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München in guter alter Zeit

Sechstes Kapitel - Auf dem Marktplatz

Der Marktplatz bildet, wie wir gesehen haben, von jeher den Mittelpunkt des städtischen Verkehrs. Wie unbequem letzerer daselbst an den Schrannentagen gewesen, dessen erinnern sich die  Aelteren unter uns zur Genüge, und vordem war es keineswegs besser. Bisweilen ward so viel Gedreide zugeführt, daß die Säcke bis zum Schönen Turm hinauf zu beiden Seiten der Kaufingerstraße aufgestellt werden mußten. Trat nun auch die Dultzeit ein, so nahm das Uebel bedeutend zu, da sich die Dult vom Rindermarkt durch die Rosengasse, die Kaufingergasse entlang erstreckte, und die Buden zur Vermeidung jeder übermäßigen Eile schon vierzehn Tage früher auf-, und erst ebenso lange nachher bageschlagen zu werden pflegten.

Aber nicht blos das Gedreide, welche in den Cultur-Verordnungen Albrecht V. das „liebe“, bei Wilhelm V. das „selige“, und bei seinem Sohne Maximilian I. das „liebselige“ heißt, ward auf dem Schrannenplatze zum Verkauf angeboten.

Der ganze untere Theil von der Dienergasse an diente als Viktualienmarkt, und führte deshalb auch nicht den Namen Schrannenplatz, sondern hieß, indem man von den mancherlei Lebensmitteln eines, wohl seines vielfachen Verbrauches wegen, herausgriff, kurzweg der Eiermarkt. Derselbe war deshalb zu beiden Seiten an den sogenannten Bögen hin mit Verkaufsständen aller Art besetzt, zwischen denen sich geschäftige Hausfrauen und Dienstmägte hin- und herbewegten, ohne dadurch den Verkehr der Wagen und Fußgänger allzusehr zu erschweren. Ja ein Theil der Verkaufstände erstrckte sich bis weit in die Dienergasse hinein, und schloß sich auf der anderen Seite des Schrannenplatzes an den Fischbrunnen an, um welchen jeden Fasttag die Fischer ihr Gewerbe trieben.

Ander Verkaufsgelegenheiten kehrten zwar regelmäßig, aber nicht so häufig wieder und zwar auf demselben Platze. So war bis in unser Jahrhundert herein von „Josefi“ bis „Theresi“ an dem Eckhause gegen die Rosengasse hin Blumenmarkt, auf dem Blumen mit und ohne Töpfe zum Verkauf angeboten wurden. Der paltz war nicht übel gewählt, wennes auch nur der Zufall that, denn das große, noch in unseren Tagen mit einem hübschen Erkerthurm geschmückte Eckhaus an der Rosengasse trug das Bild der Gottesmutter als rosa mystica aufgefaßt, und gab so der anstoßenden Gasse ihren Namen.

Fand hier mancher galante junge Mann eine zarte duftende Gabe für die Angebetete seines Herzens, so bot sich ihm ein paar Schritte weiter hinab gute Gelegenheit, als beglückter Bräutigam ein bescheidenes Haus mit einfachem aber billigem hölzernen Hausrath wohnlich einzurichten; es stand dort alle Quatember die sogenannte Tölzerwaare zum Verkauf.

Alte Jungfern aber und Junggesellen, und wr sonat nach der Gesellschaft eines Mopfes oder Spitzes Verlangen trug, fand weiterhin gegen das Rathhaus jeen Sonn- und Feiertag Vormittags Hunde von allen Arten und Größen vor, so daß es kaum einer Schwierigkeit unterlag, sein Verlangen zu stillen.

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