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Münchener Stadtbuch

XLVI. Münchener Sagen

8. Dr. Luther in München.

Der Reformator Dr. Martin Luther erschien im Oktober 1518 zu Augsburg, um seine Sache daselbst vor Kaiser und Reich zu vertheidigen. Allein, obgleich er sicheres Geleit vom Kaiser erhalten hatte, glaubten er und seine Freunde gerechte Besorgniß für seine Sicherheit hegen mussen; heimlich entfloh er daher nach einigen Tagen mit Hilfe des bösen Feindes unter der Gestalt des „Langenmantels" nach Mitternacht durch ein kleines Pförtchen aus Augsburg, und auf feuerschnaubenden Rosien führte der Langenmantel ihn mit Windeseile nach den gastlichen Schlössern der befreundeten Freiberger und Schwangauer auf Hohenschwangau.

Auf dieser Flucht soll er, einer alten Sage nach, nach München gekommen sein, woselbst er beim Koche in der Hölle in der Sendlingergasse einkehrte, eine Wurst aß und einen Trunk Bier that. Allein sein Begleiter befürchtete auch hier Gefahr, so daß er sich schnell wieder fortflüchtete, in der Eile aber die genossene Wurst zu bezahlen vergaß. Wird sie wohl auch bis heute noch schuldig geblieben sein. Das Haus des Koches in der Hölle wurde noch bis in die neuere Zeit gezeigt. Der Pöbelwitz aber ließ Luthern auf unzähligen Bildern mit der Bratwurst auf einer Sau davon galoppiren.

Einer weiteren Sage nach soll Katharina von Bora, Luthers nachherige Gattin, eine Zeitlang als Nonne in dem Klarissinenkloster auf dem Anger gelebt haben.
 

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