Rambaldi(1894) - Blumenstraße

Rambaldi - 1894

Beschreibung: 90. Blumenstraße. Beginnt am Viktualienmarkt und zieht sich in stattlicher Breite zu beiden Seiten der Schrannenhalle mit südwestlichem Bogen an das Sendlingerthor.
Die nunmehr so lange und breite, schöne Straße nahm den bescheidenen Ausgang vom Blumenmarkt unsern des Rosenthales, der noch zu Anfang dieses Jahrhunderts von Josephi (19..März) bis Therese (15. Okt.) dauerte. Ihr Zug bezeichnet die Richtung der durch Herzog und Kurfürst Max I. 1619——38 ausgeführten Um- tvallung während des 30 jährigen Krieges. Uiisern der Ausuiündnng der Blumenstraße in den Viktualienmarkt, an der Stelle, wo sich das nordöstliche Eck der Schrannenhalle befindet, befand sich seit Ende des 14. Jhdts. das 1328 urkundliche »Schifferthor« (s.Einlaß), geschichtlich merkwürdig durch den glücklichen Einzug der Herzoge Ernst und Wilhelm. Nach dem Tode ihres Vaters, Johann im Jahre 1397 gerieten nämlich die Herzoge Ernst und Wilhelm mit ihrem Vetter Stephan dein Kneyssel und seinem Sohn Ludwig dein Gebarteten von Bayern-Jngolstadt, welche München für sich allein beanspruchten, in Streit. Jn München aber standen 1397 die gemeinen Bürger gegen das drücketide Regiment des aristokratisch zusainmengesetzten Rates aus, entrissen ihm das Regiment und vertrieben dessen Mitglieder unter Einziehung ihres Vermögens aus der Stadt. Inwischen vertrugen sich die vier Herzoge und die ganze Landschaft huldigte ihnen, nur die Münchner verlangten von Ernst und Wilhelm Genehmigung ihres Vorgehens gegen ihren vorigen Rat und schlossen, als diese nicht darauf eingingen, ein Bündnis mit dem Ingolstädter Herzog Ludwig dem Gebarteten und es begann offene Fehde. Die in München herrschende Partei aber ließ die Bürger Thomas Haidvolk, Konrad Trinner und Ulrich Strohmayer wegen Verschwörung gegen den Landfrieden hinrichten. Drei Jahre später wurde das Land in Bayern-Jngolstadt, in Bayern-München und Bayern-Straubing geteilt und die Herzöge Ernst und Wilhelm zogen 1408 mit ihrem Vetter Johann von Straubing vor die noch immer ungehorsame Stadt und berannten und blockierten sie. Nun erhoben sich ihre Anhänger in der Stadt, vertrieben den demokratischen Rat, erbrachen die Stadtthore und rissen beim Schifferthor selbst ein Stück der Stadtmauer ein, durch die nun die Herzöge Ernst und Wilhelm am 1. Juni 1403 einzogen. Nachher wurde die Mauer wieder ausgebessert und ein bayrischer Löwe daran gemalt. * In der Richtung gegen das Angerthor folgte in geringer Entfernung vom Schifferthor der 1822 abgebrochene Taschenturm, der als Militärgefängnis diente, ursprünglich aber einer der Befestigungstürme der inneren Mauer war und der bis vor kurzem dem »Taschenturmgäßchen« den Namen lieh. In alten Tagen trieben dort die Taschner ihr Gewerbe und von der Lokalität »in der Tasche« stammte die Benennung des Turmes· Derjenige Teil der Blumenstraße, welcher sich zwischen dein Ober- und Unteranger befindet und die Hausnummern 30 mit 34 in sich begreift, hieß im Jahre 1369 die »Mühlgasse«. **)
Bemerkenswert ist das dem Stadtmagistrat gehörige Anwesen Nr. 42, unter dem Namen »Nockher’sche Pfründeanstalt« bekannt. Das nockerische oder Stadtkrankenhaus bei dein Sendlingerthor wurde im Jahre 1742 für beide Geschlechter erbaut. Bei dem Eingang in die Hauskapelle ist auf zwei Tafeln zu lesen: Gebrüder Josef und Georg Nocker, Bürger und Handelsleute und Wechselherrn allhier in München sind Urheber und Erbauer dieses löblichen Krankenhauses 1742. Und links Herr Johann Ducrue, Bürger, Handelsmann und Gerichtsassessor allhier ist Stifter der hl. Messen in dieser eingeweihten Kapelle 1746. Jn dieses Krankenhaus wurden meist Personen mit ansteckenden Krankheiten, mit hitzigem Fieber Behaftete aufgenommen.
Als die Schrannenhalle hergestellt werden sollte, mußten die Stadtmauern weichen und einige sich daran lehnende Häuschen in der Sebastiansgasse; der Dultstandzwinger wurde entfernt, an seiner Stelle eine hohe Mauer aufgeführt, und damit zugleich die Rückseite der Fronveste gesichert; der außer der Stadtmauer den Stadtgraben durchfließende Kanal wurde gerade geleitet und überwölbt, hierauf der ganze Platz eingefüllt und geebnet. Nach Ueberwindung so mancher Terrainschwierigkeiten wurde unter den Auspicien Sr. Majestät Königs Maximilian Il. der Grundstein der nach ihm benannten Maximilians-Getreide- oder Schrannenhalle auf 9. Oktober 1851 gelegt, welche nach dem Entwurfe und unter Leitung des Staatsbaurates Karl Muffat ausgeführt und am 15. September 1853 eingeweiht wurde. Die Halle ist mit den drei je 22 m langen Pavillons 431 m lang, 31 m tief und 25 m hoch ganz aus Glas und Eisen erbaut, wohl eine der ersten Konstruktionen dieser Art in Deutschland. Die beiden Giebelseiten sind mit Fresken von Hiltensperger geschmückt. Nicht unerwähnenswert dürfte fein, daß das zur Zeit noch bestehende Gebäude, welches nunmehr Rückgebäude der Hauser Nr. 45 und 47 ist und sich von der Müllerstraße aus gesehen auf einem Hügel liegend präsentiert, bis zum Jahre 1752 das erste Kadettenkorpsgebäude war ***). Jm genannten Jahre wurde dieses Haus verlassen und das Haus Nr. 2 an der Kreuzstraße bezogen. Im Jahre 1775 wurde das Kadettenkorps in das Herzog Wilhelm-Gebäude, der Maxburg gegenüber, verlegt (s. Neuhauserstraße), bis ihm am 24. Aug. 1826 das Gebäude im Herzoggarten überwiesen wurde (s. Karlsplatz), von wo am 1. Oktober 1891 die Uebersiedelung der Anstalt in den Neubau am Marsfeldse statfand.
In der Blumenstrafße sind von Südwest nach Nordost gezählt allmählich aufgegangen: die Glockenbachgasse (Heiikergaßl), die Mahlgasse, der Dultstandzwinger, das Sebastiansgäßchen und die Taschenturmgasse. Die letzte Gesamtbenennung »Blumenstraße« stammt vom 1. Dezember 1873, resp. aus dem März 1874.

*) Am Hause Nr. 4 befindet sich eine Gedenttafel angebracht; ekr. Leher, Bayerland, 1890. S. 332.
**) Burgholzer, S.46; Wolf, Chronik von München I, 687; Regnet, S..33; Lipoiosy), Urgeschichte Münchens s. Stadtplan.
***) Lipowsky, Urgeschichte von München II, S. 502: H. Leher, Bayerland 1891 ) S 40. — Die Abbildung befindet sich in der Sammlung des historischen Vereins.


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