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An das werktätige Volk Bayerns!

Historische Ansicht: An das werktätige Volk Bayerns!

Original


Titel An das werktätige Volk Bayerns!
Ort München
Lat/Lng 0 - 0
Kategorie Plakat Revolution 1918/19
Suchbegriff Plakat
Bildart Plakat

An das werktätige Volk Bayerns! Bayern ist Räterepublik!

Tolle Gerüchte werden von denen in die Welt gesetzt, welche ihre Interessen schädigen wollen. In München ist alles ruhig. Kein Schuß ist gefallen. Arbeiter, Bauern, Handwerker, das schaffende Volk hat sich für die Räterepublik erklärt.

Was ist der Unterschied zwischen den Räten und dem Landtag?

Die Volksvertreter, welche ehemals von euch in den Landtag gewählt wurden, waren von Parteien und Parteienvereinen aufgestellt. Die Partei, welche das meiste Geld hatte, konnte die meiste Reklame machen und gewann den Kampf. So kam es, daß, obwohl das ganze Volk anderes dachte oder wenigstens fühlte, wichtige Entscheidungen zugunsten der Riesenvermögen und Riesengewinne getroffen wurden.

Die Räte der Unbezahlten wurden jeden Tag größer, das Elend in den Städten vermehrte sich, während die Preise für das Notwendigste und damit die Gewinne der Großkapitalisten ins Unendliche anwuchsen.

Jetzt aber will das Volk nicht mehr von Männern, welche die Geldherrschaft aufrecht erhalten wollen, regiert werden.

Die Riesengewinne des Krieges dürfen nicht mehr als eine Last auf Bauern und Arbeitern liegen!

Das werktätige Volk will selbst durch seine Räte Ordnung schaffen. Alle Kreise des schaffenden Volkes, Bauern, Arbeiter, Handwerker, Kleinbeamte, wählen aus ihren Kreisen heraus die tüchtigsten Männer als ihre Vertreter in das Landtagsgebäude.

Es kann nicht mehr vorkommen, daß Männer, für jahrelang hinausgewählt, für das Volk Unheil stiften; denn die Wähler können jederzeit einen solchen Vertreter abberufen. Nur durch die Räte können die Tüchtigen mitarbeiten an der Neugestaltung des Staates zu unser aller Wohl.

Im Fragen der Landwirtschaft werden nur die Bauern mit dem Landwirtschaftsministerium, im Fragen der Handwerker nur diese selbst mit dem Ministerium für Handel und Industrie entscheiden. Niemand denkt daran, den Besitz der Bauern anzutasten und die Existenz der Handwerker zu gefährden.

Arbeiter, Handwerker, Beamte und Bauern, alle, die ihr Brot im Schweiße des Angesichtes verdienen müssen, haben nur einen einzigen Feind, nämlich diejenigen, welche den Krieg verschuldet und zum Unglück des ganzen Volkes geführt haben, die Großkapitalisten! Erst nach deren Niederkämpfung werden wir uns in einem neuen Gemeinwesen zusammenfinden.

Dann sind wir erst frei!
Dann wird uns nicht mehr gezwungen, uns gegenseitig zu bekämpfen in der Jagd nach dem Gelde.

Im Kriege hat uns der eigene und der feindliche Kapitalismus ausgepowert.
Ihr wollt es ja von den eigenen Landsleuten nicht mehr dulden!

Der Landwirt muß an seinem Pflug, der Schmied an seinem Ambos stehen, wenn das ganze Volk nicht darunter zu Schaden kommen soll.

Alles Misstrauen ist Mißverstehen!

Deswegen seid einig in der Räterepublik Bayern! Provisorischer revolutionärer Zentralrat

I. A.: Ernst Toller

Druck: Münchener Buchgewerbehaus M. Müller & Sohn.

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