Münchner Personenverzeichnis

Geboren 8.7.1878 [ Neustadt an der Weinstraße]
Gestorben 14.9.1945 [ Neustadt an der Weinstraße]
Beruf Paläontologe  Geologe  Naturphilosoph  
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Dacqué kam 1897 nach München, um dort Paläontologie und historische Geologie zu studieren. 1903 wurde er bei Karl Alfred von Zittel promoviert und 1914 als (außerordentlicher) Professor für Paläontologie an die Ludwig-Maximilians-Universität München berufen. In dieser Funktion übernahm er zudem die Leitung der Paläontologischen Sammlung des bayerischen Staates.

Dacqués Werk lässt sich in zwei Perioden untergliedern: eine erste rein naturwissenschaftliche und eine zweite (ab 1924), in der er sich auch naturphilosophisch-metaphysischen und religionsphilosophischen Fragen zuwendete.

Die Schwerpunkte seiner wissenschaftlichen Tätigkeit in der ersten Periode waren die Paläontologie der Wirbellosen und die Paläogeographie.[2] Der hypothetische Südkontinent Gondwana leuchtete ihm auf Grund der Verbreitung wichtiger Pflanzen- und Tiergruppen (fossil und rezent) besonders ein. Da die 1915 von Alfred Wegener publizierte Kontinentaldrift-Hypothese noch wenig bekannt war und nicht plausibel erschien, nahm Dacqué entsprechend der herrschenden Landbrücken-Hypothese den Einsturz riesiger Landbrücken (etwa zwischen Afrika, Indien und Australien) im Erdmittelalter an.

Die evolutionstheoretischen Ansätze Lamarcks und Darwins betrachtete Dacqué als einseitig und ergänzungsbedürftig. Er ergänzte sie daher, indem er die Idealistische Morphologie des frühen 19. Jahrhunderts aufgriff und eine „Metaphysik des Stammbaums“ konzipierte. Die Idealistische Morphologie war eine von Johann Wolfgang von Goethe entwickelte Methode, mit welcher dieser die ersten Grundlagen der vergleichenden Morphologie legte.[3][4] Sie führte die Ähnlichkeiten der Organismen auf einen ideellen „Typus“ zurück. In Dacqués evolutionstheoretischen Entwürfen ging es vor allem um die Abstammung des Menschen und um seine Stellung in der Natur. Er betrachtete den Menschen teleologisch zugleich als Urform und als Ziel der Evolution. Die gesamte Evolution des Lebens deutete er als „Offenbarung der Entelechie des Menschen“. „In aller naturhistorischen organischen Entwicklung liegt der Mensch – grundsätzlich und von Anfang an.“

Dacqués Religionsphilosophie handelte vom Abfall des Menschen von Gott und seiner Erlösung durch Christus. Darin finden sich Einflüsse des Mystikers Jakob Böhme und der Philosophen Arthur Schopenhauer und Friedrich Wilhelm Schelling. Entsprechend der Bedeutung, die er dem Menschen für die ganze Natur zuschrieb, betrachtete Dacqué die Evolution allen Lebens als „Wille zur dämonischen Selbstverwirklichung“, als einen entweihten Zustand, der nach der Erlösung durch die „sich selbst entäußernde[n] Liebe Gottes“ verlange.

Dacqués Vergleichende biologische Formenkunde der fossilen niederen Tiere (1921) gilt als einer der bedeutendsten Beiträge zur vergleichenden Anatomie fossiler Tiere.[6] Sein typologischer Ansatz beeinflusste etwa Adolf Remane und Otto Schindewolf in hohem Maße.[6] Daneben verfasste er einige der erfolgreichsten populären Darstellungen der Naturgeschichte seiner Zeit.

Seine metaphysischen Ansichten wurden in der Wissenschaft allgemein abgelehnt.[2] Eine bedeutende Resonanz fand er jedoch bei Thomas Mann, der im Vorspiel seines Romans „Joseph und seine Brüder“ (1933) Dacqués Ideen aufgriff und schon 1929 in einem Vortrag klar für dessen Anliegen Stellung bezogen hatte.

Edgar Dacqué wurde noch im Gründungsjahr 1912 Mitglied der Paläontologischen Gesellschaft.

Quelle: Wikipedia