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Beschreibung: 406. Marienplatz. Liegt zwischen dem alten Rathause und
der alten Hauptwache (Thomaß-Haus) und ist von dem Thal, der-
Burg-, Diener-, Wein-, Kaufinger-, Rosenstraße und dem Rindermarkt begrenzt. Früher ,,Marktplatz« *), im 18. Jhdt. auch schlechthin »Platz«, zuletzt »Haupt«- oder »Schrannenplatz« genannt, trägt
seinen jetzigen Namen seit 9. Okt. 1854, nachdem die letzte an seine
ursprüngliche Bestimmung erinnernde Verwendung desselben, die
Schranne nämlich, oder der auf ihm seit den ältesten Zeiten abgehaltene Getreide-Markt vom September 1853 an in die hier neuerbaute Halle in der Blumenstraße verlegt war, mit Beziehung auf
die seine Mitte zierende Mariensäule, welche 1636—39 von Kurfürst
Maximilian I. zur dankbaren Erinnerung an den Sieg am weißen
Berge bei Prag (8. Nov. 1620) errichtet, 1820 restauriert und
1858 mit künstlichen Anlagen um den Sockel versehen ward. Die
Broncegruppen an den vier Ecken des Sockels, von Bernhard Ernst **)
ausgeführt, stellen Engel dar, welche die Dämonen der Pest, des Hungers,
der Ketzerei und des Krieges bekämpfen. Das Standbild der hl. Jungfrau ist von Krumpter. Seit der Begabung Münchens mit dem
Marktrechte durch Heinrich den Löwen dazu bestimmt, dem gewerblichen Verkehre zu dienen, bildete der Platz von diesem Zeitpunkte an den
Mittelpunkt, auf welchem sich das ganze öffentliche Leben der Stadt
vereinigte, indem sämtlichen Gewerben der Stadt hier bestimmte ein-
Das Rechthaus ***), wo das herzogliche Hofgericht seinen Sitz
hatte (1293 das Dinehaus genannt), stand den jetzigen Häusern 1
und 2 gegenüber. In dem Erdgeschosse befanden sich eine Anzahl
Läden und die Brotbänke. Neben denselben waren noch mehrere
Buden und Hütten errichtet. Gegen die Mitte des Platzes zu befand
sich die Münzschmiede, welche i. J. 1294 aus unbekannten Gründen
bei eine, Volksauflaufe niedergebrochen wurde. An ihrer Stätte
erhob sich die Gollier-Kapelle. In der Nähe derselben waren die
Fleischbänke errichtet, mit deren Entfernung zu Anfang des 14. Jhdts.
begonnen wurde, die der Entfaltung des öffentlichen Verkehrs hinderliche Beengung dieses Platzes zu beseitigen, bei welcher Gelegenheit
Kaiser Ludwig i. J. 1315 aussprach, daß der Platz ein allgemeiner
freier Marktplatz sein solle, den niemand durch irgend einen Bau
verengen oder mindern dürfe. Zugleich ermächtigte damals der Kaiser
die Stadt, das Rechthaus und die darunter befindlichen Brotbänke
anderswohin zu verlegen. Von dieser Befugnis wurde aber erst 1481
Gebrauch gemacht, nachdem schon ein Jahr zuvor die Gollier-Kapelle
gleichfalls war abgebrochen worden.
Die Häuser Nr. 1 und 2 waren 1315 schon von Steinen aufgeführt und hatten ehedem offene Bogengänge, welche sich denen der
anstoßenden Weinstraße anschlossen und, als der Getreidemarkt die
nachmalige Ausdehnung noch nicht erlangt hatte, die obere Kornschranne, gleichwie die Bogengänge der Häuser von Nr. 3 abwärts
die untere Kornschranne bildeten. Das Wort ,,Schranne« bezeichnet
jedoch in seiner ursprünglichen Bedeutung keineswegs den Getreidemarkt, sondern in seinem ältesten Vorkommen (scraana) »Bank«.
Hieraus entstand der spätere Begriff: Bank des Richters und der
Rechtsprecher. In diesem Wortsinne erhielt dann der Hauptplatz die
Benennung ,,Schrannenplatz«. Da auf dem Hauptplatze überall zugleich der wöchentlliche ,,Getreidemarkt« abgehalten wurde, so ging der
Name »Schranne« auch auf diesen über.
Das Haus Nr. 3 heißt das Wurmeck, weil ehedem der Ritter
St. Georg mit dem Lindwurm daran angemalt war; jetzt wird die
Erinnerung daran nur mehr durch eitle Tafel am Ecke gegen die
Weinstraße erhalten. ****)
Nr. 5. In diesem Hause übernachtete König Gustav Adolph von
Schweden i. J. 1632, als er von Augsburg nach München zurückkam.
Nr. 8. Ehedem fünf Häuser, von den ehemaligen Landständen
1554 und 1565 erkauft und bis zu ihrer Auflösung i. J. 1808 in
deren Besitz ; hierunter befand sich das ehemalige Trinkstubengebäude
der Stadt, ehemals dem Patriziergeschlechte Impler gehörig, von dem
Magistrate zu Anfang des 15. Jhdts. erkauft und i. J. 1807 an
die Landstände vertauscht. Nach den Landständen wurde die Regierung von Oberbayern in denselben untergebracht, später der Complex vom Magistrate angekauft, welcher in den Jahren 1867—74
durch den Architekten Hauberrisser das heutige Rathaus, einen großartigen Bau im gotischen Stile, herstellen ließ. Der vor diesem Gebäude befindliche Röhrbrunnen heißt von dem noch in diesem Jahrhunderte da abgehaltenen Fischmarkte der Fischbrunnen und wird zu
dem bei der Freisprechung der Lehrlinge des Metzgerhandwerkes alle
drei Jahre am Faschingsmontage stattfindenden Brunnenspringen benützt. Der alte Fischbrunnen ist seit 19. Sept. 1866 durch den
Magistrat nach Konrad Knoll’s Plänen stil- und geschmackvoll erneuert. Noch im vorigen Jhdt. hieß der nördliche Teil des Platzes
,,Markt Mariä«, der südliche ,,Markt Petri« und die Südostecke desselben, zwischen den Häusern Nr. 12 bis 14 und den gegenüber-
gelegenen, ,,Eiermarkt«, welcher dann bis 1829 der »Viktualienmarkt« war. Der Teil nebenan bekam im 17. und 18. Jhdt. auch
den Namen ,,Kräutermarkt«, weil hier die Stadtgärtner und Obsthändler sich befanden.
Das Eckhaus an der Dienersgasse, mit Nr. 11 bezeichnet, wurde
um 1370 von Hans Impler (294), einem reichen Kaufmann und
Ratsherrn, erbaut, in neuester Zeit aber, 1861, unglücklich mit einem
gotischen Zopf restauriert. Voll demselben schreibt Prof. Dr. Martin
im Oberb. Arch. Bd. XXXI S. 222: »Das mit einem Türmchen
jetzt noch versehene Eckhaus an der Dienersgasse gegen den Marienplatz wird in seinem untersten Stocke und Kellerräumen als Gefängnis
sehr schwerer Verbrecher damaliger Zeit genannt.« Derselbe konnte
jedoch für seine Behauptung keinen urkundlichen Beleg erbringen.
Nr. 15, das alte Rathaus, in zwei durch den Ratturm, das
alte Thalburgerthor, mit einander in Verbindung gebrachte Häuser-Complexe zerfallend, stand wohl seit der ersten Bildung eines Rates
an der gegenwärtigen Stelle. Der nördliche Teil wurde i. J. 1470—74
durch einen Neubau von erweitertem Umfange ersetzt, in seinem oberen
Stocke einen großen Saal enthaltend, im unteren Gelasse aber bestimmt, die von dem abgebrochenen und in die Weinstraße verlegten
Rechthause hieher verlegten Brotbänke aufzunehmen, zu welchem wohl
Meister Jörg voll Polling, der Stadt Maurer und Baumeister, den
Plan entworfen hatte. Das im Erdgeschosse befindliche Brothaus
wurde 1877 zu einem bequemen Durchgange zweckmäßig hergestellt,
während die Treppe zum großen Rathaussaale mit dem Hause Nr.18
in der Burgstraße im Jahre 1879 von der Stadtgemeinde München
durch den Bauamtmann Friedrich Löwel erbaut wurde.
Der südliche hinter der St. Peterskirche sich hinziehende Teil
scheint die erste Grundlage gebildet zu haben. Als bei vermehrter
Volksmenge die Notwendigkeit zur Erweiterung der Räume eintrat,
wurde die große Ratstube. der heutige kleine Rathaussaal, auf einem
im Privatbesitze befindlichen Hause errichtet, das erst 1443 in das
Eigentum des Magistrats überging.
Bei dem Neubau des großen Saales auf der Nordseite scheint
auch dieser südliche Teil bauliche Veränderungen erhalten zu haben.
Einen besonderen, aber mit dem Rathause in unmittelbarer Verbindung stehenden Bau bildet das gegen den St. Petersplatz zu gelegene städtische Archiv, im Innern ein wahres Schmuckkästchen *** **)
Die Häuser Nr. 16—21 hießen in älterer Zeit die »untern
Krämer« im Gegensatze der »obern Krämer«, welche die Häuser
22—29 bilden; sie wurden beständig zum Marktplatze gerechnet und
erhielten später den Namen »unter den Bögen«; auf der Südseite
des Marienplatzes sind sie noch vorhanden und werden vom Volke
in »lichte« und »finstere Bögen« abgeteilt. Erstere wurden auch
»unter den Watmangern« benannt, wegen der hier befindlichen ,,Wat-
gaden« der Tuchhändler. » .
Einen besonderen Namen führt wegen des daran befindlichen
riesengroßen Bildes des hl. Onuphrius, welchen das Volk aber gewöhnlich für St. Christoph hält, das Haus Nr. 17 ,,beim Christoph
am Eiermarkt« genannt. Das Haus wurde im Jahre 1890 abgebrochen und durch den Kaufmann W. Krämer und den Bankler
J. Schülein nach den Plänen des Architekten Gabriel Seidl neu
erbaut. Die Fassade erhielt wieder das Bild des hl. Onuphrius
nach dem i. J. 1496 angebrachten Bilde, so daß München sein Wahr-
zeichen, wenn auch in verjüngter Gestalt, wieder besitzt *** ***)
Das gleich daneben stehende Haus Nr. 18 heißt 1449 »das
Eröndel«, in der Bauordnung von 1489 und in dem Grundbuch
von 1572 »die Cron«. Erst in späteren Zeiten wurden drei Kronen
angemalt, welche man irrtümlich für die des schwedischen Wappens
hat erklären wollen.
Nr. 28 hieß früher »der Hammel« (schon 1377) und Nr. 29
»das Roseneck«.
Die kurze Verbindung vom Eiermarkt zum Petersplatz hatte
damals den Namen »Pfaffengässchen«, während die von der Mariensäule zum Hauptportale der Peterskirche »Schleckergäßel« oder vielmehr Leckergässchen *** *** *) genannt ward, weil dort ehemals ausschließlich
die süßen Leckerwaren feil waren, die zu unseren leckerhaften Zeiten
in der ganzen Stadt zu kaufen sind. In den ersten Jahrhunderten
des Bestehens der Stadt hielt man die Turniere im Freien auf dem
Kornmarkte ab, später in dem wahrscheinlich in 16. Jhdt. erbauten
»Turnier«- oder »Tummelhaus« rechts vor dem Schwabinger Thor,
also etwa all der Stelle des westlichen Traktes der heutigen Hofgartenarkaden. Auf dem Marktplatze wurden in ältester Zeit vor dem
Rathause die Hinrichtungen der Verbrecher vollzogen.
*) Über denselben erzählt uns Frz Trautmann in seinem Münchner
Stadtbuchlein S. 112 gar anmutige Geschichten; Leher, Bayerland Jahrg.
1890 S. 89.
**) Siehe Monatsschrift des hist. Vereins von Oberbayern. Ill. Jahrgang 1894, Juni S.99.
***) Lipowsky, Urgeschichte Il, 147.
****) Vgl. Frz. Trautmann Münchner Wahrzeichen S. 27; Herzog Christoph
der Kämpfer I. S. 61.
*** **)Münchner Stadtzeitung Nr. 60 vom 19. Juli 1860.
*** ***) Monatsschrift des hist. Vereins von Oberbayern vom 1. Juli 1890. Jahrbuch der Münchner Geschichte 4. Jahrgang S. 438. Dr. Sepp altbayerischer Sagenschatz S. 528. F. Trautmann Münchner Wahrzeichen S. 38.
*** *** *) F. Burgholzer S. 320.