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München und seine Bauten

Städtische Bauten

Gebäude für Armenpflege, Wohltätigkeit und soziale Wohlfahrtspflege

4. Gebäude für Armenpflege, Wohltätigkeit und soziale Wohlfahrtspflege
Dr.-Ing. h. c. Hans Gräfsel, städtischer Baurat

Die wesentlichste Bedeutung des Heimatrechts liegt darin, daß die Heimatgemeinde bei Verarmung und Erkrankung den Heimatberechtigten Hilfe zu leisten hat. Die bezüglichen gemeindlichen Maßnahmen Münchens erstrecken sich auf Erwachsene und Kinder 1. in Form der öffentlichen Armen - pflege, 2. durch Unterbringung und Verpflegung in W ohl- tätigkeitsanstalten und 3. durch Verwaltung einschlägiger Wohltätigkeitsstiftungen. 1. Die Armenpflege hat helfend einzugreifen a) durch Gewährung der zum Lebensunterhalt unentbehrlichen Mittel, b) durch Sorge für Beerdigung verstorbener Mittelloser, e) durch Erziehung und Ausbildung armer Kinder. a) Die Gewährung des zum Lebensunterhalt Unentbehrlichen erfolgt in München mittelst der sogenannten geschlossenen und offenen Armenpflege. Den Zwecken der geschlossenen Armenpflege dienen städtische Armen- versorgungsanstalten (Kreuz-, Gasteig- und Martins- spital) und das St. Josephspital. Letzteres ist eine selbständige Siftung, jedoch jetzt vollständig den Armenpflegezwecken dienstbar gemacht. Die Bauanlagen zeigen die Unterbringung der Pfründner in Gemeinschaftssälen bis zu 20 Betten, neuerdings in Zimmern mit zwei bis vier Betten. In all diesen Armenversorgungsanstalten hat die Stadtgemeinde die Pflege und die Wirtschaftsführung auf GrundVertrags dem Orden der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Vinzenz von Paul übertragen. Dieser Orden ist in München eingeführt seit dem Jahre 1832. Sämtliche genannte Anstalten sind im Besitze eigener Vermögen, doch reichen zum Betriebe die Einnahmen aus denselben nicht aus, sondern müssen durch die Armenkasse der Stadt alljährlich unterstützt werden. — Die offene Armenpflege greift bei solchen Personen Platz, welche vorübergehend oder dauernd hilfsbedürftig sind, jedoch mangels der erforderlichen Voraussetzungen in den Armenversorgungsanstalten nicht ausgenommen werden können. Die Unterstützungen bestehen hier in Mietzinsbeiträgen, Brennmaterialien, Kleidung, Wäsche, Abgabe von Suppen durch die in den meisten Schulhäusern untergebrachten Suppenanstalten, Gewährung von Obdach (Haus für Obdachlose, Zeppelin-

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