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So lang der alte Peter …

München im spanischen Erbfolgekrieg

Durch den spanischen Erbfolgekrieg, der zwischen Österreich und Bayern eine blutige Kluft aufriß und beide fast ein Jahrhundert lang verfeindete, war Bayern unter kaiserliche Hoheit geraten. Das Waffenunglück Max Emanuels hatte ihn genötigt, nach Brüssel zu flüchten; der Kurfürstin war noch ein Fünftel des Landes, nämlich das Rentamt München, belassen worden. Als jedoch Kaiser Leopold am 5. Mai 1705 aus dem Leben schied, war es eine der ersten Regierungshandlungen seines Nachfolgers, des Kaisers Joseph I., München militärisch besehen zu lassen, angeblich wegen heimlicher Umtriebe, welche die Rückkehr des Kurfürsten zum Zweck hätten. Die auf einer Reise abwesende Kurfürstin wurde, als sie wieder nach München zu ihren Kindern wollte, an der Grenze nicht mehr hereingelassen, „weil ihre schädlichen JntentioneS entdeckt worden", wie der kaiserliche Statthalter Graf Löwenstein angab. Die kurfürstlichen Kinder wurden, wenngleich mit aller Achtung, so doch als Gefangene, gewissermaßen als Geiseln behandelt. Persönliches Eigentum des Kurfürsten, ja sogar seine Privatbriefe an seine Gattin und Kinder wurden beschlagnahmt. Dazu kamen die Bedrückungen der österreichischen Soldateska, das unleidliche Aussaugen der Landbevölkerung; dies ging soweit, daß manche Bauernfrau mit entblößter Brust die Soldaten bat, sie lieber gleich nieder zu machen, ehe sie mit ihren Kindern Hungers sterben müßte. Ebenso empörte sich das Gefühl der jungen Bauernsöhne gegen die zwangsweise österreichische Rekrutenaushebung, wobei die jungen Burschen im Bett, ja in der Kirche überfallen, auf Wagen geschmiedet und hinweggcführt wurden. Dies alles: Anhänglichkeit an den angestammten Herrscher, wirtschaftliche Not, Antasten alter geheiligter Rechte, brachte in Bayerns Bevölkerung eine Stimmung zuwege, die in dem bekannten kurzen ZornverS: lieber bayrisch sterben, als in des Kaisers Unfug verderben", ihren Ausdruck fand.

In München herrschte scheinbare Ruhe, während im Lande überall schon der Aufruhr emporflammte. An manchen Orten ließ er, infolge der ungenügenden Leitung wie der Ehrfurcht vor Kaiser und Reich, sich rasch dämpfen; am stärksten und erfolgreichsten war er in Niederbayern. Die „Landesverteidiger" oder „kurbayrische LandeSdefension" — auch die „Gemeine" nannten sich die Aufständischen — drangen trotz einiger Schlappen, die ihnen die österreichischen Truppen beibrachten, mächtig vor, zwangen den Oberkommandanten de Wendt, der später durch den Generalwachtmeister Kriechbaum erseht wurde, zum Rückzug. Unter ihren Führern, wozu namentlich der ehemals bayerische Wachtmeister Johann Hoffmann, sowie die Wirtssöhne und Studenten Sebastian Plinganser und Georg Meindl gehörten, marschierten sie auf München.

Inzwischen hatten auch die Oberländler sich erhoben, und zwar waren hier Tölz und München die Hauptsihe der Aufstandsbewegung. Der Posthalter Franz Kaspar Hierner von Anzing übernahm es, die Bürgerschaft Münchens, sowie die Gerichte Haar, Erding und Schwaben zur Erhebung zu bringen. Er kam am 15. Dezember nach München und besprach sich beim Pofthalter Brix mit einigen ihm befreundeten Bürgern, dem Weingastgeb Johann Jäger in der Löwengrube, dem Wcinwirt, sogenanten „Puberwirt" Johann Georg Kittler und

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