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München in guter alter Zeit

Siebentes Kapitel - Vor den Thoren der Stadt

zerfallenen Grottenwerken (Rocailles) und gehörte ursprünglich zum Hofgarten. Wahrscheinlich wurden daselbst Rocailles-Arbeiten gefertigt. Eine kaiserliche Administration-Resolution vom Jahre 1712 erlaubte einen Rokelier (Rocaillieur), Georg Hoert, am Fuße des auf der Schanze stehenden, weithin sichtbaren Schlößchen, das einige Zeit (bis 1763) als Sternwarte diente, ein Haus zu erbauen. 

Das Areal der heutigen Ludwigstraße war in jener Zeit von gemüse- und Obstgärten, auch Aeckern bedeckt. Da aber, wo heute der östliche Flügel des k. Kriegsministeriums sich erhebt, befand sich bis 1794 der viel besuchte Wirtschaftsgarten des Weinwirths Kleber, der in diesem Jahre der kurfürstlichen Stückgieserei und Stückbohrerei Platz machen mußte.

Die Pappelallee nach Schwabing führte übrigens nicht vom Schwabingerthor gerade aus nach Schwabing, sondern bog zunächst nach Westen ein und führte dann durch die heutige Fürstenstraße weiter, wobei man dem schon damals versiegrten Kanal, der Türkengraben genannt, zur Linken hatte. Er war von dem Kurfürsten Max Emanuel nach seiner Rückkehr aus den Türkenkriegen durch die nach München gebrachten gefangenen Türken angelegt worden und bestimmt gewesen, von Dachau her Wasser in die Stadt zu leiten.

Dicht an den Hofgarten sich nordwärts anschließend, begann der von Karl Theodor nach dem Vorbilde des weltberühmten Schwetzinger Gartens durch den Grafen Rumford 1789 begonnene und 1793 dem Publikum geöffnte englische Garten, der unter seinen Regierungs-Nachfolgern mancherlei Verschönerungen erfuhr. Aus seiner Zeit stammt auch der chinesische Thurm, dagegen die heutige Einfahrt vom Hof- in den englischen Garten aus den ersten Jahren unseres Jahrhunderts. Gie dahin rasselten die Equipagen untern an der Espalande durch einen engen finsteren Schwibbbogen und dann den vom Minister von Salabert verschönerten ehemaligen Garten der Theatiner entlang. Karl Theodor trug sich mit dem Gedanken, daselbst eine Vorstadt anzulegen, deren erste Anfänge die heutige Königinstraße bildete und die den namen Schönfeld erhielt. Um die Baulust zu wecken, gab der Kurfürst deb Baugrund äußerst billig ab und befreite die Bewohner des„Schönfeld“ von er Bezahlung der Thorsperrkreuzer. Auch räumte er ihnen die Theilnahme an den alten Münchner Stadtrechten ein.

Von dem, was Kurfürst Karl Theodor damals schuf, ist seitdem manches verschwunden. So das Sommrgebäude der Eleven der Militärakademie, nicht weit vom Eingange in den englischen Garten; der 1789 angelegte Militärgarten, in welchem jeden Soldaten der Garnison 365 Quadratmeter zur gedeihlichen Beschäftigung in dienstfreien Stunden zugewiesen war. Das dort gebaute Gemüse war zum Genuße für die Soldaten bestimmt. Doch erwies sich die Einrichtung bald als unzweckmäßig, was die Auflösung der Anstalt nach sich zog. Auch das Denkmal Geßners, die otaheitischen Schirmhütchen, chinesischen Lauben und zierlichen Sommerhäußchen und die Durchsichten nach, in die Perspektive gebrachten Dörfern, Kirchen, Hügeln und Bergen sind verschwunden; desgleichen das Amphitheater für circenische Spiele nächst dem sogennanten Rumfordsaale beim chinesischen Thurm. Auch von der Brunner'schen Tabaksfabrik und ihrem Tabaksfeld am Eisbach ist nichts mehr zu sehen.

 Außerhalb des Kostthores und der äußeren Barriere mit ihrer Wachstube gelangte man in das Lehel, die älteste Vorstadt Münchens. Der Name kommt erst vom XVI. Jahrhundert an in den Grundbüchern vor und scheint mit dem alten Wort „Lohe“, d. h. moorige, mit Strauchwerk bewachsene Gegend zusammen zu hängen. Vielleicht auch von einem daselbst gelegenen kleinen Lehen.

Im Jahre 1698 hatte die Kurfürstin Maria Antonia den Mönchen vom Orden des hl. Hieronymus am Walchensee Kloster und Kirche erbaut, wo sie bis 1725 wohnten. In diesem Jahre berief sie Max Emanuel auf's Lehel, dessen zu U. L. Frau eingepfarrte Bevölkerung stark angewachsen war. Zehn Jahre später hatten diese Bettelmönche bereits Kloster und Kirche zustande gebracht und bald waren auch zwei schöne Gärten, darunter der Unertl,sche, angekauft.

Zwischen zwei kleinen Isararmen war die kurfürstliche Zitz- und Kattunfabrik etabliert. Sie ward 17 von Maximilian Joseph III. unter der Leitung zweier Handelsleute, Strauß und

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