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München in guter alter Zeit

Siebentes Kapitel - Vor den Thoren der Stadt

Die am Anfange des Gottesackers stehende St. Stephanskirche wurde von Maximilian I. in Folge eines Gelbnisses 1638 erbaut. Um dieselbe findet seit uralter Zeit am Gedächtnistage des Heiligen der Stephansritt statt, der die Pferde vor Erkranken und Unglücksfällen schützen soll. Früher erschienen auch des Pferde des Hofes dabei. Der seltsame Gebrauch stammt  aus dem germanischen Heidenthum, welches das Pferd dem obersten Gotte Wuotan widmete, der auf seinem Rsse Sleipner auf den Wolken einher ritt.

Jüngeren Datums ist die schmerzhafte Kapelle hinter dem Gottesacker, denn sie wurde erst 1705 vollendet und ist em sterbenden Heiland und der „schmerzhafren“ Muttergottes geweiht. Das Volk aber übertrug das Beiwort der Maria kurzwegs auf die Kapelle.

Das Waisenhaus war, wie wir gesehen, ursprünglich in der Sendlingergasse, und wurde 1784 in das Gartenhaus des Weinwirths Kiem vor dem Sendligerthor verlegt, in welchem 1800 nur mehr Säuglige Aufnahme fanden, während die größeren Waisenkinder auf dem Lande untergebracht wurden.

An der Stelle des heutigen allgemeinen Krankenhauses rechts der Isar vor dem Sendlinger Thore erhob sich seit 1754 das Kloster der dem Krankendienste sich widmenden barmherzigen Brüdern. Sie hatten die Mittel des Baues selbst zu beschaffen, und gerieten wegen des Rechtes, zu diesem Zwecke zu betteln, mit den Franziskanern und Kapuzinern in einem Rechtsstreit, der allerdings zu ihren Gunsten entschieden ward, sie aber ein Advokatenhonorar von 4432 Gulden kostete. Graf Max Emanuel von Perusa unterstütze den Bau des Klosters und der Kirche mit einem Geschenk von 6000 Gulden und Medizinalrath Häberl, der Ordinarius des Krankenhauses, richtete zu Anfang unseres Jahrhunderts die Heizung und Ventilation desselben ein.

Die Elisabethinerinnen oder barmherzigen Schwestern wurden 1756 von der Kaiserin MAria Amalia nach München berufen und wohnten anfänglich im Gartenhause des Grafen Larosee vor dem Schwabingerthor. Im folgendn Jahre ward der Grundstein zu ihrem Kloster und Krankenhaus (an der heutigen Mathildenstraße) und seit 1758 zu der damit verbundenen Kirche gelegt; doch gedieh der Bau wegen mangelnder Mittel erst in unserem Jahrhundert zu Ende.

Zum Schlusse mag noch erwöhnt sein, daß das nun ebenfalls dem Burgfrieden der Stadt München einverleibte vormalige Dorf Sendling bereits im Jahre 907 als Sentilinga genannt wird, also viel älter ist als die Stadt. Das Geschlecht der Sendlinger nahm einst einen Platz unter den ersten Patrizier-Familien ein.

München - Vor den Toren der Stadt

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