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Bautechnischer Führer durch München 1876

Die Bauten Münchens.

I. Cultanlagen

fl chen. Sie erhoben sich in sechs durch Bogenfriese sicli abgrunzenden und leicht verjüngten Stockwerken rechtwinklig und nur mit sehr sp rlicher Fensterdurchbrechung, bis in der Firsth he des Mittelschiffes an die Stelle des quadratischen Planes ein achteckiger tritt, der jedoch erst nachdem die zwei Stockwerke der Uhr und des Glockenraumes mit den m chtigen Schalll chern in wie von unten auf so auch jetzt stetig zunehmender Etagenh he hergestellt sind, in dem kr ftigen Arkadenfries zum regelm ssigen Octogon wird. Den ursprünglich beabsichtigten Helmabschluss haben aber die Thürme leider nicht erlangt. Die Vorliebe, welche die Renaissance für die Kuppeln entfaltete, machte sich hier schon in den ersten Jahren des 16. Jahrhunderts geltend und gab den Thürmen jene weltbekannten Kugelhauhen, welche eine Art Wahrzeichen von München bilden, und so unl slich mit der Physiognomie der Stadt verbunden scheinen, dass die Restauration dieselben nicht zu berühren wagte. L. Lange hat zwar wenigstens eine perspectivische Aussenansicht mit Spitzhelmen geschaffen*), doch ist zu bezweifeln, ob in der durchbrochenen Art, wie sie - sp ter W. Berger an der Haidhauser-Kirche zur Anwendung brachte, das Problem richtig gel st sei. Einen kostbaren Inhalt bergen die Thürme in den stattlichen Glocken, wovon die gr sste, die sog. Salve-Glocke**), 1490 von Herzog Albrecht IV. gestiftet, bei einem unteren Durchmesser von 2,15 M. 125 Zentner wiegt. Portale besitzt die Frauenkirche fünf, ein grosses zwischen den Thürmen, das jedoch selten im Gebrauche, und je zwei an jeder Langseite. Von den letzteren ist das stlich der Mündung des Mazari- g sschens entsprechende in der üblichen Weise mit Figuren und Baldachinen in den Hohlkehlen der Umfassung reich geschmückt, die übrigen sind h chst einfach, alle aber noch durch die zopfigen Thüren entstellt. Die beiden Portale der Südseite sind abweichend von den Fensterw nden nach innen gelegt, wodurch sich über ihnen eine Art von Empore entwickelt. Das Innere bietet ausser dem baukünstlerischen Interesse, welchem bereits oben Rechnung getragen worden, noch manches andere durch die alte wie neue Ausstattung. In erster Linie stehen hier die Fenster. Mit wenigen Ausnahmen enthalten nun alle, und es sind deren nicht weniger als siebzehn, die in der ganzen H he der Seitenschiffe bis zum Gew lbe sich erstrecken, wovon wieder die im Chor befindlichen auch von ungew hnlicher Breite sind, alte Glasgem lde, freilich zumeist nur in ihrem unteren Dritthoile, w hrend das Uebrige erst bei der Restauration in Teppichmustern


*) E. Forster’s Denkmale deutscher Baukunst, Bildnerei und Malerei. Leipzig T. O. Weigel 1850—1860. **) Sie hat den Namen von dem Wunsche des Stifters, wonach sie beim Salve Kegina gel utet werden sollte. Nach der Inschrift die der Regensburger Glockengiesser Hans Ernst auf ihr anbrachte, heisst sie Susanna.

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