Veranstaltungen - Geschichte - Kunst & Denkmal
Bei den vielen, fünfzig, Metopenbildern war die schwierige Aufgabe gestellt, die Allegorie in die Plastik einzuführen; denn der neuen Kunst mangelt die Gunst einer festen und allgeläufigen mythologischen Symbolik, welche in der antiken Kunst den auszuprägenden Gedanken so klar erscheinen läßt. Diese Schwierigkeit erhöht einerseits unsere Bewunderung für Schwanthaler- Schöpfungen, anderseits ist ste Quelle gerechter Entschuldigung; Personifikation und Attributengabe sind auch hier die einzig mögliche Vermittlung zwischen Idee und Bild. WaS aber die formelle Ausführung und Gestaltung angeht, so treffen wir die Bilder in den schönsten klaren Formen der klassischen Vorzeit, und Schwanthaler hat auch für diese Kunstrichtung, wie im Reliefe und in der Monnmentstatue Große- als Kunstdichter geleistet. Dies erklären wir bezüglich des ganzen Zyklus, denn eine Analyse der einzelnen Bilder würde die Schilderung zu breit machen, aber den Inhalt glauben wir angeben zu sollen, weil die Bilder für die Erkennung und den Genuß der feineren Schönheiten zu hoch liegen, weshalb man den Grund hinter den Figuren gefärbt wünschen möchte. Ein anderer Wunsch bezieht sich auf die organische Einordnung der Bilder im Frießkranze, doch hievon später, und wir beginnen den Gang um den Bau an der äußern Südseite.
Quelle: Jod. Ans. Panghofer (1850)
Ein Mann, an einem Prägestock beschäftigt, hat einen Korb mit Münzen vor sich stehen
(1843)Ein Maler, an der Mappe kenntlich, wird von einem Gebirgsjungen geleitet
(1843)Ein Maler, in nachdenklicher Stellung auf ein großes Bild gestützt, auf dem sich eine männliche Figur befindet; vor ihm entfaltet ein Gehilfe einen Karton
(1843)Prometheus belebt sein Tongebilde; neben ihm steht der Kandelaber mit der Flamme des dem Himmel entwendeten Feuers
(1843)Ein Mann in Kriegsrüstung mißt das Modell einer Festung, das ein Knabe ihm vorhält
(1843)Eine weibliche Figur singt vom Blatt, ein Mann begleitet sie auf dem Horn, ein Jüngling bläst auf einer Musche
(1843)Melpomene hält in den weit ausgebreiteten Armen Lyra und Wanderstab; vor ihr liegt eine tragische Maske
(1843)Crato, vor einem Felsen sitzend, hält auf dem Schoß die Lyra, auf der ein Amor spielt
(1843)Kalliope, in der Linken die Lyra, in der Rechten das Plektron, blickt nach einer aufgerichteten Trophäe
(1843)Weibliche Figur mit gelösten Haaren, ein Buch mit dem Kreuze darauf haltend
(1843)Ein Lehrer deutet nach einer Tafel, auf der ein A steht; über ihm ein brennendes Öllämpchen; zwei Knaben erhalten Unterricht
(1843)Ein Mann mit einer Tafel, auf der sich eine mathematische Figur befindet; ein zweiter Mann setzt einen Hebel in Bewegung
(1843)Pallas in die Ferne schauend, hinter ihr sitzend der Naturforscher; um beide die Symbole der vier Elemente
(1843)Ein Mann entzündet mit dem Brennglas eine Flamme, ein am Schmelzofen stehender zweiter sieht ihm zu
(1843)Eine weibliche Figur mit der Geschichtstafel, vor ihr Trophäen und eine Pallasbüste
(1843)Feldherr im römischen Kostüm, mit dem Feldherrnstab; daneben seine Befehlsträger
(1843)Ein Lehrer mit vier Schülern, daneben die Attribute des technischen Unterrichtes
(1843)Ein Mann betrachtet einen Plan, den ein Jüngling ihm vorhält; die Vermessungsgeräte liegen zu ihren Füßen
(1843)Der Forstmann pflanzt einen Baum; der Jäger mit Hund und Schweinsfeder steht neben ihm
(1843)Ein Mann mit dem Nivellierungsplan befehligt einen Arbeiter mit Schaufel und Hacke
(1843)Ein Mann entrollt ein Stück Leinen, ein zweiter ein Stück Seidentuch; letzterer hält in der Linken einen Maulbeerzweig
(1843)AU Zwischen diesen Bildern befinden fich vierundvierzig Viktorien in Reliefen und nach zwei verschiedenen Modellen eingefügt und zwar je acht über den äußern Gingen, je zwei unter den Giebelspitzen, je sechs über den zwei inneren Gängen und zwölf in der Hauptfronte. Die Biktorien find gewandet und tragen Palmzweige. Und nun einige Worte über die Reihe der Bilder, erstlich über Anfang und Auslauf im Allgemeinen und sodann über die spezielle Anordnung.
Das Angesicht gegen Süden, gegen die Sonne gerichtet, stellt sich der Mensch, den Rücken dem kalten, dunklen Norden zugewandt, so kömmt der Aufgang gegen links, der Niedergang gegen rechts zu liegen; und von Ost nach West schreitet auch alle Ordnung, Fortentwicklung, überhaupt alle Geschichte. Die Anschauung des Herantretenden sollte relativ über alle Ordnung entscheiden, darum mußte man den Beginn der Reihe über dem äußern Gang gegen Süden erwarten, aber nicht entgegengesetzt. Ein weiterer Wunsch betrifft die logischere Folge der Bilder; die dermalige entspricht durchaus nicht einem sinnigen Gedankenzusammenhange, und doch lag es so nahe, mit der Viehzucht zu beginnen, denn die Thiere sind der nomadische Reichthum und das Verkehrmittel der sich ansiedelnden Völker; ihr folgt der Ackerbau, aus dem sich zur Lebensverschönerung Obst- und Weinbau entwickelt.
Die Bayern der rauheren Wohnsitze bedürfen zum Getränke des Bieres, daher sie den Hopfenbau betreiben; und die sich erst in die Felle und Wolle ihrer Thiere kleiden, nahmen später den Leinen-, endlich den fremdländischen Seidenbau auf. Der Boden reicht für die Bevölkerung nicht mehr aus, neuer wird gewonnen durch die Kultur der Moore, im Dialekte Möser genannt. Hat gleich anfänglich die Einwanderer die Jagd erfreut, so wird sie doch erst geregelt durch Forstkultur, und der gewinnreiche Bergbau ist durch die fortschreitende Technik bedingt.
Nachdem die Kultur sich des gesammten Landes bemächtiget und dieß ganz in Privatbesitz übergegangen, tritt wie von selbst die Nothwendigkeit der Landesvermessung ein. Die Flüße sind die ursprünglichen und natürlichen Verkehrstrassen, auf denen die Schifffahrt den Handel vermittelt zum Austausch aller natürlichen und künstlichen Produkte der Länder und Völker, und die Polytechnik bietet allen Gewerben die Bildung, aber auch der Kriegskunst in der Kriegsschule für die Massen des Heeres als Fußvolk und Reiterei, deren geistige Lenkung Aufgabe des Feld Herrn ist. Der Krieg bildet die äussere Geschichte der Staaten, deren Aufgabe nach Innen die Handhabung der Gerechtigkeit ist als richtende und strafende Justiz.
Das geistige Leben deö Staates aber besteht in der Fortbildung, Ausbreitung und Anwendung der Wissenschaften, von denen die Mathematik die Grundlage der Geographie und Technologie ist, welche ihre Stoffe der Natur entnimmt, Naturgeschichte. Diese ist die Quelle der Medizin, während die Physik sich mit der Erforschung der inneren Naturgesetze beschäftigt und die spekulative Weltphilosophie endlich alles Wissen in einem geistigen Brennspiegel der Erkenntniß zusammenfaßt und abschließt in systematischer Anschauung.
Der Weltphilosophie zunächst gegenüber steht die Kirchelehre, gleichsam als unversöhnter Gegengensah, als Widerspruch von Gemüth und Geist, dessen Lösung Aufgabe des Fortschrittes ist; Kranken- und Armenpflege sind die praktischen Ausflüsse christlichen Sinnes und die Schule ist als Religionsunterricht die Quelle der Religiosität der kommenden Geschlechter. Aus den höheren Lehranstalten aber gehen die hervor, welche die Verwaltung in allen Sphären des Staates und der Kirche zu leiten haben. Die religiöse Cermonie des Kultus ist in ihrer Weise Poesie, daher sie mit dieser als Hymnus zusammengestellt ist, so wie mit geistlicher Musik überhaupt. Die weltliche Musik aber bildet den Uebergang zur Lyrik der Dichtkunst,— an welche sich die Epik,— dann das Drama als Tragödie und Komödie anreiht. Dem Drama schafft die höhere Civilbaukunst dm Raum, während die Kriegsbaukunst dem Schutze des Landes dient, und Wasser- und Brückenbau dem Verkehr die Wege bereitet. Frei oder dienstbar schmückt die Marmorskulptur die höheren Bauten, während die Holzskulptur das bürgerliche Leben verschönt; der Erz guß dagegen verewigt in Monumenten die Verdienste.
Die Malerei nimmt ihre Themen auS Natur oder Geschichte und verherrlicht die Schönheit der Landschaft und der menschlichen Handlungen; sie wendet sich als Glasmalerei wieder dem Dienste der Religion zu. Wie aber diese ihre Erneuerung in Bayern sand, so ist die Erfindung der Lithographie mit Recht am bayerischen RuhmeStempel verherrlicht. Das Münzwesen endlich in seiner jetzigen Vollkommenheit als Medaillen- und Prägekunst, ist die Vermittelung des ganzen bürgerlichen und staatlichen Lebens: — der Wechsel des Werthes der edlen Metalle bedingt von Periode zu Periode die Umgestaltung der sozialen Verhältnisse, — und auf der richtigen Vertheilung so wieder Leichtflüssigkeit deS Geldes durch den rechtlichen Erwerb und vernünftigen Genuß der irdischen Güter beruht die Civilisation für die Zukunft Europas. Daher ist die Geldkunst, Finanzkunst im höhern Sinne des Wortes, die Staatskunst der Zukunft.
Wir haben den CykluS mit Viehzucht begonnen und schlossen mit Münzkunst ab; peeus und peeunis sind kein leeres Wortspiel; wir wollen nicht witzeln, denn die Verwendung der Thiere als Geld, Geltendes, bei unseren germanischen Lorahnm im Verkehre und bei Rechtsvergütungen ist bekannt, daher die Thiere dieselbe Bedeutung dazumal hatten, wie jetzt Gold und Silber in Münzform. Zwischen pecus und pecunia liegt in der That die Geschichte aller Kultur und leider gar sehr des Cultus auch, denn manche CultuS - Förderer kennen den Zusammenhang zwischen peeua und peeunia recht wohl, aber den umgekehrten.
Doch wir haben unsere Aufgabe gelöst und die Beschreibung der Metopenbilder durch den Nachweis der innern geistigen Ordnung ihrer Ideen ergänzt, um das ganze System des Kunstwerkes ans Licbt zu stellen.