Adressbuch(1880) - Oberanger

Adressbuch - 1880

Beschreibung:

Anger, oberer.
Bei Entstehung der Stadt um 1158 ward hier ein Bach über einen Anger hereingeführt und davon der „Angerbach“ genannt, welcher die ältesten Straßen der Stadt mit Wasser versorgte. Zur Zeit der Herstellung der äußeren Stadtmauer (1319) hatte schon das Gewerbe von diesem Gebiete (Felder, Wiesen und Gärten) Besitz ergriffen. Der „Hai-“ „Hägetthurm“ am Ender der „oberen Angergasse“ (dies war hier der vorletzte Name), unter dessen gotischen Gewölben der nun meist eingedeckte Isarkanal in die Stadt rann, erscheint als der älteste Wasserreserve-Thurm Münchens und wurde erst 1873 bei Einlegung der ihm benachbarten Ringmauern abgebrochen. Der ganze Anger hat für München große Bedeutung. An ihm und an das Thal war ein großer Theil ges gewerblichen Lebens der alten Stadt gebunden, und die Erzeugnisse des Gewerbefleißes bilden eine Quelle des Wohlstandes von München. Gesonders hatten hier die Tuch- und Lodenmacher (Watmanager), Lodenwirker, Leinweber, Wollenschläger und Färber ihreWerkstätten. Wir müssen überhaupt auf dem Anger die erste Siedelung im Umkreise der alten Stadtmauer erkennen, und das bald auftretende „Angerviertel“ zeigt sich als das bevölkertste Quartier der Stadt. Doch blieb noch immer so viel Raum, daß sich nicht blos der ursprüngliche Name in seiner wirklichen Bedeutung erhielt, sondern selbst dort noch die Messe (Dult) stattfinden konnte. (s. Anger unterer). Seit ältesten Tagen befanden sich hier ein Bleichhaus und die städtische Bleiche, die 1421 wegen der neuen Barchentfabrikation bedeutend vergrößert werden mußten. 1420 wurde auch eine neue Walkmühle hergestellt, welche mit der in demselben Jahre erbauten Schleifmühle, die heutigen Tages noch Nro.19 des oberen Angers vorhanden ist, zusammenhing. Um dieselbe Zeit ließ der Rath auch ein neues Manghaus erbauen, daß in dem alten Färberhause am oberen Anger Nr.56 vermuthet wird. Doch bestand 1454 nebenbei noch das alte, und dieses war damals an Hutmacher verpachtet. Am „hinteren Anger“ hielt man den Roßmarkt ab, vorzugsweise so benannt, obgleich in früher Zeit Vieh aller Art zugetrieben wurde. Vor dem Wiesenplatze auf dem Blachfelde war ferne schon im 13. Jahrhundert die Schießstätte der Armbrustschützen, auf welcher nicht blos die Uebungen, sondern auch Festschießen gehalten wurden, und zwar bis zum Ende des 16. Jahrhunderts (s. Schützenstraße). — Eine alte Familie nennt sich häufig „an dem Anger“. Schon um die Mitte des 14. Jahrhunderts hatte sich derselbe durch großen Reichthum zu hohen Ansehen emporgeschwungen und gehörte zu den hervorragendsten Partriziergeschlechtern der Stadt. Ihre Mitglieder wurden dem rittermäßigen Adel beigezählt und kommen bis zum Aussterben des Mannesstammes 1592 durch mehr als drei Jahrhunderte in den höchsten städtischen Ämtern vor. — Der obere Anger hieß früher „hintere Angergasse“, „Roßmarkt“ (bis zur zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts), teilweise „Angerplatz“ und schließlich „obere Angergasse“.

Verlauf: Zieht südwestlich von der Dultstraße, unfern des städtischen Zeughauses, zur Blumenstraße bei den Anlagen des Schulhauses.


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