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Finanzverwaltung und Judenverfolgung

Die Entziehung jüdischen Vermögens in Bayern während der NS-Zeit

Titel Finanzverwaltung und Judenverfolgung
Untertitel Die Entziehung jüdischen Vermögens in Bayern während der NS-Zeit
Autor:in Kuller Christiane
Verlag C.H. Beck
Buchart Gebundene Ausgabe
Erscheinung Dezember 2008
Seiten 304
ISBN/B3Kat 3406107737 (978-3406107733) / BV035221689
Serie Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte (160)
Suchbegriff Finanzverwaltung Judenverfolgung 

Als im Herbst 1941 die ersten Deportationszüge aus bayerischen Städten in „den Osten“ fuhren, mussten die verschleppten Juden ihr gesamtes Hab und Gut zurücklassen, das der nationalsozialistische Staat umgehend enteignete. Diesen Raub, der im NS-Jargon den Decknamen „Aktion 3“ trug, führte die staatliche Finanzverwaltung durch. Finanzbeamte gingen in die Wohnungen, sichteten Möbel, Geschirr, Kleidung, Wäsche und Lebensmittel, aber auch Kunstwerke, Immobilien, Bankkonten und Wertpapiere. Diese und alle anderen Vermögenswerte der Deportierten wurden konfisziert und „verwertet“. Mit bürokratischer Konsequenz verwischte der Fiskus die letzten Spuren des bürgerlichen Lebens der Juden in Deutschland und leistete damit einen wichtigen Beitrag zur Vernichtungspolitik.

Viele haben von diesem staatlichen Plünderungszug profitiert, voran die Finanzbehörden selbst, die Millionenbeträge in die staatlichen Kassen leiteten und Gegenstände für den Eigenbedarf abzweigten. Zudem stellte die „Verwertung“ jüdischen Eigentums für Gutachter, Transportunternehmer, Versteigerer, Kunst- und Altwarenhändler ein einträgliches Geschäft dar. Nicht zuletzt sicherten sich aber auch ganz normale „Volksgenossen“ ihren Vorteil, wenn sie auf öffentlichen Versteigerungen Mangelgegenstände zu günstigsten Preisen erwarben.

Die „Aktion 3“ bildet den Höhepunkt einer Kette wirtschaftlicher Vcrfol-gungsmaßnahmen, mit denen Finanzbehörden seit 1933 auf das Vermögen der Juden Zugriffen. Die Studie erläutert die Entwicklung der gesetzlichen und institutionellen Rahmenbedingungen, richtet ihr Augenmerk jedoch vor allem auf die konkrete Verwaltungspraxis. Gestützt auf Unterlagen bayerischer Finanzbehörden, die für diese Untersuchung erstmals zugänglich gemacht wurden, zeigt die Studie, dass die beteiligten Finanzbeamten nicht nur Buchhalter einer in Gesetzesform gegossenen Unrechtspolitik waren. Sie nutzten vielmehr Handlungsspiclräumc, entfalteten Initiativen und fällten eigene Entscheidungen in rechtlichen Grauzonen. Das Vcrwaltungshandeln war ein eigener Wirkungsfaktor im Vcrfolgungsprozcss.