Adressbuch(1880) - Tal

Adressbuch - 1880

Beschreibung:

Da die Isarbrücke die Uesache des Entstehens der Stadt München war, so ist erklärlich, daß die neue Bevölkerung sich dieß- und jenseits des Flusses niederließ. Doch nur wenige hatten sich anfänglich am rechten Isarufer „in der Au“ (s. Auerfeldstraße) Wohnstätten errichtet, die Meisten siedelten sich am linken Ufer an, wo sich eine lange, ebene Strecke westwärts gegen zwei Hügel hinzog, dann hinter diesen wieder weithin sich ringsum ausdehnte (s. Peters- und Frauenplatz). Diese ebene Strecke von der Isar weg bis zum ersten Hügel ist das heutige „Thal“, schon seit ältester Zeit so genannt, theils im Gegensatze zu den bemerkten beider höher gelegenen Punkten, theil im Hinblick auf seine allmähliche Senkung nach dem Flusse zu. Die erste Ausdehnung der alten Stadt geschah ganz naturgemäß vom früheren „unteren“ (dann Thalburg- oder Thalbruck-) Thor in der Richtung gegen die Isar zu. Man kann annehmen, daß schon in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts das ganze „Thal“, diese breiteste und wohl auch verkehrsreichste Straße Altmünchens, bis zum späteren „unteren“ (dann Isar-) Thor überbaut war, obwohl wir von den meisten ursprünglichen gebäuden um so weniger Kenntnis haben, als das ganze Thal in den großen Stadtbränden von 1327 und 1418 in Flammen aufging, und daher keins der Häuser in seinen gegenwärtigen Bestande über jene Zeit hinaufreicht. Ebenso wissen wir nichts von der Beschaffenheit des ursprünglichen Rathhauses, da alle Urkunden darüber fehlen, und das dermalige Rathhaus erst in weit späterer Zeit (ob nach dem Brande von 1418 oder jenem von 1460 isdt ungewiß) erbaut wurde. Stets bildete das „untere“, seit 1304 „Thalburg“-(Thalbruck-)Thor genannt, den Eingang zum Thal (s. Marienstraße.) Es ist seit den Tagen, in welchen es seinen Thorzweck verloren (etwa 1319 etwa) mit dem alten Rathhause in beiderseitige Verbindung bebracht und hieß dann „Raththurm“, später „Rathhausbogen“, eine Bezeichnung, die jetzt noch manchmal gebraucht wird. Der Theil südlich des Thurmes ist ein Anhängsel von mehreren anfänglich kaum für magisttratische Zwecke errichteten Gebäuden (s. Petersplatz und Gollierstraße). 1670 wurde der Thurm, besonders in seinen oberen Theilen verändert und 1863-64 mit dem früheren Rathhause restauriert. Die jüngste, obschon dem Verkehre noch immer nicht völlig genügende Veränderung, beziehungsweise Erweiterung des letzteren durch Beseitigung der schon 1330 urkundlich erwähnten Brod- und Kaufläden geschah 1877; während der nächsten zwei Jahre bethätigte man styl- und geschmacksvoll den Umbau des der Gemeinde gehörigen, nördlich anstoßenden Hauses. – Das Gebäude Nr. 1 im Thal, vom Volke häufig als vermeindliche Residenz Herzog Heinrichs des Löwen angesehen, war bis 1802 Amtslokal des magistratischen Oberrichters. Das Steinreiels, erst ein Werk des 16. Jahrhunderts, stellt wahrscheinlich keinen Löwen, sondern einen Wolf dar und bezieht sich muthmaßlich auf den Bürger Wolf Röll, dem jenes Haus in der zweiten Hälfte des genannten Jahrhunderts gehörte. Ein anderes bemerkenswertes haus des Thales aus frühester Zeit war das „Bruderschaftshaus der Bäckerknechte“ (s. Hochbrückenstraße). Die im Thale aus alten Tagen noch bestandenen häßlichen Vorbauten der Hufschmiede wurden 1872 entfernt.


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