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Der westliche, dem von auswärts Ankommenden zugewandte Giebel stellt nach Klenzes allzu kursorischer Beschreibung »Hellas dar, welcher die Sieger zu Land und Meer die verlorenen Provinzen und Städte zuführen«. In der Mitte steht - wie bei den Aeginetischen Giebeln und denjenigen der Glyptothek und des Ausstellungsgebäudes - eine »Göttin «: die bekränzte und mit der Schuppen-Aigis der Athene bekleidete Personifikation Griechenlands. Zum Zeichen des errungenen Sieges und des langersehnten Friedens hält sie in der gesenkten Rechten ein in der Scheide steckendes Schwert.
Von beiden Seiten nahen sich geflügelte Siegesgöttinnen mit Palmzweigen und Symbolen für die Land- und Seesiege der Griechen in den Händen. Dementsprechend sind in den beiden Giebelhälften Szenen der Freiheitskämpfe zu Lande und zu Wasser dargestellt: Links ist ein junger griechischer Held von seinem sich aufbäumenden Pferd gesprungen und holt mit dem Schwert aus, um einen halb knienden Türken zu töten. Offensichtlich soll durch diese Tat ein am Boden liegender, von dem Türken ermordeter christlicher Priester gerächt werden. Links davon bedroht eine halbnackte, durch ein Löwenfell als heldenhaft gekennzeichnete Mutter mit geschwungener Lanze einen Barbaren, der ihr Kind rauben möchte; vielleicht eine Anspielung auf den türkischen Brauch, griechische Knaben zwangsweise für die Truppe der Janitscharen zu rekrutieren. In der Giebelecke erhebt die Erdmutter Gaia ihren Oberkörper aus dem felsigen Boden und blickt staunend auf diese Heldentaten; ihr geschuppter Schweif ringelt sich bis in die Spitze des Giebels.
Die rechte Giebelhälfte zeigt einen jungen Griechen, bekleidet mit antikem Gewand und Helm, der den Tod seiner am Boden liegenden Braut an einem Barbaren rächt. Ein alter griechischer Seemann, den bärtigen Kopf von einer Kapuze verhüllt, nimmt einen mit einem Schuppenpanzer gerüsteten Schiffsführer fest, der durch seinen Stab mit dem Halbmond als Türke charakterisiert ist. Ein Jüngling hilft bei dieser Tat und ergreift bereits das Steuerruder. In der rechten Ecke erhebt sich Poseidon (oder ein „Feuergott“?) aus den Fluten, um eine Brandfackel in die türkische Flotte zu werfen.
Der östliche, stadtwärts gerichtete Giebel zeigt nach Klenze „den jungen König auf dem Throne, die Huldigungen der verschiedenen Stände, Künste und Wissenschaften empfangend«. In der Mitte sitzt der jugendliche Otto, wie ein antiker Herrscher gekleidet, auf einem prunkvollen Thron, mit der Rechten das Szepter, mit der Linken einen Lorbeerkranz haltend.
Links sind die geistigen, rechts die materiellen Kräfte des neuen Staates dargestellt:
Von links nähert sich als Vertreter des religiösen Kultus, ein Priester mit Kreuzstab, der - wie der Priester des Westgiebels - vom Kopftypus und der Kleidung her an Christus, nicht dagegen an einen griechisch-orthodoxen Popen erinnert. Hierdurch soll vielleicht darauf angespielt werden, daß Otto, trotz seiner Zusage, niemals zur Orthodoxie konvertiert ist. Ihm folgt als Verweis auf die Poesie, oder wahrscheinlicher auf die Kunst überhaupt, ein Kitharöde, dessen Gestalt Elemente des Apoll vom Belvedere und der Apollofigur der Glyptothek vereinigt. Neben diesem sitzt mit dem Rücken zur Mitte, den Kopf aber dem König zugewandt, der Vertreter der Wissenschaft, gekleidet wie ein antiker Philosoph, mit der rechten Hand die Schreib- oder Zeichentafel haltend. Zwei Schüler nähern sich ihm von links, der eine ein (antikisch wirkender) nackter Jüngling, der andere ein (eher deutsch-romantisch anmutender) bekleideter Knabe (diese Figur ist heute ganz verloren). Daß diese Unterscheidung nicht ohne Bedacht gewählt wurde, zeigen die Attribute der beiden Schüler: ein Korb mit Schriftrollen und einige gebundene Bücher. Links davon gräbt ein nackter Mann mit einer Art phrygischer Mütze neben einer Agave eine archaische Dionysosherme aus. Diese Gestalt, die in Richtung zur Glyptothek blickt, dient als Hinweis auf die unter König Otto in Griechenland aufblühende Archäologie. In der linken Ecke liegt - wie ein antiker Flußgott - ein Geometer, ursprünglich an seinen Attributen gut zu erkennen, der darauf anspielt, daß Hellas nach der Vertreibung der türkischen Großgrundbesitzer neu vermessen und verteilt werden mußte. Auf die hierdurch geförderte Landwirtschaft spielt ein bekränzter Pflug in der Spitze des Giebels an.
Rechts von Otto schreitet in heroischer Nacktheit ein Krieger mit antikem Helm und Schild heran, der Vertreter des Militärs. Er hat den Brustpanzer abgelegt und greift nicht zum Schwert, sondern blickt schutzgewährend auf die folgenden Figuren. Rechts von ihm der Vertreter des Handels, gekennzeichnet durch den Petasos, den antiken Hut der Kaufleute. Er stützt sich, vor einigen verschnürten Warenballen stehend, auf das Steuerruder eines Handelsschiffes. Es folgt ein kniender, fellbekleideter Landmann, der mit der Rechten eine Traube emporhält, mit dem linken Arm eine Getreidegarbe umfängt. Rechts von ihm steht ein Korb mit den Früchten des Landes. Daneben errichtet ein Baumeister, ein kraftvoller Rückenakt, zusammen mit einem jugendlichen Gehilfen ein massives Gebäude, eine Anspielung auf die unter Otto wiederbelebte griechische Monumentalarchitektur. Gegen die rechte Giebelecke schiebt ein Schiffsbauer sein neugefertigtes Schiff in die Weilen des Meeres, auf denen Delphine spielen. Der Mittelakroter dieses Giebels zeigt den Kopf der Göttin Athene, einer der zahlreichen Hinweise am Königsplatz auf München als »Isar-Athen«.