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Veit Stoß

Titel Veit Stoß
Autor:in Goldner Johannes
Verlag Pannonia Verlag
Buchart Broschüre
Erscheinung 1990
Seiten 48
ISBN/B3Kat 3789701408
Kategorie Kunstführer 
Serie Pannonia (140)
Personen Stoß Veit 

Veit Stoß beschloß mit einem einzigartigen und unübertroffenen Schnitzwerk - dem »Englischen Gruß« im Chorraum der Lorenzkirche zu Nürnberg - das künstlerische Schaffen des Spätmittelalters in der Reichsstadt. Sem Alterswerk wuchs hier in der Kunstmetropole, im Schnittpunkt zwischen Nord und Süd sowie in der europäischen Mitte zwischen Ost und West, zur letzten kostbaren Frucht am üppig grünenden Baum der deutschen Spätgotik heran. Holdes, überirdisches Entrücktsein und schwermütiger Ernst umgeben seine heiligen Gestalten. Die seelische Empfindsamkeit seiner Christus-, Marien-, Engels- und Heiligenfiguren entsprach ganz der Empfindlichkeit ihrer plastischen Form, körperlichen Linie, vertiefenden Verfaltung. Die Mimik der Gesichter, die Gestik der Hände, die Anordnung der Gewänder und die symbolische Aussage der Attribute wurden so zu Trägern der künstlerischen Ausdrucksmöglichkeit und einer genialen Meisterschaft, und sie künden gleichzeitig von einer unbegreiflichen »Beseelung« des Materials. Die scheinbare Aufhebung der Grenze zwischen Kunstwerk und Wirklichkeit sollte die Naturnähe bezeugen. Veit Stoß bewies über seine handwerklichen Fähigkeiten und Fertigkeiten des Schnitzens hinaus ein außerordentliches Einfühlungsvermögen für die zarte farbige Behandlung seiner Darstellungen. In seiner Aussage wurde er nie zu kräftig, er stufte die Farbtöne bedächtig ab. Bescheiden und zurückhaltend verband er stets seine Doppelbegabung als Holzbildhauer sowie Faß- und Tafelmaler. Sein Frühwerk -eine Reihe ihm zugeschriebener Heiligenfiguren im Umfeld von Nürnberg - gehören dem mittelalterlichen Stil der Hochgotik an, während sein Alterswerk der Spätgotik zuzurechnen ist. Der letzte Altar zählt bereits zum Manierismus am Beginn der Neuzeit. Sein erstes großes Debüt - zugleich auch seine umfangreichste Lebensaufgabe - war der gigantische Marienhochaltar in der Kirche zu Unserer Lieben Frau der deutschen Gemeinde in Krakau. Für den Betrachter der Gegenwart bleibt es ebenso rätselhaft und völlig unverständlich, wie es möglich war - gewissermaßen »aus dem Stand« - ein solch phantastisches Ensemble zu konzipieren. Dieser hohe Grad der Vollendung konnte niemals am Anfang einer noch so erfolgversprechenden Laufbahn stehen.