Veranstaltungen - Geschichte - Kunst & Denkmal
Quelle | Zauner - München in Kunst und Geschichte (260) |
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Jahr | 1914 |
Straße | Promenadestraße 10 |
Promenadestraße 10, Portia-Palais, jetzt Haus der Museumsqesellschaft. Vom Italiener Henrico Zuccali 1693 für den Grafen Philipp Joseph von Törring-Seefeld (nach BAJ für den Grafen Fugger) erbaut, schenkte es Kurf. Karl Albrecht 1731 der Freiin Josepha Topor Morawitzky (aus diesen 3 Buchstaben das Monogramm am Balkon), der nachmaligen „Fürstin Portia“, nachdem er es durch den Franzosen Cuvillies außen und innen hatte modernisieren lassen. Das Palastmäßige des Baues, das hier vorgetragen ist, geht ganz abseits von der bisherigen Münchner Baugewohnheit, ist so sehr „direkter Import“, daß er — ein echt italienischer Palazzo, wie er im Buch steht — ebensogut in irgend einer italienischen Stadt wie Bologna stehen könnte. Dieser Bau hat in dem damals immerhin noch ländlich anmutenden Kesidenzstädtchen — dieser Ausdruck ist für das München der damaligen Zeit durchaus berechtigt — ein so großes Aufsehen gemacht, daß er alsbald zum „Typus“ wurde, der dann in mannigfaltiger Brechung und Abschwächung auch das minder vornehme Haus in weiterm Umfang bedingte. Um nun den ursprünglichen Eindruck des Gebäudes, wie er früher war, wieder herzustellen, muß man sich vor allem die kleinen Läden, die sich im Erdgeschoß eingenistet haben, wegdenken und dafür die streng horizontalen Fugungen durchaus gehen lassen.
Der sockelmäßige Eindruck des Erdgeschosses ist nicht nur dadurch bedingt, daß die ursprünglichen Oeffnungen knapp sind, sondern namentlich auch dadurch, daß die Vertikale hier noch gar nicht vorkommt. Die Vertikale als die durch die 4 Kompositpilaster markierte große Kontrastlinie ist vielmehr dem obern Teil des Gebäudes Vorbehalten, der (obwohl zweigeschossig) dennoch zu einer Einheit zusammengenommen ist — eben dadurch, daß das Erdgeschoß als bloßer Sockel figuriert, — eine Geschlossenheit, wie sie in der gesamten deutschen Architektur bis dahin noch nicht vorhanden war; ein deutscher Baumeister hätte alle 3 Stockwerke als eine Folge von drei gleichwertigen Einheiten gebildet. Die Vertikalgliederung ergibt ein Mittelrisalit mit 3 Fensterachsen und 2 Seitenrisalite mit je 2 Fensterachsen. In diese Folge von 3 Geschossen hat die Fensterreihe des Hauptgeschosses auch den Hauptakzent, nicht gerade durch die Größe der Fensterlöcher, sondern durch die Wucht der Verdachungen, die — als Segmentgiebel gebildet — auf stark vortretenden, kurzstämmigen jonisierenden Säulen ruhen und eine Blendbalustrade zur Basis haben. Die Fensterfolge darüber ist als etwas Sekundäres in Abhängigkeit von der ersten behandelt, und das Gleichgewicht wird erst wieder hergestellt durch die markante Reihe der in enger Flucht angeordneten Konsolen des Dachgesimses.
Das architektonisch gebildete Auge ersieht demnach unschwer die Dominante der tektonischen Formenharmonie sofort in dem starken plastischen Akzent des Dachgesimses zusammen mit dem zweiten großen plastischen Akzent der (ebenfalls eine Linie für sich bildenden) Fensterverdachungen des ersten Stockes. Es kommt hierzu als Unterbrechung das ursprünglich vorspringende Portal mit seinen beiden toskanischen Säulen, wo später nur insofern eine Veränderung eingetreten ist, als der aufs Zierliche gerichtete Geschmack Cuvillies dort einen sehr schönen eisernen Balkon angeordnet hat, wo anfänglich eine derbe Steinbalustrade stand (entsprechend den Fensterbalustraden im Hauptgeschoß). Als etwa 100 Jahre später der Bau für die „Porcia“ adaptiert werden mußte, tat Cuvilliés alles mögliche, um den strengen und herben Charakter zu mildern. Alles, was an blühendem Formenspiel über dem Portal imd den Fenstern erscheint, was sich an flimmernder Flächenbelebung über die Fassade hinzieht, die zierlichen Trophäen und Roeaillekartuschen, die ganze Dekoration an den obern Fenstern und die Heraussetzung jener Giebelverdachung in der Art, daß die strenge, lastende Horizontale durchbrochen ist, das alles gehört dem Rokoko an — und, weil in durchaus künstlerischem Sinn geschaffen, verträgt sich Altes und Neues recht gut miteinander. Im Innern blieb der Hof aus Zuccalis Zeiten unverändert. Als Werk Cuvillies blieb erhalten namentlich der erste Saal mit seinem Kamin aus grauem Stuckmarmor und dem reichvergoldeten Rokokorahmenwerk darüber sowie seiner flach stuckierten Decke; dann der zweite Saal mit seinen prächtigen Flügeln und den zierlichen Muschel- und Akanthusornameuten an der Decke [KB].