Anatomie-Gebäude

Zauner - München in Kunst und Geschichte (1914)

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Anatomie-Gebäude, Schillerstraße 25 u. Pettenkoferstraße. 1905/07 erbaut von Max Littmann. Größtes  und besteingerichtetes Ana­tomiegebäude Deutschlands; zugleich der umfangreichste Eisen­nbetonbauseinerzeit: Das ganze Hauptgebäude ist ein einziges Stück Beton, ohne Verwendung eines Stückes Holz oder Mauerwerk. Die Ro­tunde des Mittelbaues mit ihrer flachen, kupfergedeckten Kuppel — auch diese ist nur eine dünne Schale aus Eisenbeton — zeigt nur ruhige glatte Flächen im feinen Mattgrau des Betons und rechte Winkel; die kleinen Würfel der nachgeahmten Balkenköpfe unter dem Gesims sind der ein­zige Fassadenschmuck. Der höchst merkwürdige Grundriß ist das Ergebnis der Forderung: im Präpariersaal etwa 500 Studenten die Möglichkeit gleichzeitigen Arbeitens am Seziertisch und dem Dozenten einen Ueberblick über seine Schüler zu gewähren; daher im Grundriß halb kreisförmiger Saal mit 5 apsisartigen Ausbauten, deren jeder durch 8 riesige Fenster und zudem noch durch Oberlicht beleuchtet wird. Dem Mittelbau gegen­über liegt nach Süden der halbkreisförmige anatomische Hörsaal mit seinem Amphitheater für 350 Studenten. Haupteingang an der Pettenkoferstraße durch ein wuchtiges Muschelkalkportal mit Kupfertüren; darüber das Wappen der Wissenschaft. Im einfachen, düsterernsten Vestibül 3 hohe Fenster mit eigentümlicher Verglasung, die oben leuchtend blau ist und sich nach unten in lichtwarmen Tönen abschattiert. Am Fuß der Treppe eine Sphinx aus dunklem Syenit. Ueber einer Türe das Relief Schwan­thalers (aus der alten Anatomie): Der Kampf des Menschen mit den rätselhaften Mächten des Unheils. Im Untergeschoß die öffentliche Schausammlung; desgleichen gewaltige Keller, wo die Leichen in riesigen Fayencewannen liegen, durch Metalldeckel, die in Oelrinnen ruhen, luftdicht verschlossen; ferner Kühlkeller mit Kältemaschinen zur Konservierung der Leichenstücke [SB ],

Zauner - München in Kunst und Geschichte (1914)