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Ludwig II. und seine Schlösser

Die Welt des Bayerischen Märchenkönigs

Titel Ludwig II. und seine Schlösser
Untertitel Die Welt des Bayerischen Märchenkönigs
Autor:in Petzet MichaelNeumeister Werner
Verlag Prestel Verlag
Erscheinung 1995
Seiten 192
ISBN/B3Kat 3791314718
Kategorie König Ludwig II. 
Suchbegriff König Ludwig II. 
Regierungsbezirk Oberbayern

Paul Verlaine hat Ludwig II., der sich weigerte, ein „Bürgerkönig“ zu sein, in einem 1886, anläßlich der Nachricht von seinem ganz Europa erschütternden Tbd, geschriebenen Sonett den »einzigen wahren König des Jahrhunderts« genannt. Heute erscheint Ludwig Ii. als der Inbegriff der letzten glanzvollen Epoche bayerischer Geschichte, in der langen Reihe seiner Vorfahren aus dem Haus Wittelsbach als einer der größten Bauherrn und zugleich der bedeutendste Theaterfürst, dessen Bauten durch die Wechselbeziehungen zum Theater - von Neuschwanstein zu den Opern Richard Wagners, von Linderhof, Herrenchiemsee und den >orien-talischen< Bauten zu den berühmten Münchner >Separatvorstellungen< - ihre besondere Note erhalten. Die auf der Bühne des Hoftheaters erzielte Illusion aber ließ sich im Rahmen der gebauten >Kulissen« der vom König im allgemeinen bei Nacht erlebten Schlösser gelegentlich nur mit Hilfe einer vom Theater übernommenen Beleuchtungstechnik steigern. In diesem Sinn wird auch >Die Welt des bayerischen Märchenkönigs< in den umfassenden Farb-Pho-toserien des bekannten Münchner Photographen Werner Neumeister dargestellt.

Denn hier, im Sängersaal von Neuschwan-stein oder in der Spiegelgalerie von Herrenchiemsee, in der Venusgrotte von Linderhof und in all den anderen nach seinen Vorstellungen vollendeten oder nur geplanten Schauplätzen wird der >einsame König«, der sich mehr und mehr von der Welt zurückzog, gewissermaßen als sein eigener Regisseur, als Zuschauer und Hauptdarsteller zugleich faßbar: ein keinen Widerspruch duldender Regisseur, der immer wieder neue, mit bestimmten historischen Persönlichkeiten und Gegebenheiten verbundene Schauplätze in Szene zu setzen befahl, ein im Grunde nie befriedigter Zuschauer, der immer wieder neue Schauplätze erleben wollte, ein Hauptdarsteller, der in immer neuer Kostümierung auftreten konnte - Ludwig als Lohengrin, Siegfried, Parsifal, Ludwig als Louis xiv. oder Louis XV., Ludwig als Oberon.

Diese verschiedenen >Rollen« des Königs aber spielen in drei völlig verschiedenen Welten. Die vom Schwan, dem Lieblingstier des Königs, beherrschte >mittelalterliche« Welt kommt aus der Welt der Wagnerschen Oper. Daneben steht scheinbar unvereinbar die im Zeichen der Sonne, dem Symbol des Sonnenkönigs, und der Lilie stehende Welt der Bourbonen und die Welt des >Orients«. Unter dem Gesichtspunkt dieser drei, das Weltbild des Königs bestimmten Stoffkreise, die sieh auch mit den Überschriften >Gral«, >Sonne< und >Mond< umschreiben lassen, sind alle künstlerischen Unternehmungen des Königs zu sehen: im Zeichen des Grals >mittelalterliche < Burgen wie Neuschwanstein; im Zeichen der Sonne Bauten im Stil des Spätbarock und Rokoko wie die > Königliche Villa« Linderhof und Herrenchiemsee, das neue >Versailles«; im Zeichen des Mondes Bauten im orientalischen Stil wie die >Berghütte« auf dem Schachen und der Maurische Kiosk von Linderhof.

Michael Petzet, seit 1974 Bayerischer Generalkonservator, ist es zuerst 1968 mit seiner weltweit beachteten Ausstellung »König Ludwig II. und die Kunst« in der Münchner Residenz gelungen, die lange Zeit völlig verkannten Schöpfungen des Königs als Höhepunkte eines internationalen Historismus zu rehabilitieren. Auch in diesem Buch stellt Petzet, ausgehend von der in vieler Hinsicht grundlegenden Begegnung des jungen Königs mit dem Werk Richard Wagners, die Königsschlösser in den weiteren Rahmen der zum Tbil durch unbekannte Bild- und Schriftquellen illustrierten künstlerischen Bestrebungen Ludwigs Ii., der nach den Enttäuschungen der ersten Regierungsjahre am Beruf eines Monarchen in einer bürgerlichen Welt verzweifelte und letztlich darüber zugrunde gegangen ist, daß er die seinem vielschichtigen Weltbild entsprechende Bühne seines einsamen Lebens immer wieder neu gestalten wollte.