Münchner Personenverzeichnis

Johann Christoph Gatterer

Geboren 13.7.1727 [Lichtenau bei Nürnberg]
Gestorben 5.4.1799 [Göttingen]
Beruf Historiker, Diplomat
Bavarikon Wikipedia
Gatterer
Johann Christoph Gatterer
Bildrechte: Mark Nikolaus von Nathusius, Johann Christoph Gatterer, portrait, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons

Johann Christoph Gatterer war ein deutscher Historiker und Diplomatiker in der Zeit der Aufklärung.

Gatterer wurde als Sohn des Ehepaares Melchior und Gertraut Gatterer geboren. Sein Vater war bei seiner Geburt Wagenknecht in der Nürnberger Militärgarnison Lichtenau. Als Kind zog Gatterer mit seinen Eltern nach Nürnberg, wo der Vater als Gefreiter der dortigen Stadtmiliz seine Familie nur mit Mühe ernähren konnte. Obwohl Gatterers Vater selbst Analphabet war, ermöglichte er seinem Sohn den Besuch einer Nürnberger Lateinschule. Bereits mit 13 Jahren erteilte er selber Nachhilfeunterricht, unter anderem in Latein und Griechisch, kurz darauf auch in Hebräisch.[3] Bereits in seiner Schulzeit beschäftigte Gatterer sich vermutlich mit den genealogischen und heraldischen Abhandlungen Johann David Köhlers (1684–1755),[4] der ab 1714 Professor für Geschichte in Altdorf und ab 1735 in Göttingen war. Köhler sollte später eine Mentorenfunktion für Gatterer übernehmen. Nach einer Tätigkeit als Kalfaktor an der Lorenzer Schule in Nürnberg (an der sein früherer Lehrer Jungendres Rektor war) wechselte er zum Auditorium Publicum, um sich dort auf das Universitätsstudium vorbereiten zu können.

Ab 1747 studierte er in Altdorf bei Nürnberg Theologie, Orientalistik, Philosophie und Mathematik und wurde 1752 Lehrer der Geographie und Historie am Gymnasium in Nürnberg, 1756 zusätzlich Professor der Reichsgeschichte und Diplomatik am dortigen Auditorium Aegidianum. 1759 folgte er einem Ruf[5] als Professor der Geschichte nach Göttingen, gründete 1764 die „Historische Akademie“, seit 1766 „Historisches Institut“, vor allem zur Edition mittelalterlicher Geschichtsquellen, und war maßgeblich an der Herausgabe wissenschaftlicher Zeitschriften beteiligt. 1776 wurde er zum ordentlichen Mitglied der Göttinger Akademie der Wissenschaften gewählt.

Gatterer etablierte an der Göttinger Universität die Historischen Hilfswissenschaften (die bis heute die Disziplinen Chronologie, Diplomatik, Genealogie, Geographie, Heraldik und Numismatik umfassen). Vor allem bei den Disziplinen Genealogie und Diplomatik setzte er wesentliche Standards für die deutschen Universitäten und verfasste zahlreiche grundlegende Werke über einzelne Disziplinen sowie historische Abrisse. Für Gatterer waren diese Hilfswissenschaften keine untergeordneten Nebenfächer, sondern die Grundlage, auf der sich die historische Wissenschaft aufbaut und ohne die keine ernsthafte Geschichtsforschung betrieben werden kann. Wie für die Historische Wissenschaft selbst forderte er auch für die hilfswissenschaftlichen Disziplinen die Anwendung der Quellenangabe, Beweisführung und Kritik.[7] Die „genealogische Wahrheit“ ist das höchste Ziel – daran hat sich bis heute nichts geändert. Zu seinen pädagogischen Neuerungen gehörte, dass er die Hilfswissenschaften nicht mehr nur als zu erlernendes Regelwerk vermittelte, sondern in typisch aufklärerischer Manier die Anschauung in den akademischen Unterricht einbrachte und seine Lehre stets an Originalen und Kupferstichen von Handschriften und Urkunden erläuterte. Diese Neuerungen wurden durch Gatterer-Schüler wie Friedrich Mereau, Gregor Gruber und Martin Schwartner auch in Österreich und Ungarn zum akademischen Standard. Gatterers didaktische Sammlung, der Gatterer-Apparat, war im späten 18. Jahrhundert berühmt und wurde zum Vorbild für ähnliche Sammlungen. Er liegt heute im Landesarchiv in Speyer.[8] So erwarb Gatterer sich erhebliche Verdienste um die Universalgeschichte und die Historischen Hilfswissenschaften.

Quelle: Wikipedia