Alte Quellen

Müllersches Volksbad

Quelle Zauner - München in Kunst und Geschichte (215)
Jahr 1914
Straße Zweibrückenstraße 31

Müllersches Volksbad, städtisches, Zweibrückenstr. 31. Nach dem Stifter, dem Ingenieur Karl Müller, benannt; „ein bisher unübertroffener Monumentalbau, wetteifernd — aber in origineller Weise — mit den großen Thermen Roms [Br 147]“, „das größte und schönste aller zur Zeit bestehenden Volksbäder [Gmelin, 1. c.)“, 1896—1901 erbaut von Hocheder. Maßgebend für den Grundriß war die parallel mit der Isar verlaufende Kastanienallee — ein anscheinend sehr nebensächlicher Umstand —, die den natürlichen Zugang zum Haupteingang bildet, wobei sich ihre Achse naturgemäß in den Bau hinein fortsetzt.

Im Grundriß besteht die Bauanlage, weil vor allem das Erfordernis der geschlechtlichen Trennung schon von der Kasse ab gegeben war, aus 2 mit ihren Langseiten aneinandergewachsenen Bauten (gewissermaßen einem Zwillingspaar), in deren einem das Männerschwimmbad, in deren anderm das Frauenschwimmbad den Kern bildet, an den sich das Uebrige (die 114 Wannenbäder und das Brausebad) kristallisierte; die vor der Kasse befindlichen Nebenräume (links Restauration, rechts Frisiersalon) sowie das abwechselnd für beide Geschlechter zu benützende römisch-irische Bad erhielten neutrale Eingänge. In der Achse des Zugangweges betritt man zuerst die Eingangshalle, an die sich die Kasse und der Wäscheraum anschließt; an den Seiten des Turmes liegen die Warteräume (rechts für Männer, links für Frauen), von wo aus die Schwimmbäder und die Einzelbäder (soweit letztere nicht im Obergeschoß liegen) zugänglich sind.

Die wichtigsten Bauteile sind äußerlich deutlich gekennzeichnet: das Männerschwimmbad durch das lange, mit einem Giebel abschließende Satteldach, das Frauenschwimmbad durch das fast quadratische Zeltdach,, das römisch-irische Warmbad durch den kuppelartigen Aufbau mit der Laterne. Der die ganze Anlage beherrschende Turm enthält eine in dieser Stadtgegend sehr notwendige Turmuhr, eine Aussichtswarte in einer Höhe von 35m, Bedienstetenwohnungen und 2 große Wasserbehälter. Der Außenbau zeigt die spezifisch „münchnerischen“ Barockformen in jener Durchbildung, die er bei fast völligem Ausschluß von Haustein und überwiegender Verwendung von Putz schon vor 200 Jahren angenommen hat. Stein — ein grober, hellgrauer Muschelkalk — ist nur an den wichtigem Baugliedern angewendet, am Hauptportal, den Gesimsen und Fensterbänkchen, den reichern Fensterumrahmungen und den prächtigen Masken auf der westlichen Langseite. Die Flächen sind belebt, durch verschiedenartige Behandlung des gelbgrauen Putzes, bald glatt, bald rauh (in mehreren Abstufungen), durch die roten Ziegeldächer, das rote Rahmen-und Sprossenwerk der Fenster und — am Eingang — durch die vergoldete Aufschrift und die vergoldeten Gitterteile, endlich durch die in der Hauptsache in Blau, Rot und Gold behandelte Turmuhr. Auch im Innenraum herrscht Barock mit seiner Weiträumigkeit, Helligkeit und Reinlichkeit, wenngleich sich an den Eisengittem, Holzbrüstungen, Banklehnen und Stukkaturen auch moderne Gedanken einordnen.

Die lichte, hohe Halle des Männerschwimmbades mit der weiten, elliptischen Tonnendecke, den darein einschneidenden Stichkappen und der Ueberfülle des Lichtes, das von 3 Seiten sich in den Raum ergießt und durch die Wasserspiegelung sich auch den Wölbungen mitteilt, wird stets einen mächtigen Eindruck hinterlassen. Die Größe des Raumes wird durch keine zu detaillierten Einzelheiten beeinträchtigt. Dis Anlage des Raumes mit seiner großen Nische an der Schmalseite gemahnt Gmelin [1. c.J an kirchliche Bauten wie die Michaelskirche mit ihren Pfeilern nnd den dazwischen gespannten Gewölben, deren untere die Galerie tragen und deren obere in die Tonne einschneiden. Trotz des stark vorherrschenden Weiß fehlt es keineswegs an farbigen Wirkungen: die Bläue des Wassers ist durch blaue Fliesen im Boden und an den Wänden des Beckens gesteigert, wodurch namentlich die untern Gewölbeflächen durch die in sie gelangenden blauen Reflexe wirkungsvoll abgestimmt werden. Dunkler graugelber Kalkstein bildet den Beckenrand und den Sockel der Pfeiler und Wände. Die helle Färbung des Oberbaues wird maßvoll durch die Bemalung der Nische, durch die leichte Tönung der Brüstungen, die vergoldeten Lampenträger und die Rundgitter im Tonnenscheitel (durch die aus der Höhe ein feiner Sprühregen herabrieseln kann) sowie endlich durch die dunklen Auskleidezellen unterbrochen. Die färbige Behandlung dieser letztem, der sich auch die übrigen Holzteile anpassen, und die für die Wirkung des Ganzen von größter Bedeutung ist, ist besonders glücklich gelungen. Entsprechend der dunklen Terrakottafarbe des Fliesenbodens und der daraufliegenden, dunkelgelben Kokoslaüfer haben auch diese Kabinen als Grundfarbe ein dunkles stumpfes Kot mit gelbgrauer Ausschmückung erhalten; in Gclbgrau und Graugrün gemusterte Vorhänge, mit dunkelgelben Borten eingefaßt, schließen die Kabinen, deren Inneres ein appetitliches Hellgelb zeigt. In ähnlicher Gesamthaltung ist auch das Frauenschwimmbad; nur sind hier zur Abwechslung die Kabinen in Graugrün mit graugelber Auszierung gestrichen, während das Vorhangmuster das Kot des Fliesenbodens mit dem Grün des Holztones vereinigt.

Einen wesentlich andern Charakter trägt das Warmbad, an das sich unmittelbar das Dampfbad und das römischirische Bad anschließen. Die hier eintretende Entwicklung reichlicher Wasserdämpfe zwingen zu besonders solider Ausstattung. Der Hauptraum ist der Douche- und Bassinraum, der von den Massageräumen aus betreten wird; in der Mitte ist das kreisrunde lauwarme Becken, ringsherum die verschiedenen Duschen; dabei sind die Wände 4 m hoch mit polierten, bräunlich gelben Jurakalksteinplatten belegt, darüber— bis zur Kuppelwölbung — glatter Stuckmarmor. Die zugehörigen Auskleide- und Ruheräume befinden sich in einem langen, niedrigen Kaum, so recht geschaffen zu beschaulicher Ruhe nach den Strapazen der Dampf- und Heißluftbäder.

Für die Beheizung und den Betrieb wird aller Dampf aus dem nahen Muffatwerk abgegeben; die 30 Sekundenliter ergiebige Hofbrunnenleitung deckt den Wasserbedarf; für Entwässerung sorgt ein unter dem Bad hinziehender Kanal. [Gmelin in KH 01/20; SB 96, 15].


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