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Ein Jahrhundert München

Heinrich Heine in München

An Wolfgang Menzel.

Das Leben hier ist sehr angenehm, und wenn Sie eine gute Brust haben und sonst das Klima zu vertragen glauben, rate ich herzukommen. Kommen Sie wenigstens mal zum Besuch. Kneipen Sie bei mir, ich kann Sie bei mir beherbergen, und seien Sie mein Gastfreund in München, wie ich der Ihrige kn Stuttgart. . . .

Über München wäre viel zu schreiben. Kleingeisterei von der großartigsten Art. Schelling und Görres hab' ich noch nicht gesprochen. Desto mehr sehe ich die zwei großen Lichter des Tages, die Dioskuren am Sternenhimmel der hiesigen Poesie, M. Beer und E. Schenk. Nber des ersteren Tragödie habe ich im „Morgenblatt" Bericht erstattet und der Welt gezeigt, wie wenig mich sein Ruhm pikiert - aber die böse Welt hat die Sache schief genommen und nennt es eine Mystifikation des Publikums,- ich habe für meine Gutmütigkeit leiden müssen.

An Varnhagen v. Ense. . . .

Ich werde hier sehr ernsthaft, fast deutsch,- ich glaube, das tut das Bier. Oft habe ich Sehnsucht nach der Hauptstadt, nämlich nach Berlin. Wenn ich mal gesund bin, will ich suchen, ob ich dort nicht leben kann. Ich bin in Bayern ein Preuße geworden.

Heinrich Heine wohnte in München im sogenannten Rechberg-Palais, dem späteren Vergolder Radspieler-Haus (damals Hundskugel, heute Hackenstraße 7), hinter dessen Hof sich heute noch ein wunderschöner Garten mit Erinnerungen und Denkmälern aus Rokoko und Empire ausbreitet. Leo von Klenze (1784 — 1864), seit 1808 nach vorausgegangenen gemeinsamen Studien mit Schinkel an der Berliner Bauakademie und nach Besuch der polytechnischen Schule in Paris, Hofarchttekt des Königs Jerome von Westfalen, fiel gelegentlich des Wiener Kongresses dem damaligen Kronprinzen Ludwig auf, wurde 1815 nach München berufen und zunächst mit dem Bau der Glyptothek betraut, erbaute dann die Reitbahn, die Altere Pinakothek, den Basar, die Residenz-Neubauten, die Aller- heiligenhofkirche, das tzerzog-Max-palais, Leuchtenberg-Palais, das Odeon, die Ruhmeshalle an der Bavaria, die Kelheimer Befieiungshalle, die Walhalla usw. und starb als Vorstand derHosbauintendanz in München. Während Klenze mit Rauch, Thorwaldsen und Kaulbach nahe Freundschaft verband, war er ein ausgesprochener Gegner des Cornelius und eine der treibenden Kräste zu dessen Entfernung. Michael Beer (1800 — 1833), ein Bruder Jacob Meyer-Beers, tat sich besonders mit seinem Trauer- spiel „Struensee" hervor. Indessen starb er zu jung, um alle Hoffnungen zu erfüllen, die man auf ihn gesetzt hatte.

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