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Quelle | Nagler - Acht Tage in München (45) |
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Jahr | 1863 |
Straße | Frauenplatz |
Die Frauenkirche ist ein gothischer Bau auf dem Areale «wer alten Kapelle, über welche wir in der topographischen Geschichte von München S. 17 gehandelt haben. Den Bau führte Meister Jörg von Halsbach, welcher aber auch Jörg von Polling und Jörg Gankoffer genannt wird, so daß man nicht mit Bestimmtheit sagen kann, woher er stamme. Herzog Sigmund von Bayern legte den 9. Febr. 1468 den Grundstein, und nach 20 Jahren war die Kirche vollendet. Doch wurde sie erst am 14. April 1494 eingeweiht. Die mächtigen Pfeiler dieser dreischiffigen Halle mit eingezogenen Streben stützen das künstliche Steinrippenwerk ohne Gurten, und bis zum Gewölbe mißt man 113 Fuß. Das Schiff ist 128 Fuß breit und 336 Fuß lang. Fein berechnet, und nicht ohne Absicht eines Wahrzeichens, ist die Stellung der Pfeiler und der Fenster. Unter dem Orgelchor ist im Pflaster ein Fußtritt, von wo aus kein Fenster ersichtlich ist.
Die Thürme ruhen auf einer 11 Fuß dicken Grundmauer, und steigen viereckig in vier Stockwerken empor. Oben legt sich ein Achteck an, auf dessen Spitzbogenfries die Kuppel ruht. Eine Gedenktafel im nördlichen Thurme besagt, daß die Thürme so hoch, als die Kirche lang seien. In beiden Thürmen hängen zehn Glocken, wovon die größte 120 Ctr. wiegt. Wer die 430 Stufen des nördlichen Thurmes besteigen will, genießt von der Oeffnung der Kuppel unter dem Knopfe aus eine Überraschende Aussicht. Der südliche Thurm bleibt verschloßen. Von diesem herab stürzte sich 1783 ein 17jähriges Mädchen von unglücklicher Liebe getrieben.
Im Jahre 1858 begann die Restauration im Innern der Kirche unter Leitung des Architekten Mathias Berger, des Erbauers der Haidhauser Kirche, und sie war bei der Benedicirung am 2. Juni 1861 noch nicht vollendet. Die alten Altäre mit ihren Gemälden und Sculpturen aus der Zeit der Erbauung der Kirche wurden schon im 16. und 17. Jahrhundert entfernt, und nach und nach füllten sich die durch die Streben gebildeten Kapellen mit neuen Altären im Renaissance- und Roccocostyl. Bei der neuesten Restauration wurden alle früheren Altäre entfernt, und an der Stelle derselben sind jetzt theils noch die Gemälde und Statuen, welche aus den Altären genommen wurden. Leider 'können in kürzester Zeit nicht alle Altäre durch neue ersetzt werden, da das Unternehmen auf freiwilligen Beiträgen beruht. Die alten Familien, welche Altäre und Benefizien stifteten, sind ausgestorben, und die moderne Generation beeilt sich mit solchen Dingen nicht.
Die Glasmalereien der Fenster stammen nicht alle aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Es wurden auch die bemalten Fenster der alten Frauenkirche benützt, und durch Seitenstücke ergänzt, da sie für die gegenwärtigen Oefsnungen zu klein waren. An der Südseite bemerkt der Kenner ein eingesetztes kleineres Fenster mit den Ergänzungen. Die alte Frauenkirche, bis 1171 eine Filiale von St. Peter, in diesem Jahre aber zur Pfarre erhoben und erweitert, wurde beim Baue der jetzigen Kirche an der Südseite erhalten, und erst nach 1480 demolirt. Diese Kirche hatte zuletzt 18 Altäre, welche größtentheils in die neue Kirche übergingen, so wie die Glasmalereien. Die nenen Fenster wurden 1486 eingesetzt, aber nur ein einziger Glasmaler ist urkundlich bekannt, nämlich Egidius Trautenwolf von München. Von ihm ist vorn das Fenster mit der Anbetung der Könige, der Geburt Christi, der Darstellung im Tempel und dem Tode der Maria. Zu Anfang unsers Jahrhunderts wollte man, um mehr Licht zu gewinnen, die Fenster ihres gemalten Schmuckes berauben, und bei dieser Gelegenheit kam eine Scheibe zum Vorschein mit der Schrift: Egidius Trautenwolf pictor Monac. me fecit 1486.
Unter der erwähnten Anbetung der Könige stehen die Buchstaben E. T. Dieses Fenster gehört in Hinsicht auf Farbenpracht und Schmelzung nicht zu den Hauptwerken der Kirche. In den Contnren und Schraffirungen tritt das Schwarzloth hervor, und zu den Fleischpartien nahm der Künstler ein blaßrosenrothes Glas. Dieß kennzeichnet seine Gemälde, und man ersieht, daß noch ein zweiter, gleichzeitiger Meister Vorzüglicheres leistete. Ein dritter gehört dem Anfang des 16. Jahrhunderts an.
Besondere Beachtung verdient das Monument des Kaisers Ludwig des Bayern. Der durch die Oeffnungen der Tumba im Innern sichtbare horizontal liegende Stein stammt aus der alten Frauenkirche. In der oberen Abtheilnng thront Kaiser Ludwig der Bayer im Ornate. Rechts unter dem Throne ist die Figur des jungen Herzogs Albert III., und gegenüber jene des Herzogs Ernst. Letzterer starb 1438, und in diesem Jahre scheint Herzog Albert III. den Stein zum /Ändenken des Kaisers Ludwig und der in der alten Frauenkirche ruhenden Nachkommen desselben gesetzt zu haben.
Am schiefen Rande des Steines oben über dem Kaiser anfangend liest man:
Üno dom MCCCXLVII an. öritn. lag. Dionietj starb.
der . allerdurchleuctigiot . Komisch . Kayser . Ludwig. zu.
alln. zeiten wer. Keichs. psallz. gf. bei. Kein. Herzog ^in
bairn. ll. hie begrab». mit. den. nachgntn . suste. hzog.
Johas. Ernst. lvilhalm. lldols. Ülbrecht. d. jung, all fasten
no . Vairn. Mit rc. schließt die Inschrift.^
Ans der beschädigten theils ausgebrochenen Bandrolle steht:
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Beim Abbruche der alten Kirche wurden die fürstlichen Ueberreste in einen gemeinschaftlichen Sarg gesammelt, und in der
Gruft der jetzigen Kirche beigesetzt. Der große Kaiserstein fand ebenfalls im Chore der neuen Kirche eine Stelle, bis endlich der Churfürst Maximilian I. 1622 durch Hans Krümper das gegenwärtige Monument aussühren ließ, nämlich die Tumba mit den knieenden Rittem, und was auf derselben angebracht ist. Die rechts und links beigefügten Standbilder in Erz haben ein älteres Ansehen, und stehen an Kunstwerth weit über den ehernen Standartenträgern, zu welchen, wie zur Tumba, Peter Candito die Zeichnung geliefert hat. Man nimmt gewöhnlich an, es seien dieß die Porträtstatuen der Herzoge Albert V. und Wilhelm V., des Großvaters und Vaters des Churfürsten Maximilian I. Diese Statuen waren ehedem in der Kunstkammer des Herzogs Albert V. († 1379), und wurden von Maximilian I. als Wächter des Kaiser-Monumentes bestimmt. Ueber letzterem ließ der Churfürst einen großen Rundbogen einbauen, welcher mit Malereien von Peter Candito geziert war. Dieser Bogen mußte bei der Restauration weichen, und das Kaiserdenkmal wurde tiefer gesetzt.
Hinter diesem Monumente führen Stufen in den jetzt erweiterten Chor. Aus alter Zeit sind nur noch die schönen Schnitzwerke der Chorstühle. Sie sind von Erasmus Grasser gefertiget, gleichzeitig mit der Kirche, und jetzt neu bemalt. Der neue prachtvolle gothische Hochaltar ist im architektonischen Theile von Anselm Sickinger nach der Zeichnung des Architekten Berger gefertiget. Die Gruppe der Krönung Mariä ist das Werk des Bildhauers Joseph Knabl in München. Die vier Evangelisten, und die Statuen der Apostel Petrus und Paulus hat W. I. Niesten ausgeführt. Die über diesen Rundbildern stehenden Figuren sind im Atelier Sickinger's entstanden. Die schönen Gemälde der Flügel dieses Altares sind von Moriz von Schwind, und eine Zierde des Werkes. Auch die beiden Seitenaltäre au den Pfeilern, und der bischöfliche Thron links im Chore gingen aus dem Atelier des Bildhauers Sickinger hervor, sowie die Kanzel, ein Meisterwerk der Gothik. Die Malereien der Seitenaltäre an den Pfeilern sind von Max v. Meuz und von Heinrich Baron v. Pechmann. Außer dem Hochaltäre und den beiden Altären an den Pfeilern nach dem Entwürfe des M. Berger sind noch andere Altäre aufgestellt, welche Beachtung verdienen. Der Dreifaltigkeitsaltar am Fenster der Kapelle rechts vom Hauptaltare ist von I. Knabl im figürlichen Theile, ganz von Holz, nur weiß grundirt. Die Gemälde der Aussenseiten sind alt. Der im Umgänge folgende Corpus-Christi-Altar mit den zwölf Aposteln im oberen Theile des Bogens ist ein Geschenk des Erzbischofs von 1862, nach Bergers Zeichnung ausgeführt. Die Reliefs in den Nischen der Wände stammen aus dem vorigen Jahrhundert, und sind von Roman Boos-1802) gefertiget. Sie zierten die Wände der Chorstühle. Das Relief von Silber im Antependium kommt vom Reliquienkasten des hl. Arsacius von 1497. Der Altar in Mitte des Polygon hinter dem Hochaltäre ist alt, und neu gefaßt. Im Kasten sind Figuren, und im Innern der Flügel Flachreliefs. Die Madonna oben in der Spitzverzierung, die Apostelfiguren des unteren Frieses und die Gemälde der Aussenseiten stammen aus einer frühem Zeit, und wurden nur neu gefaßt. Dieß ist auch mit dem folgenden Altäre der Fall, so wie mit dem Andreas-Altar zwischen den zwei Sakristeithüren. Der Marienaltar in Mitte der nördlichen Wand ist neu. Den architektonischen Theil fertigte Wirth, die Marienstatue im gothischen Style ist von Bleim.
Besonders schön ist die mattirte Vergoldung. Der Altar beim Taufstein der Thurmkapelle stammt aus älterer Zeit. Der neue St. Georgenaltar an der Südseite ist nach Schneiders Zeichnung ausgeführt, und das Gemälde des hl. Georg von der Hand des U. Halbreiter. Auf die Ueberreste der alten Altäre gehen wir nicht ein, da sie entfernt werden. Das neue, 13 Fuß große Crucifix am Gewölbe über dem Chore ist nach Halbig's Modell in Holz geschnitzt.
Das ehemalige Haupaltarbild, die Himmelfahrt Mariä, von Peter Candito, ist gegenwärtig über dem Eingang der Sakristei angebracht. In den Kapellen sind noch einige alte Gemälde aus der Zeit der Erbauung der Kirche vorhanden. Mit diesen Kunstwerken wird aber wohl eine Aenderung getroffen, und somit unterlassen wir den weiteren Bericht. Außerdem hängt in dieser Kirche auch eine Türkenfahne, welche der Churfürst Max Emanuel am 12. August 1687 in der Schlacht von Mohacz mit dem Zelte des Großveziers eroberte.
Die Orgel der Frauenkirche erklärte Joseph Zarlini 1389 in seinen Zupplemsnti musicali VIII. p. 290 als eine der größten in der Welt, und gibt an, daß die 20' langen und 1' weiten Gesichtspfeifen aus einem Stück Buchsbaumholz rund gedreht seien. Diese Fabel haben bis 1846 alle nachgeschrieben. Bei der Entfernung der wurmstichigen Pfeifen im Jahre 1848 zeigte es sich, daß dieselben von Lerchenholz, und aus zwei Hälften zusammengesetzt waren. Der Kasten der Orgel ist aus der neueren Zeit, paßt aber in seiner gothisirenden Form in die restaurirte Kirche.
Die Orgel, welche bis dahin auf dem Chore des Presbyteriums sich befand, und ein Werk von ausgezeichneter Reinheit und Kraft des Tones war, stammte aus dem 1802 aufgehobenen Franziskaner-Kloster, und wurde leider destruirt.
Unter dem Chore der Kirche ist jetzt die älteste bayerische Fürstengruft. Sie war ursprünglich nur 8—10 Schritt lang, und 6 Schritt breit. Maximilian I. ließ sie 1606 erweitern. Damals war der alte Sarg mit den Gebeinen des Kaisers Ludwig und seiner Vorfahren und Nachkommen noch vorhanden. Der Churfürst ließ sie in einen neuen Sarg einschließen. Diese sterblichen Ueberreste in der Gruft gehören den fürstlichen Personen von 1293—1626 an. Jetzt ist der Eingang hinter dem Hanptaltare.
Die Sonnenuhr an der Südseite der Kirche mit der Madonna wurde 1830 restaurirt. Sie ist ursprünglich das Werk eines Münchner Künstlers von 1314. (Die Abbildung des Kaiftr-Monumentes ist bei G. Franz um 12 kr. zu haben. Auch die äussere und innere Ansicht der Kirche ist daselbst vorräthig, letztere mit dem eingebauten Bogen aus der Zeit Maximilian's I., und in der jetzigen Gestalt ohne denselben. Der Bogen wurde, wie gesagt, bei der neuen Restauration entfernt. Die Abbildung der erwähnten Türkenfahne in Buntdruck ist ebenfalls bei G. Franz vorräthig, roh. fol.)