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Münchener Stadtbuch

Otto Krondorfer, herzoglicher Rath. 1295.

zu Streitigkeiten mit der Wittwe Herzogin Mechtilde, der Mutter der beiden Herzoge, welche nicht nur auf Mitvormundschaft, sondern auch auf Mitregierung im Namen ihres minderjährigen Sohnes Ludwig, des nachmaligen Kaisers, Anspruch machte. Allein vergebens waren ihre Einreden; sie erhielt nur den Genuß eines kleinen Striches des Landes von Oberbayern mit den Städten Ingolstadt, Neuburg und Höchstädt an der Donau, und wurde ihr die Erziehung der jungen Ludwig überlassen. Den brachte sie nun nach Wien an den Hof ihres Bruders Albrecht; denn damals blühten in Wien Künste und Wissenschaften, und der Hof daselbst stand im Ruhme der Pracht und der seinen Sitte. Daselbst wurde der junge Ludwig mit den beiden schönen und hoffnungsvollen Söhnen Herzog Albrechts, den Prinzen Friedrich und Leopold, seinen nachmaligen Gegnern, als er Kaiser ward, erzogen. Frau Herzogin Mechtilde aber wohnte unterdessen in Ingolstadt.

Aber die Zwistigkeiten der Frau Wittwe Mechtilde mit ihrem älteren Sohne, dem Herzoge Rudolph, währten fort, denn ein Mann, der Herzoges Günstling, hatte sich zwischen die Herzen der Mutter und des Sohnes gestellt. Dieser Mann hieß Otto Krondorfer.

Aus dem niedrigsten Stande geboren, hatte er durch Schlauheit und Geschicklichkeit, durch einschmeichelndes Wesen und Heuchelei sich schon unter Ludwig dem Strengen am Hofe empor zu schwingen gewußt. Er stieg nach und nach auf zum ersten geheimen Rathe des Herzoges und endlich zur Würde eines Hofmeisters, was damals gleichbedeutend war mit der Stellung eines Ministers. Noch

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