und der Unterstützer und Vater so vieler unglücklicher und verwahrloster Kinder zu werden.

Aber wie ein so großes Unternehmen beginnen und ins Werk setzen? Das war eine schwierige Frage, denn Poppel war gänzlich ohne Vermögen, ohne wohlhabende Verwandte oder Freunde, ohne Empfehlung, ohne Aussicht auf irgend eine hinlängliche Unterstützung. Aber mit fester Willenskraft und eiserner Beharrlichkeit wagte er es dennoch. Er wendete sich zuerst an den damaligen Gerichtsherrn des Pfleggerichtes Au, Franz Karl Freiherrn von Widnmann, und erhielt von ihm die Erlaubniß, einen Versuch zu machen, und sein Hausherr, Christoph Nußbaum, Gerichtsdiener in der Au, bei dem er wohnte, räumte ihm gegen geringen Miethzins eine große Stube ein. Nun setzte Poppel alle Hebel in Bewegung, um die Mittel zum Anfange seines Unternehmens zu erringen. Mit begeisterter Beredsamkeit und mit geschicktem Takte bettelte er von Haus zu Haus, und sammelte bei Privaten Beiträge, und mit unbesiegbarer Geduld wußte er dabei allen Hindernissen, allen harten, ja oft groben Abweisungen zu begegnen; wenn ihn auch oft die Hartherzigkeit der Großen von ihren

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