Rambaldi(1894) - Sendlinger-Tor-Platz

Rambaldi - 1894

Beschreibung: 613. Sendlingerthorplatz.Beginnt außerhalb des Sendlingerthores und zieht sich halbbogenförmig am Anfange der Lindwurm-, Nußbaum- und Findlingstraße vorbei zur Sonnenstraße. Dieser Platz wurde 1810 durch Abtragung der Basteien und Wälle hergestellt; doch erst, als der seit 1812 festgesetzte, zuerst auf 4000 Fuß bestimmte, dann auf 2000 Fuß ermäßigte »Gesundheitszirkel« um das allgemeine Krankenhaus am 5. Juli 1827 aufgehoben wurde, konnten die Häuser in der Umgebung des Sendlingerthorplatzes und auf einer Seite der Sendlingerland-, jetzt Lindwurmstraße entstehen. Das den südlichen Abschluß der Sendlingerstraße bildende in neuester Zeit so angefeindete ,,Sendlingerthor« wird seit 1319 urkundlich erwähnt und bestand anfänglich nur aus dem Hauptturmz erst beinahe hundert Jahre später erhielt es eine Verstärkung durch zwei mächtige Seitentürme mit einem Thorausgange. Ersterer, der der inneren Stadt zugekehrte ältere Thorturm, wurde 1810 abgetragen, während die äußeren Flankentüme noch gegenwärtig in ihrer frühesten Gestalt erhalten sind. Nachdem sie 1860 entsprechend restauriert und mit der Umgebung und den noch aufrecht gebliebenen Mauern in Einklang gebracht waren, wurden neben ihnen, resp. dem Hauptthore kleine Pforten für die Fußgänger durchgebrochen. An jenem Teile ber Stadtmauer, welcher südöstlich hinzog und 1873 sank, war ein absonderliches spitzes Türmlein zu sehen und auf dessen Spitze eine Faust, die in Nähe und Ferne drohte. Der Sage nach sollen in alter Zeit die Selbstmörder dort begraben worden sein, daher noch zu Anfang dieses Jhdts. die Leute, welche vorbeigingen, scheu sich bekreuzten. Wahrscheinlich hat aber auf jene Sage das nahe, innerhalb dieser Mauer hinabziehende ,,Henkergäßel« (s. Anger, oberer) gewirkt. Nach anderer Sage sollte da einmal ein Hofnarr eingemauert worden sein, welcher die Thorfchlüssel dem Feinden aushändigte.*) Mit der Aushändigung und der Einmauerung soll es denn seine Richtigkeit haben, aber nicht mit dem Hofnarren. Mag dem nun sein, wie ihm wolle. Als im Jahre 1873 das vielbesprochene .,Fausttürmchen« abgebrochen wurde, fand sich nichts Besonderes, und erwies sich die »drohende Faust« als ein steinerner gänzlich verwitterter Turmknopf, dessen ursprüngliche Gestalt nicht mehr zu erkennen war. Letzterer wurde den Sammlungen des historischen Vereines von Oberbayern einverleibt.

*) Cfr. Mayer, Münchener Stadtbuch S. 538; Franz Trautmann, Alt- Münchner Denk- und Wahrzeichen S. 11 und S. 101.


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