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Beschreibung:
26. Anger, unteren Beginnt am St. Jakobsplatz nächst des städtischen Feuerhauses, läuft mit dem oberen Anger fast parallel und endet an der Blumenstraße, ungefähr beim siidwestlichen Pavillon der Schrannenhalle.
Herzog Ludwig der Kelheimer hatte bereits 1204 auf einem außerhalb der damaligen alten Stadt befindlichen Anger (in prato) ein Kirchlein zu Ehren des hl. Jakob samt einem geringen Hause erbaut, das nun »St. Jakob auf dem Anger« hieß und von welchem dieser Stadtteil seinen Namen schöpfte. 1222 sandte der hl. Franziskus Seraphikus, der Gründer des nach ihm genannten Ordens, einen Pater nach München ab, um auch daselbst die Franziskaner einzuführen, und man räumte ihm und seinen Genossen sofort das St. Jakobskirchlein mit dem dazugehörenden Hause ein. Die Franziskaner säumten nun nicht, auf dieser Stelle ein Kloster und eine größere Kirche zu erbauen; dies mag bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts gewesen sein. 1280 erscheint urkundlich ein Guardian der »Minderbrüder« oder »Minoriten«, wie man die Franziskaner gewöhnlich nannte. Ein Teil jenes ersten, ursprünglichen Baues der St. Jakobskikche hat sich noch bis auf unsere Tage erhalten, und er ist daher der noch gegenwärtig bestehende älteste Kirchenbau in München. *) Die Jakobskirche war bei mäßiger Ausdehnung in der Uebergangsform vom romanischen zum gotischen Stile erbaut. Sie ist jedoch durch Veränderungen im Laufe der Zeit den Augen der gegenwärtigen Besucher der »späteren« Angerkirche gänzlich entzogen. Nur von der Schrannenhalle oder vom St. Jakobsplatz her, ist die Außenseite dieses uralten Kirchleins, das für München einen höchst interessanten baulichen Ueberrest bildet, zu erblicken. Als die Franziskaner auf dem heutigen Max-Josef-Platz (s. dens) ein neues Kloster und eine Kirche erhalten hatten, bezogen sie 1284 dieselbe und verkauften alsdann das Kloster am Anger ati Sighard den Sentlinger, der es schenkungstveise dem Elarissen-Orden einräumte, welcher noch am 16. Oktober desselben Jahres davon Besitz ergriff. Von nun an hatten die Clarissinnen dieses Kloster, das von jetzt ab auch das »St. Etwa-Kloster an dem Anger« hieß, bis zu ihrer Aufhebung inne. Die wachsende Bevölkerung des Angers, insbesondere als dieser Bezirk gegen Ende des 13. Jahrhunderts der Stadt einverleibt wurde und in den innern Bereich der neuen Stadtmauer kam, machte bald den Anbau einer größeren Kirche notwendig, wogegen die bisherige alte den Nonnen der Clausur verblieb. Doch diese neue Kirche, wahrscheinlich sehr schlecht gebaut, stürzte am 5. Oktober 1403 gänzlich zusammen, wurde aber sogleich wieder vom Grund aus in einem Zeitraum von fünf Jahren errichtet. Dieser Bau, wahrscheinlich zwischen 1404 und 1410 eingeweiht, ist die gegenwärtige »äußere« Angerkirche, welche jedoch im Verlaufe der Jahrhunderte vielfache Restaurieriingen und sogenannte Verschönerungen erlitt, so daß sie ihres gotischen Stiles ganz entkleidet ist. Die letzte Verunstaltung, wo sie ihre dermalige unpassende Facade erhielt, traf sie 1810. Das Elarissinnen-Kloster verfiel am 2. Dezember 1803 der Säkularisation und wurden die Nonnen nach Dietramszell versetzt, worauf man die Gebäude zu einem Schulhause und 1836 zu einer Armenbeschäftigungs-Anstalt benutzt. Am 28. Juli 1841 aber ist es seiner früheren Bestimmung als Kloster wieder zurückgegeben worden, indem man das Mutterhaus der armen Schulschwestern hinein verlegte. Die zu diesem Zwecke nötigen Neubauten wurden 1842—43 hergestellt und und am 16. Oktober letztgenannten Jahres — also genau nach 559 Jahren seit die ersten Nonnen dort gewirkt hatten — zog wieder ein neuer weiblicher Orden ein. — Die nach Haidhausen verlegte und längst vom Anger entfernte Jakobidult (Messe) trägt ihren Namen von der Oertlichkeit vor dem Jakobskloster. Mit dem Portiunkulas-Ablaß (indulgentia), den Papst Bonifazius IX. der Kirche am Anger 1392 verlieh, bei Gelegenheit der zeitweiligen Verbringung der 1388 am Berge Andechs aufgefundenen Reliquien nach München, hat das Wort »Dult« nichts gemein, indem es keine Abkürzung von indultum, sondern das gotische »dulth« und althochdentsche »tult« ist, das fo viel heißt wie »Fest« oder »Feier« (patroejnium), wie auch aus Urkunden von 1402 und 1431 erhellt. Ebenso unrichtig ist die Angabe, daß der erste Jahrmarkt mit dem 1392 verliehenen Ablaß zusammenfiel; am Anger wurden schon Jahrmärkte abgehalten, als der Platz noch wirklich eine Wiese war. **) Der untere Anger trug noch im Jahre 1820 vor der Kirche die Benennung «Angerplatz« und schließlich »untere Angergasse« zur Unterscheidung von dem «oberen«, wobei die früher zwischen beiden kenntlichere Niveaudifferenz als heute bestimmend gewesen sein wird.
Der bedeutendste Bau auf dem unteren Anger nach dem Kloster war das früher dein Kloster Tegernsee gehörige Haus-, welches nunmehr der Privatier Mangold besitzt und die Nr. 16 hat. Dasselbe verkaufte im Jahre 1300 Kunigunde des Wichnard von Jringsburg Witwe an das Kloster Tegernsee (Ob. Archiv. XLVIIL 17). Von dem- selben vor feiner Umbauung schreibt Wolf in der Münchener Chronik: »Dieses Haus, Eckhaus und offenbar in seiner dermaligen Form und eklatanten hinfälligen Alterung ausgezeichnet, wäre wert, als Muster uralter Baukunst erhalten zu werden. Die Fronfeste, Hausnummer 3, wurde in den Jahren 1820—1826 nach dem Plane des Oberbaurats Pertsch erbaut.
*) B. Riehl, Denkmale frühmittelalterlicher Baukunst in Bayern ic. München 1888 S. 46.
**) Mayer, Münchener Stadtbuch S. 131.