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Bautechnischer Führer durch München 1876

II. Epoche der Renaissance.

Zweifel, dass Wilhelm IV. (f 1559), welcher die von seinem Vorfahrer Albert IV. im rein gothischen Stylo erbaute Neue Veste vollendete, von der früheren Art nicht namhaft abwich. und dass sein Architekt und Hofbildhauer Leonhard Haider nur in letzterer Eigenschaft einigermassen auf den neuen Styl einging, als Architekt aber noch ein entschiedener Gothiker war. Diess sprach sich in seinen drei, jetzt leider verschwundenen kleineren Kirchenbauten aus, der schon erw hnten S. Georg-Hofkirche in der Neuen Veste, der Sebastianskirche am Anger (an der Stelle des nachmaligen Wirthshauses zum blauen Bockl und der Passions- Kapelle vor dem Sendlingerthore, der Vorg ngerin der jetzigen Stephanskirche am alten (südlichen) Friedhofe. Erst unter dem kunstliebenden Herzog Albrecht V. (f 1779) regte sich der neue Geist m chtiger, wenn auch jetzt in architektonischer Beziehung wenig mehr geschah, als 'lass die Innenr ume der Neuen Veste im Renaissancegeschmacke verziert wurden. Nur gelegentlich brach die Renaissance auch nach dem Aetisseren durch, und verzierte die gothischen Steilgiebel oder die Erker, ohne jedoch irgendwo systematisch und von Grund auf sich geltend zu machen. Doch dürfen wir uns die Ausstattung des Innern nach den vorliegenden Correspondenzen und Rechnungen wie nach den aufgestellten Kunstobjekten, namentlich in der albertinischen Kunstsammlung, immerhin pr chtig vorstellen, so dass die Schlossbr nde von 1580, 1129 und 1750 wie die Demolirung eines grossen Theils i. ,1. 1612, welche alle diese Herrlichkeit zerst rten, immerhin zu beklagen bleiben. Neu angelegt ward an dem Schlosse von Albert V. nur der Hofgarten, welcher den ehemaligen Hofküchengarten stlich vom Schlosse an der Stelle des jetzigen Marstallplatzes und der Marstallgeb ude in einen italienischen Ziergarten verwandelte. Da fehlte es schon nicht an künstlichen Terrassen und Hügeln. Bassins und symmetrischen Rasendecken, umzogen von Marmorbalustraden mit Vasen und Statuen geschmückt. In der Mitte befand sich ein Prachtbrunnen mit der auf Felsenstücke gestellten Bronzegruppe dos Neptun und der Venus, von Delphinen. Tritonen und Hippokampen umgeben. Ein Hügel enthielt eine Grotte, in welcher Bavaria mit allegorischen Attributen der Landesproducte wohl eher stand als sass, da die Identificirung derselben mit der sch nen bisher Diana genannten Bronzegestalt auf dem Kuppelscheitel der Rotunde des jetzigen sog. Hofgartens, wie sie neuestens K. Th. Heigel aufgestellt, nahezu zweifellos ist. Der Gipfel des Hügels aber trug das Bronzebild des Pegasus, unter dessen Hufen ein Quell entsprang, w hrend die neun Musen, freilich nur in Blei gegossen, am Abhange vertheilt standen. Ein Lusthaus, auf dessen Giebel ein Apollostandbild und in dessen marmorbekleidetem Innern in Nischen Statuen und Büsten aufgestellt waren, w hrend Decke und Ober- theil der W nde mit Gem lden mythologischen Inhalts (von Hans

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