Veranstaltungen - Geschichte - Kunst & Denkmal
Titel | Mäuselmacher: oder die Imagination des Bösen |
Untertitel | Ein Hexenprozess 1715 - 1723 |
Autor:in | Beck Rainer |
Verlag | C.H. Beck |
Buchart | Gebundene Ausgabe |
Erscheinung | Februar 2012 |
Seiten | 1008 |
ISBN/B3Kat | 3406621872 (978-3406621871) / BV039885397 | Verkaufspreis | 49,95 € |
Umgebungssuche | Finde Bücher aus der Umgebung |
Ort | Freising |
Von 1715 bis 1723 fand in der Bischofsstadt Freising einer der letzten deutschen Hexenprozesse statt. Bettelnde Kinder waren in den Verdacht geraten, Mäuse gezaubert zu haben. Wie ihre Vernehmung und eine langwierige Untersuchung ergaben, sollen sie Gott abgeschworen und sich dem Bösen verschrieben haben. Die meisten von ihnen wurden exekutiert.
In ihrem Ringen ums Überleben berichten die Vernommenen von seltsamen dämonischen Erlebnissen und Taten. Wie in einem Vexierspiel vermengen ihre Geständnisse Realität und Imagination zu einer irritierenden Wirklichkeit. Doch dieser undurchsichtige Entwurf läßt sich entwirren und in seiner Doppelbödigkeit zeigen. Was Hexerei war oder bedeutete, erscheint somit in einem veränderten Licht, sobald man die Geständnisse angeblicher Hexen oder Hexer einer sorgfältigen Analyse unterzieht.
Rainer Beck, der durch seine klassische Studie über Unterfinning bekannt geworden ist, führt die Leser in diesem Buch Schritt für Schritt in bizarre Vorstellungswelten der Vormoderne ein und legt am Beispiel des Freisinger Hexenprozesses eine Kulturgeschichte der konfessionellen Gesellschaft am Vorabend der Aufklärung vor.
Einleitung
TEIL 1 DER PROZESS 1715-1717
I «Freising»: Skizze einer Macht und eines soziokulturellen Milieus
1. Freising - die Residenzstadt
2. «Grosse Gnade wäre unter ihnen allen ...» Konfessionalismus, Caritas und der Körper der Stad
II Zur Entwicklung eines Prozesses: Gelehrte Deutungsmuster und vermeintlich banale Realitäten
3. Geschwätz oder Ereignis?
«Gefährliche Diskurse» vor den Toren der Stadt
4. Eine Art Epidemie?
Phänomenologie und Epistemologie des Mäusemachens
5. Der «Trudenfanger» und sein Begleiter.
Personalien und Bekanntschaften
6. Realität als Normalität:
Vagierende Kinder, gesellige Kontakte und soziale Infrastruktur
7. Realität paranormal - oder ein Blick hinter die Oberfläche der Dinge?
Irritierende Bekenntnisse im Zuge der ersten Vernehmung
8. Exkurs:
Zur Physik und Metaphysik von Träumen
III Erste Analyse: Anomalien, Befunde der Zeitgenossen und Reinterpretation der Befunde
9. Tumult und Schreie.
Moderne Pathologie und traditionelle Gespenster
10. Zur eines Bettelbuben:
Über einen Spitznamen sowie Reali tät und Mythologie von Truden und blutsaugenden Hexen
11. Zwischen Realität und Fiktion. Verkanntes Bestiarium:
Dämonen und Schreckgestalten der Frühneuzeit
12. Positivität des Rechts -
oder erstes Resümee der Freisinger Untersuchungsrichter und Ausweitung des Verfahrens
IV Hexeninquisition und Prozessgeschehen
13. Mäuse, groteske Männchen. Erkenntnisfortschritte:
Epiphanien des Bösen und innerer Kontext der Phänomen
14. Der Teufel zu Besuch im Gefängnis.
Gewöhnliche Außergewöhnlichkeit und die Logik der Beziehung zwischen Richter und Satan
15. Gerichtliche Sorgfalt und ein Traum, der kein Traum war.
Täuschung, Naivität oder ?
16. Zwielichtige Bären, zwielichtige Tänze.
Zur Multiplikation der Geständnisse der Verhörten
17. Die anderen und der Eiermarder.
Geständige, Verdächtige und dämonologische Logik
18. Untersuchungserfolge:
Was war in «Vötting» passiert? Alle gestehen sie nun!
V Geständnisse, der und das Selbstverständnis der vormodernen Gerechtigkeit
19. Text und Panik - das Objekt Inquisit
20. Nur die Wahrheit ist Zweck und Ziel.
Über die Lügen der Inquisiten 200
21. Man denke nicht nur an das Diesseits:
Der gute und der böse «Schächer»
22. Das Recht der Gerechtigkeit und das Unrecht verdächtiger Individuen
23. Sigmund Freiherr von Lampfritzheim -
Plausibilität, Legalität und Vorgehen des Freisinger Untersuchungsgerichts
VI Überprüfung und Paradoxien: Textkritik und Textanalyse im Rahmen einer Veranstaltung besonderer Art
24. Ist alles eine "Frage der Suggestion?
Vernehmung, Intervention und Verschriftlichung
25. Agonale Veranstaltung und paradoxe Verteidigung -
Schwierigkeiten des Sinnverstehens und der Textanalyse
26. Authentische Berichte?
Andres Mäuse und die Komposition der Narrative
27. «Vöttinger Tanz».
Erzählerische Bricolage; wahre oder synthetische Wirklichkeit?
VII Realitäten des Irrealen. Über das schwierige Verhältnis von Wahrheit und Unwahrheit:
Taten die Inquisiten, was sie vorgeblich taten?
28. Reden versus Schweigen: Ein verärgerter Richter
29. Pseudozauberer und heimliche Apostaten?
30. Ritual und Aritirituäl. Die Blasphemiker von Hörgersdorf
31. «Andre».Teufelsbild und eines Elfjährigen
VIII Schwebezustand, Verzweiflung und Abschluss eines schwer zum Abschluss zu bringenden Verfahrens
32. Die Verzweiflung der Inhaftierten und das nahende Ende
33. Schwarze Listen und Trugbilder des Bösen.
Der Prozess wird «geschlossen»
34. Kinderhexen und -Zauberer. Hintergründe:
Wolfgang Schilling oder die Idee der Verdorbenheit unmündiger Kinder
35. Eine Reinigung des städtischen Körpers?
Rechtsgutachten des Bannrichters und Freisinger Urteilsspruch
Teil 2 DER PROZESS 1721-1723
IX Veit Adlwart
36. Resozialisation um 1720
37. Wieder in Ketten:
Die Rechtfertigungsversuche Veit Adlwarts
38. Der Franziskaner-Guardian und die Lüge als Omeri
X War die Sünde oder war der Teufel zuerst? Seelsorgerhetorik und klerikale Anthropologie
39. Sünden, Gottes Zorn und der Böse der Pastoraltheologie
40. Die Andacht zum hl. Schutzengel:
Meditationen zu den Gräueln der Sünde
41. Christliche Anthropologie:
Ein schwarzer neben dem weißen Engel
XI Die Erscheinungsformen des «Bösen» (1).
Neue Geständnisse und Expansion des Verfahrens
42. Geständnis und Zerknirschung:
«Der Teufel setzte ihm nit aus ...»
43. Jagdausflüge und der Böse als Arbeitstier.
Neue Festnahmen und neue Bekenntnisse
44. «Schutzteufel» statt «-engel»:
Überlistete Teufel und persönliche Helfer
XII Kommunikation über Bande.
Besessenheit, Umsessenheit und der Böse im Verhörlokal
45. Trianguläre Kommunikation.
Exorzismen und der Böse im Verhörlokal
46. Besessenheit in der katholischen Kultur des 17. und 18. Jahrhunderts
47. Gradationen eines Geschehens: Besessene oder Umsessene?
48. Ist ein Pakt kündbar?
Reuige Zauberer und teuflische Performance
49. Ritualanalyse:
Zur Sprache und Funktion des sprechenden Teufels
XIII Die Erscheinungsformen des «Bösen» (2).
Abscheuliche Verbrechen und Anerkennung der Schuld
50. Sakrileg und Maleficium - das Design der infrage stehenden Verbrechen
51. Dr. Faust und der Kollaps der Unschuld -
Kommunikation hinter den Kulissen oder der Böse als Strafverteidiger
XIV Der Teufel ein Hanswurst? Frömmigkeit, Komik und Lachkultur
52. Geständnisbilder und Bühnenbilder.
Der Böse als «Kilian» oder als König
53. Geschmack, Zauberei und Theaterpolemik:
Paolo Segneri und die Verwerflichkeit der Komödie
54. «Er lache nicht!»
Kultur der Devoten und Kultur des Gelächters?
XV Wunderzeichen. Die Marter der allerheiligsten Hostie
55. Gegenschnitt: Sakrilegische Taten - das «Blutwunder» unter der Freisinger Isarbrücke
56. Der Leib des Herrn und die Juden von Deggendorf
57. Topos oder Wirklichkeit? Der «Hostienfrevel» der Freisinger Inquisiten
XVI Glocken versus Blitze.
Virtualität und Psychologie des Schadenzaubers
58. Obligater Schadenzauber - zwischen Abwehr, Ablenkung und Anerkennung
59. Perverse Verbeugungen und Kanoniere der Lüfte
60. Antisoziale Praktiken?
Magie und Emotion - zeitgenössische Sozialpsychologie
61. Wetterhexen, Wettermacher und Kindermagie
XVII Unschuldige Inquisiten?
September 21: Versuchte Umkehr und unüberzeugende Unschuld
62. Der «Bindermathl» in Weiß: die Kehrtwende der-Verhafte ten
63. «NatürlicheFarben».
Revokationen der Revokation
XVIII Realität und Fiktion (1).
Zaubergeständnisse und magische Narrative
64. War alles nur ein Spiel gewesen?
65. «Blutunterschriften».
Dirty play oder subtile Verwirrung?
66. Zauberphantasien.
Magisches Weltbild oder.Magie als Fiktion?
67. Soziale Interaktion und teuflische Lösung
68. Zaubererzählungen als zweite Realität und Bekenntnissessource
XIX Realität und Fiktion (2).
Teufelsgeständnisse, Sexualität und Moral
69. Das Janusgesicht des «Bösen».
Moralische Inkonvenienz und soziales Milieu
70. «Mathias Widman».
Probleme der Edukation und christkatholische Erziehungs ideale
71. Empfehlungen eines «Fänckherl»:
Peergroups, Flüche und Männlichkeit
72. Teufelsbuhlschaft.
Des Zieglerhiesls «Menscher» und ein diabolisches «Stieren»
73. Gleitende Begierden: das Beispiel Adlwart
74. «Epicuräer» und ein Böser als Hermaphrodit?
XX Gröbmers Ende
75. Adlwarts Tod und Gröbmers nahendes Ende
76. Zeit der Beichtväter? Georg Maiers Bekenntnis
77. Bosheit und Todesfurcht.
Die Wahrheit des Gerichts und die Wahrheit der Beichte
XXI Widmans Leid oder Widmans Glück?
1722/23: der Prozess im zweiten Jahr
78. Fortsetzung oder Neubeginn?
Das Verfahren ini«Konfusion»
79. Onan oder der widernatürliche Sex in der Vormoderne
80. Sodom in Freising?
81. Wahrheit und Gewalt. Bemerkungen zur Tortur
82. Spielregeln der Folter.
Redeweisen, Sprachspiele und erfolterte Fakten
83. Kollabierende Wahrheit?
Mathias Widman und des Bannrichters Intervention
XXII Krise der Wahrheit oder Erosion der Beweise?
84. Richterlicher Argwohn und neuerlich unschuldige Inquisiten
85. War alles ein Irrtum gewesen?
Beobachtungen zu den Beobachtungen der Strafverfolger
86. Funktionär und System.
Wirklichkeitsverkennung und ein Buhlteufel als Code
XXIII Überstandene Krise-ein verschleiertes Scheitern?
87. Obrigkeitlicher Habitus und Prozesse der Inklusion und der Exklusion
88. Besserung und Verbannung
89. «Und sollte das ganze Bistum draufgehen ...»
Korbiniansfest und Jubeloktav - eine Erfolgsbilanz
Anhang
1 Karten- und Abbildungsverzeichnis
2 Archiv- und Quellenverzeichnis
3 Literaturverzeichnis
4 Anmerkungen