Rambaldi(1894) - Senefelderstraße

Rambaldi - 1894

Beschreibung: 615. Senefelderstraße.Verbindet, gegenüber dem Zentralbahnhofe südlich abzweigend, die Bayer- mit der Schwanthalerstraße. Der Name Senefelder hat aus dem ganzen Erdkreise einen guten Klang, denn so nennt sich der Erfinder der Lithographie oder des Steindrucks, einer Kunst, die gegenwärtig Hunderttausenden das tägliche Brot verschafft und abermals Hunderttausenden, ja Millionen durch ihre Erzeugnisse anderweitigen Nutzen und Freude bereitet. Alois Senefelder (Pilotybild 123), der Sohn eines sehr beliebten Schauspielers, wurde am 6. Nov. 1771 zu Prag geboren, zog aber bald darauf mit seinem Vater nach Mannheim und von da 1778 nach München, wo derselbe eine gute Anstellung erhalten hatte. Hier besuchte Alois die Lateinschule, das Gymnasium und Lyzeum, bezog dann als Studierender der Rechtswissenschaft die Universität Ingolstadt und absolvierte dort mit Auszeichnung. Gleichwohl wendete er sich aus besonderer Neigung nun der Schauspieltunst zu, verlegte sich aber nach zweijährigen derben Erfahrungen in diesem Fache auf die Schriftstellerei. Um die Druckkosten zu ersparen und so seine Mutter, die bereits 1792 Witwe geworden war, sowie die zahlreichen Geschwister besser unterstützen zu können, unternahm er es, seine Werke mit eigener Hand zu vervielfältigen. Nach vielen und mühevollen Versuchen dieser Art kam er endlich auf den Gedanken, mit chemischer Tinte auf Steinplatten zu schreiben und hievon Abdrücke zu machen. Der Versuch fiel gut aus, und der Anfang der Lithographie war hiemit gemacht (1797), wobei er sich durch Professor Mitterer sehr unterstützt fand. Einmal soweit, war Senefelder rastlos bestrebt, seine neue Kunst immer mehr zu vervollkommenen; leider hinderte ihn sehr oft der Mangel an Geld, seine Gedanken sofort zu verwerten. Durch Geheimhaltung seines Verfahrens hätte er bei der großen Nachfrage nach lithographischen Erzeugnissen sich wohl ein Vermögen sammeln können; der uneigennützige Mann wünschte aber, daß seine Erfindung recht bald ein Gemeingut aller werde, und machte kein Hehl aus den Geheimnissen derselben. Er war zufrieden, i. J. 1809 eine Stelle als Inspektor der unter der Direktion Utzschneiders errichteten Steindruckerei der k. Steuer- Vermessungs-Kommission zu erhalten; i. J. 1818 erschien sein Lehr- buch der Lithographie, das ins Englische und Französische übersetzt wurde. Nunmehr verbreitete sich die Lithographie mit wunderbarer Schnelligkeit über den ganzen Erdkreis, und Senefelder konnte noch bei Lebzeiten erfahren, welch’ eine segensreiche Gabe für die Menschheit seine Erfindung geworden war. Noch gelang ihm in seinen letzten Lebensjahren eine neue Erfindung, nämlich der Kunst, farbige Blätter zu drucken, welche Ölgemälden gleichen, unter dem Namen »Mosaikdruck.« Senefelder starb zu München am 26. Februar 1834. König Ludwig I. ließ seine 1849 voll Friedrich Brugger verfertigte Büste in die Ruhmeshalle aufnehmen, desgleichen stellte der Magistrat eine solche in den Nischen des Rondells des alten südlichen Friedhofes auf, und an seinem 100 jährigen Geburtstage wurde ein ihm gewidmetes Denkmal auf dem Sendlingerthorplatze enthüllt. Man sagt, der auf der Nordseite der Frauenkirche befindliche Grabstein des Johann Emmeran Freiherrn von Prielmaier sei Veranlassung zur Erfindung der Lithographie gewesen *) Senefelder soll ihn oft aufmerksam betrachtet haben, und durch seine sonderbare Schrift aus den Gedanken gekommen sein, in Stein zu ätzen. Aber nicht Senefelder ist es gewesen, den dieser Grabstein auf die Idee des Lithographierens gebracht, sondern der damalige Lehrer an der Realschule zu U. L· Frau, geistl. Rat Simon Schmid, Hofkaplan in der Maxburg, war der erste, welcher bereits i. J. 1787 durch Anschauung dieses hochgeätzten Grabsteines den Gedanken erfaßte, es möchten sich auf diese Weise wohlfeile Bilder für den Schulunterricht durch Zeichnen auf Kelheimer Steinplatten herstellen lassen. So gebührt Schmid der Ruhm noch vor Senefelder Steine zu Zeichnungen und zum Abdruck benützt zu haben, weshalb König Ludwig I. auch seine von Johannes Leeb verfertigte Büste in der Ruhmeshalle aufstellen ließ.**) Die Straße erhielt Senefelders Namen am 28. August 1863.

*) Derselbe befindet sich zwischen dein Eingange zur Sakristei und dem Bennobrünlein. **) Vgl. Hollands Artikel in der Allg. Deutschen Biographie, sowie Kalender für katholische Christen aus das Schaltjahr 1856 Seite 91 u. 93.


Weiter zur Straßenbeschreibung