Stadtportal zur Münchner Stadtgeschichte
Franziska zu Reventlow prägte die Münchner Moderne auf eine Weise, die kaum in akademischen Begriffen zu fassen ist. Sie war kein Mitglied im engeren Sinne, sondern eine Art Seismograph des Schwabinger Lebensgefühls. In den Salons und Künstlerkreisen Münchens galt sie als „Gräfin von Schwabing“ – ein Spitzname, der zugleich Zuneigung und Skepsis enthielt.
Während viele Männer des „Kosmischen Kreises“ um Alfred Schuler, Ludwig Klages oder Karl Wolfskehl ihre Visionen von Kunst, Religion und Philosophie diskutierten, brachte Reventlow eine ganz eigene, weibliche Perspektive ein. Sie beobachtete das Treiben mit spitzer Ironie und machte daraus Literatur, die zugleich Spiegel und Kommentar war. Besonders ihre Romane „Herrn Dames Aufzeichnungen“ und „Der Geldkomplex“ entlarven das Bohème-Milieu: voller Sehnsucht nach Freiheit, aber auch durchsetzt von Eitelkeit, Ideologien und finanzieller Abhängigkeit.
Reventlow lebte, was andere nur theoretisch forderten: ein unkonventionelles Frauenleben, geprägt von wechselnden Lieben, Alleinerzieherschaft und ökonomischer Unsicherheit. Damit wurde sie für viele Frauen ein Symbol, dass ein anderes Leben möglich sein könnte – auch wenn der Preis hoch war.
In München verband sie die intellektuelle Welt mit der sinnlichen Erfahrung. Ihre Wohnung war Treffpunkt, ihre Person Projektionsfläche. Für die Moderne war sie weniger eine systematische Denkerin, als vielmehr eine lebendige Provokation: eine, die Konventionen sprengte und damit Räume für andere öffnete.
Quelle: Wikipedia