Fernberg (1879) - Loristraße

Fernberg - 1879

Beschreibung:

Loristraße. Johann Georg von Lori ist einer der edelsten Männer, die der bayerische Stamm hervorgebracht hat, ein ächter bayerischer Patriot und darum auch ein ächter deutscher Mann. Geboren im Wirthshause zu Gründel bei Schongau den 17. Juli 1723, erregte er schon als Student wegen seiner vorzüglichen Kenntnisse und Grundsätze Aufsehen; der berühmte Rechtslehrer  Ickstadt (s.Ickstadtstraße) behielt den talentvollen jungen Mann im Auge, verhalf ihm zu einer Professur an der Universität Ingolstadt und später zu Amt und Würde eines Hof- und Bergrathes in München. Die Eindrücke, welche Lori auf Reisen in den Städten Rom, Wien, Prag, Leipzig, Berlin u.A. von dem dortigen Stande der Volksbildung empfangen hatte, reiften in ihm den Vorsatz, in der engeren bayerischen Heimat eine Vereinigung gelehrter Männer zur Hebung und Verbreitung der Wissenschaften zu begründen. Hiezu gewann er an dem Münz- und Bergrathe Linprun, dem Commerzien-(Handels-)Rathe v. Stubenrauch, dem Professor Stigler und dem Hofkaplan Wagenegger freudige Theilnehmer. Am 12. Oktober 1758 hielten sie in der Wohnung Linpruns Burgstraße Nr. 5, ihre erste Zusammenkunft; mit feuriger Beredsamkeit legte Lori hier die Pflichten der Mitglieder dar. "Alles", sagte er, "was Ruhm und Vortheil Bayerns, ja des gesamten Süddeutschlands *) beziele, sowie die Verbreitung nützlicher Kenntnisse überhaupt, sollen alle Mitglieder erstreben, unermüdlich, beharrlich, ohne Eigennutz, ohne Falsch! --- Verbesserung des Vorhandenen, Entdeckung des Neuen, schnelle und aufrichtige Mittheilung aller Versuche und Erfahrungen, unumschränkte Freiheit, aber auch redliche Unbefangenheit in Beurtheilung fremder Meinungen sei Gesetz: des Bayerlandes vergessene Denkmale und Geschichtsquellen an`s Licht zu fördern, die hellen Köpfe der Heimat wie der Nachbarlande zu ermuntern, zu verbrüdern, das liebste Geschäft."

Es sind das goldene Worte, welche noch heutzutage und stets verdienen, der Jugend eingeprägt zu werden und als Ziel einer wahrhaft nationalen Erziehung zu gelten. Ihnen getreu wirkte auch Lori mit seinen Freunden.----- Der erlauchte Kurfürst Max Josef III., selbst ein Freund und Beförderer der Wissenschaft, erhob deshalb den Verein durch Sanktion vom 28. März 1759 zur kurfürstlich bayerischen Akademie der Wissenschaften mit einer vorläufigen jährlichen Dotation von 5000 fl (8571 M). Was diese Stiftung, unterstützt durch das fortwährende Wohlwollen der bayerischen Fürsten, seit mehr als hundertjährigem Bestande für Bayern und für die deutsche Wissenschaft geleistet hat, läßt sich an diese Stelle nicht beschreiben.----- Bei dem Nachfolger des Kurfüraten Max Josef III., dem Kurfürsten Karl Theodor, fiel Lori in Ungnade, weil er sich dessen Abmachungen mit Oesterreich, welches bayerische Gebietstheile einzutauschen beabsichtigte, widersetzte. (s.Obermaierstraße.) Er mußte sich nach Neuburg a.,Donau zurückziehen, wo er in wissenschaftlicher Thätigkeit bis zu seinem Tode verblieb. Lori starb daselbst den 23. März 1787 mit dem Bewußtsein, stets nur die gewissenhafteste Pflicherfüllung gegen das Vaterland und das angestammte Fürstenhaus Wittelsbacher erstrebt zu haben. Noch auf dem Todbette äußerte er: "Ist halt doch gut sterben, wenn man ehrlich gelebt hat!" Und die Nachwelt gibt ihm das Zeugniß, daß er mit vollem Rechte einen "ehrlichen" Mann sich nennen durfte.

*) Süddeutschland, unter welchem Namen man heutzutage die 4 südlichen Länder des deutschen Reiches: Bayern, Württemberg, Baden und Elsaß-Lothringen begreift, zerfiel damals in eine Unzahl kleinerer, selbständiger Gebiete: geistliche und weltliche Herrschaften, Reichsstädte u. dgl. und bedurfte um so mehr eines geistigen Mittelpunktes.

 


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