Rambaldi(1894) - Heiliggeiststraße

Rambaldi - 1894

Beschreibung: 248. Heiliggeiststraße.Verbindet an der Ostseite der Heiliggeist-Pfarrkirche sich entlang ziehend, das Thal mit der Nordostecke des Viktualienmarktes und dem Dreifaltigkeitsplatze. Die Heiliggeistkirche * entstand gleichzeitig mit dein Heiliggeistspitale. In des letzteren Nähe erhob sich einst die St. Katharinenkapelle, welche vielleicht in die Zeit der Gründung der Stadt hinaufreichte und 1261 vom Papst Alexander IV. einen Ablaß erhielt.**) eben dieser Kapelle erbaute Herzog Ludwig der Kelheimer 1204 ein Pilgerhaus und übergab die Leitung desselben dem Orden des hl. Geistes, welcher zur Krankenpflege bestimmt war. Gegen Ende des 13. Jahrhunderts gab es in Deutschland überhaupt kaum eine nennenswerte Stadt, welche nicht ein hl. Geistspital besaß. Bei der zunehmenden Bevölkerung der jungen Stadt legte wahrscheinlich noch Herzog Otto der Erlauchte 1253 den Grundstein zu einem neuen Spitale, das 1257 fast vollendet war, gleichzeitig mit einem Kirchlein, dessen Konsekration jedoch erst am 2. März 1258 erfolgte und das seinen Namen entweder vom Spitale ableitete, weil der Patron desselben nur der Geist der Liebe, der hl. Geist sein konnte, oder weil es ursprünglich diesem zu Ehre die Weihe empfangen hatte. Das Gotteshaus wurde am 25. November 1271 die dritte, aber auf die Spitalangehörigen beschränkte Pfarrkirche Münchens.***) Unter dem 29. Februar 1273 erteilte Papst Gregor X. der neu errichteten Pfarrei die Bestätigung; sie erlosch 1330 und lebte erst 1417 wieder auf, das Präsentationsrecht für dieselbe ist dem Magistrat bis zum heutigen Tag verblieben. Durch« die am 14. Februar 1327 ausgebrochene Feuersbrunst ward die Kirche sehr stark beschädigt, dann erweitert und schöner wieder hergestellt, von 1724—30 gelegentlich einer umfassenden Reparatur gründlich verzopft, der Turm 1729 von Grund ans neu erbaut und 1727 wiederholt eingeweiht. Nach weiteren im Jahre 1755 und 1839—44 vorgenommenen Restaurierungen, wurde dieselbe im Mai 1885 nach dem Plane des Baumannes Löwel erweitert, nachdem am 5. Februar 1885 das auf der Westseite der Kirche angebaute Spitalgebäude abgebrochen worden war. Da eine eigentliche neue Weihe der Kirche nicht notwendig war, erfolgte die Benediktion am 1116.Okt. 1886, doch konnte die Vollendung erst am 21. Oktober 1888 als fertig angesehen werden. Durch den Abbruch des Spitalgebäudes verschwand das sogenannte Metzgergäßchen, das sich an der Westseite der Kirche befand und wurde der gewonnene Platz dem Viktualienmarkte einverleibt. — Das Heiliggeistspital gehörte zu den großartigsten Stiftungen des mittelalterlichen Münchens. Am 2. August 1286 verlieh der Herzog Ludwig der Strenge demselben eine Bräugerechtsame und bestand das »Bräuhaus zum hl. Geist« bis zu Anfang des gegen- wärtigetn Jahrhunderts. Das Spital brannte 1327 ab, jedoch erhob es sich sogleich vergrößert wieder. Hiebei wurde vermutlich die erwähnte uralte Katharinenkapelle, welche den letzten Trakt gegen das Thal hin bildete, in den Neubau eingeschlossen ****) der Isar-Hochwasser im Thale wegen, stand sie wahrscheinlich von jeher auf einem Gewölbe und hieß hievon «Porkirche« (Emporkirche) *** **) Im 3. Jahrzehnt des 14. Jahrhunderts übernahm der Magistrat die Verwaltung des Spitals, welches die Nachfolger des Gründers seither immer reicher mit Gütern und Privilegien ausgestattet hatten. Die vielen Gebäude der Stiftung erstreckten sich im Laufe der Zeit fast über den ganzen dermaligen Viltualienmarkt und waren durch eigene Thore geschlossen, wie dies am Stadt-Modell des K. Nationalmuseums in München vom Jahre 1572 noch zu ersehen ist. Zu dieser Zeit hatte auch die Kirche keinen Turm. An das Bräuhaus reihte sich eine große Oekonomie und später kamen dazu auch ein Gebär-, ein Findel- und ein Irrenhaus (s. Findlingstraße), die ersten Anstalten dieser Art in München. Von allen jenen weitschichtigen Spitalbesitzungen wurde das letzte an die Kirche anstoßende Gebäude, das im Erdgeschosse eine langgestreckte gotische schöne Halle besaß *** ***), im Jahre 1885, wie bereits erwähnt, demoliert. Dasselbe war seit dein Jahre 1824, wo seine Räume nicht mehr für Spitalzwecke ausreichten, zuerst Fruchthalle, dann am 6. Oktober 1870 wurde in dieselbe, nachdem am 14. Dezember 1870 die Fleischbank im Thal abgebrochen wurde, die Fleischhalle verlegt. Die zu den Benefizien der Pfarrei gehörenden Häuser waren schon 1807 abgebrochen worden, und es mußte daher ein neuer Pfarrhof der Kirche gegenüber auf dem Viktualienmarkte erbaut werden, der bis 1848, wo man das jetzige Pfarrhaus herstellte, bestand. Am 1. Okt. 1823 versetzte man die Pfründner des Spitals in das ehemalige Kloster der Elisabethinerinnen (s. Mathildenstraße). Ein Teil der einstigen Bräu- und Oekonomiegebäude wurde 1823 bis 29 hinweggeräumt und der Rest der anderen, vordem zum Spital gehörenden Häuser 1871 behufs der Vergrößerung des Viktualienmarktes abgebrochen. Die uralte Heiliggeist-Pfarrei sah sich am 28. September 1811 der Peterspfarrei untergeordnet, bis am 26. August 1844, unter bedeutender Erweiterung ihres früheren Bezirkes und Renovierung der Kirche, die Wiedererrichtung derselben, resp. deren Eröffnung am 1. Dezember letztgenannten Jahres er- folgte *** ****). Einst hieß die Heiliggeiststraße ,,Fischergäßchen« , das heute fast ganz in ersterer aufgegangen ist; nur die jetzigen Verkaufs- läden der Fischer am nahen Markte, die enge Lokalität nördlich davon, sowie das unferne Gasthaus »zum Fischerwirt« erinnern noch an jene Benennung, Von den ältesten Tagen an bis zum zweiten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts waren die Hausbesitzer der dermaligen Heiliggeists straße meist Fischer, für deren Gewerbe auch der ,,Fischbach« bis circa 1820 unbedeckt hindurchfloß.

*) Vgl. Geschichte des Spitals, der Kirche und der Pfarrei z. hl. Geist von Adalbert Hahn, München 1891. **) A. Mayer, die Domkirche z. U. L. Frau in München S. 4 nennt die Wieskapelle und die Marienkapelle ,,wohl die ersten«; drunten im Thal jedoch, ehe man an das erste Berglein kam, stand noch eine dritte Kapelle. In der Anmerkung sagt er: ,,Nachweislich ist die älteste Kapelle zu Ehren der hl. Katharina, aus welcher später die Kirche und Spital zum hl. Geist wurden. ***) Huhn, S. 51 und 57. ****) Huhn, S. 37. *** **) Burgholzer, S. 169 (Nach demselben befand sich zu ebener Erde auch ein privilegierter Altar, während die eigentliche Kapelle sich im ersten Stock befand.) *** ***) Regnet S 3·5. *** ****) Huhn, S. 428, 429.


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